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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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inneren Auge vor. Mattie, die flüsterte, damit ihr Geliebter sie nicht hören konnte: Michael kann’s nicht leiden, wenn überall was rumliegt. Michael kann’s nicht leiden, wenn du so viel Krach machst. Sei ein braver Junge, dann passiert das hier nicht wieder.
    «Da überrascht es einen kaum, dass er am Strand total ausgerastet ist. Vor Gericht haben ihre Verteidiger den Geschworenen weiszumachen versucht, dass der Tod eine Folge der vorangegangenen Vorfälle war und sie nicht vorgehabt, ihren Sohn umzubringen.»
    Jetzt ließen die anderen ihrer Wut freien Lauf, sie barsten geradezu vor rechtschaffener Entrüstung. «Hat ihr Freund denn nicht versucht, sie davon abzuhalten? Wie kann eine Mutter ihrem Kind so etwas antun?»
    Die letzte Frage beantwortete Vera zuerst. «In dem psychiatrischen Gutachten wird Matties geringer IQ erwähnt. Michael war der erste Mann, der nett zu ihr gewesen ist, und sie hat ihn wirklich geliebt, sie war verrückt nach ihm. Die Psychologin hat sich nur gewundert, dass Mattie Wasser benutzt hat, um den Jungen unter Kontrolle zu bekommen. Das ist wohl keine übliche Art der Bestrafung. Sie hielt es für wahrscheinlich, dass Mattie selbst früher so bestraft worden ist, vielleicht in einer von ihren Pflegefamilien oder im Heim. Vielleicht war das für Mattie sogar eine ganz normale Erziehungsmaßnahme.»
    Alle im Zimmer schwiegen. «Michael behauptet, er hätte keine Ahnung gehabt, dass Mattie ihren Sohn misshandelt», fuhr Vera fort. «Die Staatsanwaltschaft hat ihm offenbar geglaubt. Es wurde nie gegen ihn ermittelt.» Jetzt löste sich die Spannung etwas, ein paar der Anwesenden schnaubten verächtlich. In das Urteil der Staatsanwaltschaft hatte keiner von ihnen großes Vertrauen.
    Vera sah zu Ashworth. Sie hatte ihm gründlich die Schau gestohlen. Sollte er jetzt wieder übernehmen.
    «Die Zeitungen haben Connie Masters die Schuld gegeben», sagte er. «Erst hat man sie vom Dienst suspendiert, dann entlassen. Sie ist damit vors Arbeitsgericht gezogen, aber die haben die Entscheidung der Sozialbehörde bestätigt. Jenny Listers Vermerk gab den Ausschlag. Sie hatte Masters angewiesen, sich weiterhin um den Fall zu kümmern, nicht, sich ausschließlich auf Michael zu konzentrieren.»
    Ashworth machte eine Pause. Vera fragte sich, ob er an der Schule wohl im Laientheater mitgespielt hatte. Er konnte seine Pausen so dramatisch platzieren wie sonst niemand, den sie kannte. Oder fast niemand. Keiner war so gut wie sie, wenn es darum ging, das Wesentliche eines Falls zusammenzufassen.
    «Das Entscheidende, worüber wir uns klar werden müssen», sagte er und sah in die Runde, um sicherzugehen, dass er die volle Aufmerksamkeit genoss, «ist natürlich, ob das irgendeine Bedeutung für den Mord an Jenny Lister besitzt oder ob es einfach nur ein Zufall ist.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel Elf
    Ashworth saß in Connie Masters’ Cottage. Es war düster und trostlos, vollgestellt mit gebrauchten Möbeln. Obwohl schon später Vormittag war, brannte in der Ecke noch die Stehlampe. Und der Teppich hätte eine gründliche Reinigung vertragen können. Joe und seine Frau richteten ihr Haus mit Möbeln von IKEA oder, wenn sie es sich mal leisten konnten, Habitat ein, mit hellem Holz und viel Licht und vereinzelten Farbtupfern.
    Ihm ging noch immer die morgendliche Besprechung durch den Kopf. Nachdem sie den Fall Elias Jones diskutiert hatten, waren sie den Bericht des Gerichtsmediziners durchgegangen und hatten eine Liste der möglichen Verdächtigen im Willows erstellt. Vera fand es interessant, auf welche Weise Jenny stranguliert worden war. «Eine dünne Schnur. Clever. In Badehosen oder einem Badeanzug ist nicht viel Platz, um eine Mordwaffe zu verstecken, aber die Schnur kann man in einer Faust zusammenrollen, und kein Mensch bemerkt etwas. Das macht es zu einem vorsätzlichen Mord, nicht wahr? Und der Mörder muss gewusst haben, dass Jenny nach dem Schwimmen immer ins Dampfbad geht. Vielleicht war er schon drin und hat auf sie gewartet.» Dann hielt sie inne und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn, eine ihrer theatralischen Gesten, die Joe vermuten ließ, dass sie das, was jetzt kam, von Anfang an in Betracht gezogen hatte. «Was ist mit den Nylonschnüren, die die Angestellten um den Hals tragen, für die Namensschilder? Könnte Jenny mit so was ermordet worden sein? Können wir da ein Muster kriegen, zum Vergleichen?» Aber jetzt, in dem düsteren Cottage, versuchte Joe, die Besprechung

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