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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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wie der klassische Student. Als die Tür aufging, nahm Danny die Ohrstöpsel heraus und richtete sich auf, erhob sich mit einer respektvollen Geste halb vom Stuhl. Ganz schön höflich, das musste Ashworth ihm lassen. Im Allgemeinen hatte er nicht viel übrig für Studenten. Vielleicht war es Neid; er hätte auch nichts dagegen gehabt, drei Jahre rumzusitzen und Bücher zu lesen. Dann fiel ihm ein, was Lisa über Danny gesagt hatte: Er erzählt einem, was man hören will.
    «Tut mir leid, dass Sie warten mussten», sagte Ashworth. «Aber Ihre Mum hat Ihnen sicher gesagt, dass ich gleich komme.»
    Der Junge sah verwirrt drein. Dann war es ja vielleicht doch nicht Danny gewesen, mit dem Karen, nachdem Joe sie in der Bar befragt hatte, auf dem Hotelparkplatz so eindringlich telefoniert hatte.
    «Haben Sie Jenny Lister gekannt, die Tote?» Am besten, er kam gleich zur Sache, dachte Ashworth. Seine Frau würde ihn umbringen, wenn es richtig spät würde. Sarah konnte nicht einschlafen, solange er nicht da war, und das Baby wachte nachts um eins immer auf, zuverlässig wie ein Uhrwerk, und dann noch mal um fünf, außer sie hatten Glück.
    «Auf die Mitglieder lassen die mich hier nicht los.» Danny lachte. «Ich putze hier nur.»
    Ashworth legte ein vergrößertes Foto des Opfers auf den Tisch. «Aber vielleicht haben Sie sie hier mal gesehen.»
    Danny sah auf das Bild hinab und zögerte einen Augenblick. «Tut mir leid», sagte er. «Ich kann Ihnen da nicht helfen.»
    «Erzählen Sie mir, wie Ihr Job so abläuft», sagte Ashworth. «Beschreiben Sie mir eine ganz normale Schicht.»
    «Ich bin in der Spätschicht. Fange um vier Uhr nachmittags an. Zuerst unten in den Männerumkleiden. Um die Zeit ist jede Menge los, die Leute kommen direkt von der Arbeit, deshalb muss man alles sauber und ordentlich halten, die Böden wischen, wo die Leute aus dem Pool kommen, und in den Toiletten und Duschen nachsehen. Wenn der Club um zehn schließt, mache ich den Bereich ums Schwimmbecken sauber und den Fitnessraum.» Er ließ durchblicken, dass der Job unter seiner Würde war.
    «Und gestern Abend haben Sie das genauso gemacht?»
    «Ja, genauso wie immer.»
    «Und im Dampfbad und in der Sauna haben Sie auch nachgesehen?» Das musste Ashworth fragen, obwohl Vera ihn nach ihrem Gespräch mit Jennys Tochter angerufen hatte. Sie wussten jetzt, dass Jenny an diesem Morgen noch gelebt und gefrühstückt hatte; es war ausgeschlossen, dass ihre Leiche die Nacht über im Dampfbad gelegen hatte.
    «Natürlich.» Er lächelte herausfordernd, wollte, dass Ashworth offen anzweifelte, dass er seinen Job ernst nahm. Ashworth beschloss, da nicht mitzuspielen.
    «Haben Sie irgendetwas Ungewöhnliches gesehen?»
    «Zum Beispiel?»
    «Keine Ahnung.» Ashworth versuchte, die Geduld zu bewahren. «Anzeichen eines Einbruchs vielleicht oder dass jemand da war.»
    «Sie glauben, der Mörder könnte schon letzte Nacht hier reingekommen sein?»
    «Derzeit haben wir noch keine genaueren Vermutungen. Wir gehen allen Möglichkeiten nach.»
    Wieder war es einen Augenblick still. Wenigstens schien Danny die Frage jetzt ernst zu nehmen. «Ich bin mir ganz sicher, dass ich niemanden gesehen habe. Ich meine, dann hätte ich doch den Sicherheitsdienst gerufen. An den Wochenenden richtet das Hotel dauernd Hochzeiten aus und Konferenzen. Spätnachts gibt es da immer mal Besoffene, die es total lustig finden, nackt baden zu gehen, wenn keiner mehr da ist. Einmal habe ich vor dem Zusperren ein paar junge Kerle erwischt, die sich in den Duschen versteckt haben, aber wir machen immer noch einen letzten Rundgang, ob auch wirklich alles leer ist. Gestern Abend war nichts zu sehen.»
    «Können Sie mir die Umkleideräume zeigen?» Ashworth konnte sich nicht recht vorstellen, wie es in den Umkleiden und hinter den Kulissen eines so vornehmen Fitness-Clubs aussah. Er wusste, dass Vera schon da gewesen war, um den Ausweis des Opfers zu suchen, aber es schadete schließlich nicht, wenn er auch einen Blick hineinwarf.
    «Na klar.» Der Junge sprang auf, offenbar froh, dem Verhör zu entkommen. Nachdem er sich auf dem Stuhl so herumgelümmelt hatte, war Ashworth nun erstaunt, wie groß er war. Jetzt, wo er stand, hatte er sich in einen hochaufgeschossenen, schlaksigen Riesen verwandelt.
    Ashworth folgte ihm in die Umkleideräume der Damen. Es roch nach Chlor aus dem Schwimmbad und entfernt nach Kosmetika. Die Wand entlang zogen sich Nischen mit Schließfächern, dazwischen und unter

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