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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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eine Schneekönigin.
    «Ach, na ja, sie ist ganz nett, aber sie sind doch beide noch so jung. Und ich denke schon, dass Simon eine bessere Partie machen könnte. Er studiert in Durham. An seiner Uni sind ein paar ganz reizende junge Frauen.» Sie blickte wehmütig drein.
    Großer Gott!, dachte Vera. Hannah hat recht. Sie ist ja wirklich ein waschechter Snob. Ich dachte, die wären schon vor Jahren ausgestorben.
    «War Mrs Lister denn für die Verbindung? Den Eindruck hat Hannah mir aber nicht vermittelt.»
    «Das konnte man bei Jenny nie wissen. Typisch Sozialarbeiterin. Nur keine Partei ergreifen. Sie hat zwar immer gesagt, dass sie die beiden für zu jung hält, aber sie hat sie auch nicht voneinander ferngehalten. Während der Semesterferien wohnt Simon praktisch dort. Hannah geht noch zur Schule. Jenny hat wohl schon mitbekommen, wie lächerlich die Beziehung ist, aber sie hat Simon trotzdem bei sich aufgenommen.»
    «Und was hält Ihr Mann von der Verbindung?» Denn einen Mr Eliot musste es einfach geben, dachte Vera. Jemanden, der das Geld herbeischaffte und Veronica mit teuren Kosmetika und schicken neuen Möbeln versorgte.
    «Oh, Christopher ist viel auf Dienstreise. Er ist selten hier. Er ist Hannah bloß ein paar Mal begegnet.»
    «Haben Hannah und Simon sich in der Schule kennengelernt?»
    «Nein. Hannah ist auf der Gesamtschule in Hexham.» Beinahe hätte Veronica die Nase gerümpft. «Simon haben wir auf eine Privatschule in der Stadt geschickt.»
    «Das muss Sie ja ganz schön was gekostet haben.»
    Diese Bemerkung murmelte Vera leise vor sich hin, und Veronica tat so, als hätte sie es nicht gehört. Sie fuhr fort: «Sie haben sich durch die Musik kennengelernt. Am
Sage
, diesem Kulturzentrum in Gateshead, gibt es ein Programm für junge Musiker. Nach den Proben hat Simon Hannah oft nach Hause gebracht. Dann ist das Orchester in Norditalien auf Tournee gegangen, und da haben sich die beiden ineinander vernarrt. Seitdem sind sie unzertrennlich.»
    Vera dachte an die Jugendlichen, mit denen sie bei der Arbeit zu tun hatte: die Junkies und Säufer, die Diebe und Schläger, die Mütter in den heruntergekommenen Wohnsiedlungen, die ganz krank vor Sorge waren. Sie fand, dass Veronica Eliot kaum Grund zur Klage hatte.
    «Können Sie sich vorstellen, wieso jemand Jenny Lister umbringen wollte?», fragte sie plötzlich. Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch nicht die Spur eines Motivs. Bevor Veronica sich wieder über die Schützlinge von Sozialarbeitern auslassen konnte, fügte Vera hinzu: «Anscheinend hat sie mit Kindern gearbeitet, deshalb glauben wir derzeit nicht, dass der Mord etwas mit ihrer Arbeit zu tun hat. Wie ist sie mit den anderen im Dorf denn so ausgekommen? Was haben die Leute von ihr gehalten?»
    Veronica schien nachzudenken. «Wir haben nicht in denselben Kreisen verkehrt. Sie hat sich wohl nicht oft im Dorf blicken lassen. War den ganzen Tag bei der Arbeit und hat es weit gehabt ins Büro. Ich finde ja, dass man, wenn man in einer kleinen Gemeinde lebt, auch seinen Beitrag leisten sollte. Sie wissen schon, im Gemeinderat oder dem Ausschuss für die Spielgruppe oder dem Schulbeirat. Also ich mache da überall mit.»
    Muss echt nett sein, die Zeit für so was zu haben. Aber Vera wäre lieber über glühende Kohlen gelaufen, als zu einem berufsmäßigen Ausschussmitglied auf dem Dorf zu werden.
    «Sind Sie Mitglied im Willows-Fitness-Club?»
    Falls die Frage Veronica überraschte, so zeigte sie es nicht. «Nein», sagte sie. «Das ist wirklich kein Ort für mich. Das war einmal ein sehr schönes Hotel, aber seit die Kette es übernommen hat, ist es einfach vulgär geworden. Zur Eröffnung des Clubs war ich eingeladen, aber ich fand es ziemlich abstoßend.» Missbilligend schürzte sie die Lippen. «Die erwarten doch tatsächlich, dass die Mitglieder ihre eigenen Badetücher mitbringen.»
    Trotz ihrer spontanen Abneigung gegen die Frau wäre es wohl doch zu optimistisch, Veronica als Mordverdächtige zu betrachten, dachte Vera. Die Kommissarin hätte sie nur zu gern mit aufs Revier genommen, sie unter den dortigen Stammgästen warten lassen und dann in einen muffigen Verhörraum gebeten, aber Veronica würde natürlich niemals jemanden erdrosseln. Sie brachte die Leute mit ihren hochnäsigen Blicken und überheblichen Worten zur Strecke.
    «Können Sie mir jemanden nennen, der sie gut kannte?» Vera hoffte, dass es außer Jennys nächsten Angehörigen noch ein paar Menschen gab, die ihren

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