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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Affäre hatte. Irgendeinen Kerl, den sie geheim halten musste. Und sie hätte es ja wohl kaum zugegeben, wenn sie es mit Morgan getrieben hätte, oder? Den sie betreut hat und der in einen bekannten Skandal verwickelt war. Holly, was haben Sie aus Lawrence May rausgekriegt, dem Kerl, mit dem Jenny zusammen war?»
    «Der kann sie nicht umgebracht haben», sagte Holly. «Er war auf einer Konferenz in Derbyshire. Ich hab’s überprüft.»
    «Hat er gesagt, warum sie ihm den Laufpass gegeben hat?»
    «Nein, aber ich glaube, weil er sie zu Tode gelangweilt hat. Ich meine, er scheint ja echt ein netter Kerl zu sein. Aber schrecklich ernsthaft. Ihr kennt die Typen. Als müsste er den Planeten im Alleingang retten. Er hat mich zur Schnecke gemacht, nur weil ich eine Plastikflasche in den Mülleimer bei ihm im Büro geschmissen habe, anstatt sie zum Recyceln zu bringen.»
    «Sie hat ihm also nicht gesagt, dass sie sich in jemand anders verliebt hat?»
    «Er hat gesagt, er hätte den Eindruck gehabt, dass da was Neues in ihrem Leben war», sagte Holly. «Ich habe ihn echt in die Mangel genommen, aber was Genaueres konnte er nicht sagen. Er hat nicht gewusst, ob es eine neue Liebe war oder ein neues Projekt.»
    «Wenn Lister was mit Morgan hatte, haben wir keinen Beweis dafür, so oder so», sagte Ashworth. «Wir sollten es also als Möglichkeit im Hinterkopf behalten, uns aber nicht darauf festlegen. Schließlich ist es ja auch egal, ob Morgan Lister umgebracht hat, weil sie sich in sein neues Leben mit Freya eingemischt hat oder weil er mit ihr ins Bett gegangen ist. Dem Gericht ist das Motiv einerlei. Wir müssen beweisen, dass er an dem Morgen im Willows war. Wir brauchen den Beweis, dass er ein Stück Schnur um Jenny Listers Hals gelegt und sie erdrosselt hat. Das Warum muss uns dabei nicht groß beschäftigen.»
    Aber ich will wissen, warum, dachte Vera, während sie wartete, bis die anderen Aufgaben zugeteilt waren. Mir ist das Motiv nicht einerlei. Ich bin eine neugierige alte Hexe, deshalb mache ich diesen Job doch überhaupt.
     
    Als sie beim Willows vorfuhr und all die Frauen sah, die mit ihren Sporttaschen und den teuren Turnschuhen dort hineingingen, konnte Vera kaum glauben, dass sie auch einmal dazugehört hatte, dass sie sich hier zwischen zwei Besprechungen oder auf dem Weg zur Arbeit schnell ihre Dosis Fitness abgeholt hatte. Sie fragte sich, ob die Besucherzahlen immer noch zurückgingen, ob es Frauen gab, die ihren Mitgliedsbeitrag zurückverlangt hatten. Für einen Wochentag um diese Tageszeit kam es ihr ein bisschen zu ruhig vor. Sie durchquerte das Foyer und ging die Treppe hinunter in den Fitness-Club. Mit ihrer Mitgliedskarte kam sie durch das Drehkreuz. So gut wie unsichtbar, dachte sie, auch ohne Tasche und Handtuch. Eine weitere Frau in den Fünfzigern, die sich der Täuschung hingab, dass es sie gesünder und schöner machte, wenn sie ein paar Bahnen schwamm. Sie bezweifelte, dass auch nur einer von den Angestellten, wenn man ihnen ihre Beschreibung gab oder selbst ein Foto zeigte, sich daran erinnern würde, dass sie da gewesen war.
     
    Ryan Taylor betätigte sich gerade als Krisenmanager in der Küche, wo eine Kaffeemaschine in die Luft geflogen war. Braune Brühe tröpfelte aus der Maschine und bildete eine Lache auf dem gefliesten Boden. Köche und Kellnerinnen verteilten das Malheur mit ihren Schuhen im ganzen Raum. Es war heiß. Auf dem Gasherd standen dampfende Töpfe, und jemand brüllte eine junge, weiß gekleidete Frau an: «Willst du das Stück Fleisch da etwa einäschern? Was glaubst du eigentlich, wo wir hier sind? In irgendeiner billigen Fast-Food-Bude?»
    Taylor stand neben der Kaffeelache und schrie in sein Handy. «Gleich fängt bei uns die Stoßzeit an. Ich brauche jetzt sofort einen Wartungsingenieur! Und schickt mir ’ne verdammte Putzkraft, um die Sauerei hier wegzumachen.»
    «Und ich dachte, ich kriege wenigstens eine anständige Tasse Kaffee.»
    Er hatte wohl die Antwort erhalten, die er wollte, denn er schaltete sein Handy aus, drehte sich zu ihr um und lächelte. «Kommen Sie mit in mein Büro, Inspector, dann mache ich Ihnen einen.»
    «Die Putzkraft, auf die Sie warten, das ist wohl nicht zufällig Danny, der Student?»
    Ryan sah sie durchdringend an, er überlegte, ob die Frage irgendwas Besonderes zu bedeuten hatte. «Nein, er hat Spätdienst. Außerdem ist heute sein freier Tag. Warum?»
    «Nur so, Herzchen. Ich bin nur neugierig.»
    Sie folgte ihm in sein Büro

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