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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Tragödie abgespielt», sagte Ashworth. «Ein kleiner Junge ist dort ums Leben gekommen.»
    «Aye, Patrick Eliot. Das ist jetzt fast auf den Tag genau zwanzig Jahre her. Wir waren alle beim Begräbnis. Das ganze Dorf, obwohl wir die Familie damals noch gar nicht richtig kannten. Und danach hat Veronica sich geweigert, noch einmal über den Jungen zu sprechen.» Sie zuckte die Schultern. «Das fanden viele komisch, aber ich denke, dass jeder anders mit so was fertig wird.» Sie schwieg. «Jetzt gibt es wieder ein Begräbnis, zu dem wir alle gehen werden. Ich habe den Pfarrer nebenan gesehen.»
    «Wer hat damals in dem Cottage gewohnt, als der Unfall passiert ist?» Ashworth merkte, dass er den Atem anhielt, während er auf ihre Antwort wartete.
    Sie stand an der Spüle, ließ kaltes Wasser in die Schüssel laufen und mischte es mit einem Messer unter den Teig. Dann drehte sie sich um, um ihm zu antworten.
    «Niemand», sagte sie. «Das Haus stand leer. Draußen war ein Schild:
Zu verkaufen.
Daran erinnere ich mich noch. Das Bild war in allen Zeitungen. Deswegen konnte Veronica ja mit ihren Jungen in den Garten gehen und sie im Bach herumstochern lassen. Ihr eigenes Haus hat damals noch keinen nennenswerten Garten gehabt. Es war eher eine Baustelle. Die Eliots waren doch gerade erst eingezogen.»
     
    Als Ashworth wieder nach nebenan ging und bei den Listers klopfte, fand er auch das Haus verlassen vor. Vielleicht hatte der Pfarrer die beiden jungen Leute ja mit in die Aufbahrungshalle genommen oder ins Pfarrhaus, um die Beratungen über Kirchenlieder und Grabreden dort fortzuführen. Ashworth rief Vera an, um sie auf den neuesten Stand zu bringen, aber er merkte gleich, dass sie den Kopf mit ganz anderen Dingen voll hatte. Sie gab ihm eine lange Liste mit Anweisungen, ohne ihm etwas dazu zu erklären.
    Am frühen Nachmittag hörte es auf zu regnen, und die Menschen, die einander auf der Straße begegneten, lachten über die Sandsäcke und sagten, der Wetterdienst habe diesmal wohl überreagiert. Doch als es dunkel wurde, fing es wieder an zu regnen, dieses Mal war es ein sanfter Nieselregen, den die Leute immer noch nicht ernst nahmen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel Sechsunddreißig
    Vera verbrachte den ganzen Tag in der Hotellounge des Willows. Die meisten Gäste waren abgereist, obwohl Ryan Taylor ihnen versichert hatte, dass die Sandsäcke dem Wasser standhalten würden. In der Lounge war es still und düster; trotz der hohen Fenster drang nur wenig Licht von draußen herein. Nachdem
Walking back to Happiness
zum dritten Mal auf der Endlosschleife gelaufen war, hatte sie Taylor angeschnauzt, er solle die Hintergrundmusik ausmachen; das Lied gab ihr das Gefühl, verspottet zu werden, weil sie unfähig war, den Fall zu lösen.
    Zumindest für diesen Tag hatte sie sich entschlossen, nichts zu unternehmen. Warten zu müssen war für sie das Allerschlimmste, und ihr war klar, dass sie ein Risiko einging. Wenn Joe Ashworth ihren Verdacht gekannt hätte, wäre er entsetzt gewesen. Er hätte ihr nahegelegt, jemanden zu verhaften, dramatische Verfolgungsjagden durch das Tal zu veranstalten. Aber natürlich konnte sie sich auch irren. Der Gedanke war ihr gekommen, als sie hier gesessen und der Schilderung des jungen Kellners gelauscht hatte, wie Jenny Lister am Morgen ihres Todestages hier auf jemanden gewartet hatte, der nicht aufgetaucht war. Es war nicht viel, um eine Anklage darauf aufzubauen. Und selbst wenn ich recht habe, dachte Vera, ist es noch lange nicht ausgemacht, dass es zu einer Verurteilung kommt. Ein Geständnis wäre für alle am besten.
    Nachdem sie sich einmal zum Nichtstun entschlossen hatte, fand sie es besser, hier im Hotel zu bleiben, wo sie keinen Schaden anrichten konnte. Wenn sie wieder loszog, auf ihren riesigen, mit Gummistiefeln bewehrten Füßen, brachte sie das fragile Gleichgewicht, das derzeit noch herrschte, womöglich nur durcheinander. Schließlich bestand die Gefahr, dass noch weitere Gewalttaten verübt würden.
    Also blieb sie in dem großen geblümten Ohrensessel am Fenster sitzen und zitierte abwechselnd die Mitglieder ihres Teams zu sich. Die meiste Zeit aber telefonierte sie, manchmal in beschwörendem Ton, manchmal fluchend. Einmal pfefferte sie ihr Handy durch den Raum und musste es von der mit Seide bezogenen Chaiselongue bergen, auf der es gelandet war. Doreen, die ältere Kellnerin, brachte ihr literweise Tee, Käsesandwiches und Scones mit Butter. Etwa einmal in der Stunde

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