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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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aus, als die Fotos sie hatten vermuten lassen: sehr blaue Augen in einem bemerkenswerten Gesicht. Sie hatte die Bilder von ihm in den alten Zeitungen herausgesucht, aber auf der Straße hätte sie ihn doch nicht wiedererkannt; irgendwann nach dem Prozess hatte er sich eine Glatze rasiert und sah jetzt aus wie ein fernöstlicher Mönch – genau der Eindruck, nahm sie an, den er erzeugen wollte. Er kam auf sie zu, streckte ihr die Hand entgegen. «Und Sie sind?»
    «Vera Stanhope. Detective Inspector.»
    Er trug weite Stoffhosen und ein kragenloses Hemd aus Baumwolle. Die Art Klamotten, auf die ihre Hippie-Nachbarn abfahren würden. Es schoss ihr durch den Kopf, dass dieser Mann durchaus schon einmal auf deren Partys aufgetaucht sein könnte.
    «Ich habe Mr Morgan gerade erklärt, wie leid es uns tut, ihn zu stören», sagte Ashworth.
    «Und ich habe gesagt, dass ich mit Freuden bereit bin, der Polizei zu helfen, wo immer ich kann.» Morgan lud sie mit einem Nicken ein, sich zu setzen. Der Futon war genauso unbequem, wie Vera geargwöhnt hatte. Er ächzte. Für jemanden von ihrem Gewicht war er ganz bestimmt nicht gemacht, und sie zweifelte daran, dass sie am Ende des Gesprächs ohne Hilfe wieder auf die Füße kommen würde.
    «Möchten Sie einen Tee?» Der Mann lächelte sie an. «Ich habe Kamillentee da, Pfefferminz …»
    «Wir haben nur ein paar Fragen», sagte Vera. «Wir werden Sie nicht allzu lang aufhalten.»
    Wieder lächelte er und setzte sich dann ihnen gegenüber auf den Fußboden. Er bewegte sich fließend, sehr graziös, und ganz gegen ihren Willen kam Vera der Gedanke, dass er beim Sex ziemlich gut sein musste. Der körperliche Aspekt. Machte das einen Teil seiner Anziehungskraft aus? Sie verspürte einen Anflug von Panik, den alten Schmerz, dass die Zeit verflog. Und dann fast schon eine Art Lust.
    Alle schwiegen. Ashworth und Morgan warteten darauf, dass sie etwas sagte. Morgan sah sie an, als würde er verstehen, wie unwohl ihr zumute war. Seine blauen Augen waren voller Mitgefühl und schlugen sie in den Bann. Zum Teufel mit ihm! Habe ich sein Mitleid etwa nötig? Kann ja sein, dass ich seinen Körper will, aber das ist was ganz anderes.
    «Stimmt es, dass Sie Ihre kleine Freundin geschwängert haben?»
    Die Worte waren kaum heraus, da spürte sie, wie Ashworth sich entspannte. Das war genau, was er erwartet hatte, ein Frontalangriff.
    «Ich glaube, daran waren wir beide beteiligt. Aber ja, Freya erwartet ein Kind. Wir freuen uns sehr.» Er lächelte breit, und obwohl Vera seine ganze Art zum Kotzen fand, konnte sie den Blick noch immer nicht von seinem Gesicht abwenden.
    «Mattie freut sich darüber aber nicht, oder?»
    «Was gibt es, Inspector? Weshalb sind Sie hier?» Er klang immer noch locker.
    Vera ignorierte die Frage. «Ich verstehe nicht, Mr Morgan, was Sie in Mattie gesehen haben. Ich meine, sie ist ein hübsches Ding, aber intellektuell kann sie Ihnen ja wohl nicht das Wasser reichen. Oder hat Sie gerade das so angezogen? Dass sie Ihnen nie widersprechen würde?»
    Morgan runzelte die Stirn. «Sie haben natürlich recht. Es war ein Fehler, dass ich mich mit Mattie eingelassen habe. Das werde ich immer bereuen. Sie war mir verfallen, von mir besessen. Darin habe ich sie wirklich nie bestärkt. Und ich bevorzuge es, wenn meine Freundinnen für sich selbst denken können.» Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, fast, als wollte er Vera herausfordern: Ich bevorzuge jemanden wie Sie. Aber das war natürlich Unsinn. Niemand würde je sie bevorzugen. Morgan wandte sich ab und sagte mit sanfter Stimme: «Ich werde mich an Elias’ Tod immer schuldig fühlen, werde immer denken, dass ich es hätte vorhersehen, dass ich es irgendwie hätte verhindern müssen.»
    «Wie sind Sie und Mattie eigentlich zusammengekommen?» Das war Ashworth, weniger angriffslustig als Vera. Er fragte, wie ein Mann einen anderen eben so fragt.
    «Ich glaube, am Anfang hat sie mir einfach leidgetan.» Morgan beugte sich vor, die Ellbogen auf den Knien, und demonstrierte erneut, wie biegsam sein Körper war. Vera bemerkte die breiten Schultern unter dem dünnen Baumwollhemd. «Und es ist immer schmeichelhaft, wenn man gebraucht wird. Ich dachte, ich könnte ihr Leben verändern. Das war schrecklich arrogant, das weiß ich jetzt.»
    «Wo sind Sie sich das erste Mal begegnet?»
    «Das war ganz zufällig. In einem Café in Newcastle. Sie hat nicht genug Geld gehabt, um ihren Kaffee zu bezahlen, und ich habe ihr ein paar

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