Seelentod
Tod betrauerten, die in Gedenken an sie einen heben und Geschichten von den schönen Zeiten erzählen würden, die man zusammen verbracht hatte.
«Wirklich, Inspector, ich glaube nicht, dass ich Ihnen da weiterhelfen kann. Jenny und ich haben uns gekannt, weil unsere Kinder miteinander befreundet sind. Sonst hatten wir nichts gemein.» Sie stand auf, ging aus der Küche und den Flur hinunter. Vera folgte ihr. «Sie könnten es natürlich mal bei Connie Masters versuchen. Ich nehme an, die beiden haben sich durch Jennys Arbeit kennengelernt.» Um ihre Lippen spielte ein feines, triumphierendes Lächeln, und an der Tür zögerte sie kurz. Sie hoffte wohl, Vera würde reagieren, doch als diese nichts dazu sagte, machte sie die Tür zu und schloss sorgfältig ab.
Vor lauter Neugier war Vera versucht, noch einmal an die Tür zu hämmern und Genaueres über Connie Masters zu erfragen. Aber genau darauf hatte Veronica es doch abgesehen, und die Genugtuung wollte Vera ihr nicht verschaffen. Stattdessen setzte sie sich ins Auto und fuhr vorsichtig an, wobei sie hoffte, dass der aufspritzende Kies den Lack ihres brandneuen Wagens nicht zerkratzte.
An der Kreuzung am Dorfrand hielt sie an, um sich zu orientieren. Im oberen Stock des Cottages, das auf der anderen Straßenseite auf dem tieferliegenden Grundstück am Fluss kauerte, ging Licht an. Es war später, als sie gedacht hatte. Sie sah auf die Uhr im Armaturenbrett. Ashworth hatte im Willows vermutlich schon Schluss gemacht und war jetzt auf dem Heimweg in seine adrette kleine Schuhschachtel in der adretten kleinen Siedlung am Rand von Kimmerston. Sie würde ihn ja dann morgen früh sehen. In dem erleuchteten Cottage konnte sie schemenhaft eine Frau und ein Kind erkennen, und plötzlich überkam sie die Sehnsucht nach der Kindheit, die sie nie gehabt hatte. Die Frau in dem Cottage hatte die Arme fest um das Kind gelegt, als wollte sie es vor der Welt draußen beschützen. Hector hatte es nicht böse gemeint, aber er hatte sie nun mal vernachlässigt und Vera ganz sich selbst überlassen.
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Kapitel Acht
Entgegen Veras Vermutung war Ashworth noch nicht auf dem Heimweg. Er stand im Dampfbad neben Keating, dem Gerichtsmediziner, und sah auf Jenny Listers Leiche hinunter. Der Arzt kam aus Ulster, spielte Rugby und war normalerweise ein Freund knapper, klarer Worte. Doch heute war er in Plauderlaune, und offenbar kannte er das Hotel von früher. «Wir haben uns das Willows angeschaut, als wir was für die Hochzeit von meiner Tochter gesucht haben. Die Außenanlagen sind ja wirklich herrlich, aber drinnen …» Er hielt inne, als er das Opfer betrachtete. «… ganz schön traurig, finden Sie nicht auch? Heutzutage kann man ein Hotel von dieser Größe einfach nicht mehr aufrechterhalten.»
«Die Chefin meint, sie ist erdrosselt worden», sagte Ashworth. Im Büro der Geschäftsführerin wartete Danny Shaw, und er wollte nicht, dass der Bursche die Geduld verlor und ging. Für Small Talk hatte er keine Zeit.
«Ich würde mal sagen, da hat die Chefin wohl recht. Allerdings nicht mit bloßen Händen. Sehen Sie sich mal den Abdruck hier an. Eine dünne Schnur oder ein Draht. Eine Schnur ist wahrscheinlicher, weil die Haut nicht durchschnitten worden ist.»
«Ist sie hier umgebracht worden, oder hat man sie nach dem Tod noch bewegt?» Ashworth wusste, auf welche Fragen Vera eine Antwort haben wollte.
«Hier, würde ich sagen, aber da müssen wir natürlich die Obduktion abwarten.»
«Danke. Kann ich Sie hier allein lassen? Ich bin immer noch dabei, die mutmaßlichen Zeugen zu befragen.»
Keating hatte die leise Klage aus Ashworths Stimme herausgehört. «Wo ist denn unsere bezaubernde Vera?»
«Die ist losgefahren, um die nächsten Angehörigen zu informieren.»
«Sehen Sie’s ihr nach, Joe. Sie ist die beste Ermittlerin, mit der ich je zusammengearbeitet habe.»
Ashworth war peinlich berührt. Er wollte nicht, dass Keating ihn für illoyal hielt. «Ich weiß.»
Danny Shaw saß im Büro der Geschäftsführerin. Ashworth sah durch das Fenster in der Tür, wie er sich auf seinem Stuhl zurücklehnte und mit dem Kopf im Takt der Musik aus seinem iPod nickte. Aber etwas an der Art, wie der Junge sich bewegte, ließ Ashworth den Eindruck gewinnen, dass das eine Pose war. Der Junge war zu verkrampft und bei weitem nicht so cool und entspannt, wie er vorgab. Er trug schwarze Springerstiefel und ein weites schwarzes T-Shirt und sah für Ashworth aus
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