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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Auf einmal war sie auf der Hut.
    «Der einmal die Woche hier arbeitet. Der eine von den jungen Kellnerinnen geschwängert hat. Den meine ich.» Vera sah Lisa direkt in die Augen. «Hat er sich jemals auch an Sie rangemacht?»
    «Nein! So was doch nicht. Das würde er nie tun.» Der Gedanke schien Lisa zu entsetzen.
    «Warum nicht? Er ist bekannt dafür.»
    «Ich habe mich von ihm behandeln lassen», sagte Lisa. «Wir hatten nur durch seinen Beruf miteinander zu tun.» Das Blut schoss ihr vom Hals in die Wangen.
    Vielleicht war es ja tatsächlich nur durch seinen Beruf, aber du hättest gern mehr gewollt. Was ist das bloß mit Michael Morgan und all den Frauen, die es doch besser wissen sollten?
    «Erzählen Sie mir davon.»
    «Hier zu arbeiten war nicht leicht. Ich meine, ich mache meinen Job gut und furchtbar gern, aber ich passe nicht so richtig hierher.»
    «Sie sind gemobbt worden», sagte Vera.
    «Das klingt ziemlich hart, aber genau so hat es sich angefühlt. Ich gehe nicht mit den anderen Mädchen in die Disco in der Stadt, und der Kram, den die toll finden, interessiert mich auch nicht. Die waren wirklich hundsgemein zu mir. Schließlich hatte ich richtig Angst davor, zur Arbeit zu gehen, und habe Panikattacken bekommen. Mein Hausarzt konnte mir nicht helfen, deshalb habe ich es mit Michael versucht.»
    «Und der konnte Ihnen helfen?»
    Lisa nickte. «Ich habe keine Ahnung, wie es funktioniert, aber danach habe ich mich ganz ruhig gefühlt. Als würde es mir nichts mehr ausmachen, was die anderen von mir denken. Ich habe mich wieder darauf gefreut, zur Arbeit zu gehen.»
    «Haben Sie sich jemals außerhalb des Hotels mit ihm getroffen?», fragte Vera.
    «Nein.» Lisa spielte mit einer der Schaumstoffrollen herum, zerknautschte sie in den Händen. «Schauen Sie, von den anderen Angestellten weiß keiner, dass er mich behandelt hat. Die haben schon immer tierisch über ihn getratscht, erst, als der kleine Junge umgebracht wurde, und dann, als er was mit Freya angefangen hat. Als ob er ein Monster wäre oder so. Wenn die wüssten, dass Michael mich behandelt hat, wäre das ein gefundenes Fressen für sie. Aber er ist nett und freundlich zu mir gewesen, und ich bin ihm sehr dankbar.»
    «Haben Sie ihn jemals an einem Ort erwischt, zu dem Nicht-Angestellte keinen Zutritt haben?»
    Lisa runzelte die Stirn. «Nein. Nur in dem Büro, das er für seine Sprechstunden nutzt.»
    «Aber er hat doch sicher eine von diesen magischen Karten, mit denen man hier hinter die Kulissen kommt?»
    «Das nehme ich an.» Lisa schaute auf ihre Uhr. «Hören Sie, ich muss gehen. Meine Schicht hat schon vor zehn Minuten angefangen.»
    «Hat sich sonst noch jemand von den Angestellten von ihm behandeln lassen?» Lisa war schon halb aus der Tür, drehte sich aber noch einmal um, um die Frage zu beantworten.
    «Das würde ich ja wohl kaum wissen, oder?», sagte sie. «Die anderen würden das ebenso wenig zugeben wie ich.»
     
    Vera fuhr auf den schmalen Nebenstraßen vom Willows nach Barnard Bridge und stoppte die Zeit, die sie für die Strecke brauchte. Es gab keinen besonderen Grund dafür, außer dass sie es für vernünftig hielt, und davon abgesehen war sie noch nicht bereit, aufs Polizeirevier in Kimmerston zurückzukehren. Sie hielt eigentlich keinen von den Dorfbewohnern für den Mörder. Connie Masters hätte ihre Tochter niemals allein im Cottage gelassen, um zehn Meilen mit dem Auto zu fahren und ihre ehemalige Kollegin umzubringen, und so sehr Vera der Gedanke an Veronica Eliot auf der Anklagebank nach wie vor zusagen mochte, sah sie doch nichts, was für ein solches Szenario sprach. Angesichts ihrer neuen Kenntnisse über die Räumlichkeiten des Fitness-Clubs sollten sie viel eher nach einem Mitglied der Belegschaft suchen. Sie sollte diesen Studenten festnageln, dessen Aushilfsjob im Willows zufällig zur gleichen Zeit angefangen hatte wie die Diebstähle. Vielleicht würde sie heute Nachmittag mal bei ihm zu Hause vorbeischneien und ihn überraschen. Sobald sie was gegessen hatte.
    Der Nebel vom Vortag hatte sich verzogen, und es war sonnig, ungewöhnlich warm für die Jahreszeit. Als sie um eine Ecke bog, sah sie ein Pärchen mitten auf der Straße. Hannah Lister und Simon Eliot, die Hand in Hand spazieren gingen. Hannah hatte Jeans an und ein Oberteil aus weißem Musselin; im Vergleich zu ihr wirkte Simon riesig und plump. Die Schöne und das Biest, dachte Vera. Selbst von hinten und aus dieser Entfernung konnte sie die

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