Seelentod
cremefarbenem Schaum bedeckt. Im Haus war niemand. Ashworth rief noch einmal auf Connies Handy an und hinterließ ihr eine Nachricht. «Wenn es heute Nacht weiterregnet, wird der Fluss über die Ufer treten. Sie sollten herkommen und Ihre Habseligkeiten wegschaffen, bevor das passiert.»
Allerdings, dachte er, waren in dem Cottage sowieso nur noch wenige ihrer Habseligkeiten. Als er und Vera ihren Schrank durchgesehen hatten, waren die meisten ihrer Kleider und auch die der Kleinen verschwunden gewesen. Und die Möbel gehörten dem Hausbesitzer, nicht Connie. Alles in allem gab es keinen Grund für sie, hierher zurückzukehren. Seine Nachricht würde zu nichts führen, selbst, wenn sie sie abhörte.
Im Haus der Listers traf er Hannah und Simon im Beisein eines Pfarrers an, der offenbar da war, um Jennys Beerdigung zu besprechen. Der Leichnam war in das Bestattungsinstitut überführt worden, und jetzt konnten alle Vorbereitungen getroffen werden. Der Pfarrer trug Jeans und eine Barbourjacke über seinem Priesterkragen. Hannah bat Ashworth herein und bot ihm Kaffee an, doch er spürte, dass er nicht bleiben konnte. In Gesellschaft dieser beiden Männer war Hannah fraglos in Sicherheit, und ihm selbst bereiteten religiöse Menschen immer ein gewisses Unbehagen. In der Methodistenkirche, in die seine Mutter ihn mitgenommen hatte, als er noch klein war, hatte ein strenger Sonntagsschullehrer geherrscht. Er ging lieber nach nebenan und klopfte an Hildas Haustür.
Sie war allein. Maurice hatte sie trotz des Wetters nach draußen geschickt.
«Machen Sie sich mal keine Sorgen um die Jungs», sagte Hilda, als Ashworth dazu eine Bemerkung fallenließ. Er lächelte, als er sich ihren Mann und dessen Freund als «die Jungs» vorstellte. «In dem Schrebergarten steht ein Gartenhäuschen von der Größe eines Palasts. Sie haben den ganzen Vormittag hier drinnen gesessen, aber jetzt hat es etwas aufgerissen, und die zwei können ein wenig frische Luft gebrauchen.»
Sie war gerade beim Backen, doch sie bat ihn trotzdem herein, und er setzte sich in der Küche auf einen hohen Hocker neben der Arbeitsplatte, während sie Butter und Mehl zu einem Mürbeteig verarbeitete.
«Das Cottage da unten an dem kleinen Bach, in dem Connie Masters wohnt», sagte er. «Wer hat da vorher drin gewohnt, bevor es ein Ferienhaus geworden ist?»
Seit er sich mit Vera im Hotel getroffen hatte, ging ihm diese Frage durch den Kopf. Er wollte Vera beweisen, dass er auch gute Einfälle hatte. Veronica Eliot musste in dem Cottage zu Besuch gewesen sein, als ihr Sohn Patrick ertrunken war, denn der einzige Zugang zu dem Bach führte durch den Garten des Cottage. Wenn sie dort also eine Bekannte, eine Freundin besucht hatte, musste damals eine Frau in Veronicas Alter im Cottage gewohnt haben. Vielleicht ja eine Frau mit kleinen Kindern. Das könnte Mattie Jones’ Mutter gewesen sein, die Mutter, die sie dann in Pflege gegeben hatte. Mattie wäre zwar schon älter gewesen als Veronicas Kinder, aber auch nicht so viel. Wenn sie nun gesehen hatte, wie Patrick ertrunken war, war ihr das Bild dann im Gedächtnis haften geblieben? Das erklärte vielleicht, wieso Mattie ihren eigenen Sohn auf diese Weise bestraft und ihn am Ende umgebracht hatte.
Womöglich, schoss es ihm durch den Kopf, ist es ja genau diese Verbindung gewesen, nach der Jenny Lister gesucht hat, als sie Mattie für ihr Buch befragt hat. Schließlich wäre das eine gute Geschichte, und Sozialarbeiter schätzten saubere, ordentliche Motive, wie manche Kommissare auch. Vera würde jetzt wahrscheinlich sagen, er sei wieder ins Märchenland geraten, und Märchen seien etwas für kleine Kinder, aber sie selbst feuerte ja auch immer ins Blaue, und bei ihr schien es zu funktionieren.
Er wartete auf Hildas Antwort. Sie hatte die Butter unter das Mehl geknetet, wusch sich die Hände in der Spüle und trocknete sie an einem Geschirrtuch ab.
«Mallow Cottage», sagte sie schließlich. «Das Haus hat nie unter einem guten Stern gestanden. Irgendwie scheint niemand lang da zu bleiben. Jeder, der eingezogen ist, hatte den Kopf voller Pläne, wie er es herrichten wollte, aber dann wurde es doch wieder verkauft, ehe die Arbeit fertig war.»
«Ich hätte nicht gedacht, dass Sie abergläubisch sind», sagte Ashworth.
«Das hat mit Aberglauben nichts zu tun!», schnauzte sie ihn an. «Feucht und dunkel und zu teuer zum Renovieren – damit hat es schon eher zu tun.»
«Aber dort hat sich doch eine
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