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Seelentod

Seelentod

Titel: Seelentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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bekommen hier nicht viel Besuch.»
    «Ich suche jemanden», sagte er. Er klang gebildet.
    «Ja?» Schon war sie wieder auf der Hut. Ihr Körper war angespannt, bereit, ihn abzuwehren, wenn er nach ihrem Namen fragen oder Anstalten machen sollte, durchs Tor zu kommen.
    «Mrs Eliot. Veronica Eliot.»
    «Ach so.» Sie war erleichtert und neugierig zugleich. Was konnte dieser Mann von Veronica wollen?
    «Kennen Sie sie?»
    «Ja», sagte Connie. «Natürlich. Sie wohnt in dem weißen Haus am Ende der Straße. Gleich da vorn, an der Kreuzung. Sie können es nicht verfehlen.» Er zögerte kurz, wandte sich noch nicht ab, und sie fügte hinzu: «Falls Sie mit dem Auto da sind, gleich hier den Weg runter gibt es einen Parkplatz, auf dem Sie wenden können.» Schließlich gab es jetzt keinen Grund mehr, ihm nicht behilflich zu sein, und sie war neugierig. Sie hatte kein Auto gesehen.
    «Nein», sagte er. «Ich bin nicht mit dem Auto da. Ich bin mit dem Bus gekommen.»
    «Du meine Güte, Sie trauen sich ja was! Wollen Sie heute Abend etwa auch noch zurückfahren?»
    Er lächelte. Sie dachte jetzt, dass es schwer war, sein Alter einzuschätzen. Gewiss war er jünger als sie, aber zwischen achtzehn und dreißig konnte er alles sein. Sie wusste, dass Veronica einen erwachsenen Sohn hatte, einen Musterknaben selbstverständlich, der in Durham Geschichte studierte. Aber dessen Freunde wussten doch bestimmt, wo Veronica wohnte.
    «In ein paar Stunden müsste ein Bus zurück nach Hexham fahren», sagte er unentschlossen. «Und wenn alle Stricke reißen, kann ich mir ja ein Taxi rufen.»
    «Sind Sie mit Veronica verwandt?» Ihr wurde klar, dass dies die erste normale Unterhaltung war, die sie seit Monaten führte, und sie hoffte, noch ein bisschen weiterplaudern zu können. Wie jämmerlich, dachte sie. Dass es so weit gekommen ist!
    Er zögerte. Die einfache Frage schien ihn zu verwirren. «Nein», sagte er schließlich. «Eigentlich nicht.»
    «Ich glaube nicht, dass sie zu Hause ist», sagte Connie. «Als ich vorhin aus dem Dorf kam, stand ihr Wagen nicht in der Auffahrt. Und ich habe gehört, dass Christopher, ihr Mann, gerade auf Dienstreise ist. Möchten Sie vielleicht auf eine Tasse Tee hereinkommen und hier warten? Wenn Veronica zum Essen verabredet war, ist sie bestimmt bald zurück, und von hier aus sehen wir ihr Auto, wenn sie wiederkommt.»
    «Nun ja, wenn es Ihnen nicht zu viel Mühe bereitet …» Und er machte das Tor auf und trat in den Garten. Plötzlich schien er nicht mehr so nervös zu sein, eher schon arrogant. Panik durchzuckte Connie. Was hatte sie getan? Hatte sie das Unheil über ihre Schwelle gebeten?
    Der junge Mann setzte sich neben sie auf die Holzbank mit dem abblätternden weißen Anstrich und wartete höflich ab. Sie hatte ihm Tee angeboten, also würde er davon ausgehen, dass sie auch welchen brachte. Aber die Küche lag auf der Rückseite des Hauses, und von dort aus könnte sie kein Auge auf Alice haben. Für Connie kam es nicht in Frage, ihre Tochter hier mit einem Fremden allein zu lassen.
    «Komm mit, Alice. Du kannst auftragen. Die Kekse holen.» Sie hoffte, dass sie Kekse dahatte, denn das Zauberwort wirkte, und Alice trabte brav hinter ihr her ins Haus.
    Sie richteten ein Tablett her. Teekanne und Tassen, Milchkännchen und Zuckerdose. Für Alice einen Becher Saft. Ich wohne schon zu lange auf dem Land. Als Nächstes trete ich noch dem
Women’s Institute
bei. Aber das war nicht witzig. Veronica Eliot saß im Vorsitz des
Women’s Institute
, und natürlich wäre Connie dort alles andere als willkommen.
    Sie gingen im Gänsemarsch hinaus in den Garten. Connie trug das Tablett, und Alice folgte ihr mit ein paar Keksen auf einem Teller mit Blumenmuster. Aber als sie um die Hausecke bogen, war die weiße Bank leer. Der junge Mann war verschwunden.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel Vier
    Zu Veras Kinderzeiten war das Willows ein Grand Hotel gewesen, in Familienbesitz und bekannt in der ganzen Grafschaft. In einer der wenigen Erinnerungen, die sie noch an ihre Mutter besaß, aßen sie einmal alle drei dort zu Mittag. Hatte ihre Mutter da Geburtstag gehabt? Bestimmt war es Hectors Idee gewesen; ihr Vater hatte die großen Gesten immer geschätzt. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, was sie gegessen hatten. Doch vermutlich war das Essen nicht allzu gut gewesen. Englische Nachkriegsküche. Ein zerkochtes Stück Fleisch und Gemüse, das auf dem Herd grau geworden war. Aber der Ort hatte doch einen

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