Seelentraeume
erleuchteten Ballsälen garantiert auffliegen.«
»Nicht, wenn mir die Scheiße
unter
die Haut geht«, erwiderte Richard.
Charlotte begriff, was er meinte. »Gesichtschirurgie.«
Er nickte.
Charlotte betrachtete das Bild und verglich die beiden Gesichter. Richards Kinn war zu spitz, der Nasenrücken zu lang, die Gesichtszüge zu deutlich ausgeprägt, die Augenbrauen zu hoch … Nein, es gab zu viele Unterschiede. Das würde niemals funktionieren.
»Du bist ja irre. Und wer sollte das machen?«, wollte Kaldar wissen.
»Dekart«, antwortete Richard.
Kaldar runzelte die Stirn.
»Wer ist Dekart?«, fragte Charlotte.
»Ein Überläufer aus Louisiana«, erklärte Kaldar. »Man wollte ihn wegen irgendwelchen kreativen chirurgischen Eingriffe verbannen, doch er gab vorher Fersengeld, überquerte die Grenze und lief dem Innenministerium in die Arme, das ihn bereits erwartete. Wie kommst du auf die Idee, dass er sich darauf einlassen könnte?«
»Ich habe Zugang zu dem gemeinsamen Vermögen der Camarines und Sandines«, sagte Richard. »Und Dekart braucht Geld.«
»Lächerlich«, versetzte Charlotte. »Du willst einem Überläufer dein Gesicht anvertrauen?«
»Charlotte hat recht. Der Mann mag ein Künstler mit dem Skalpell sein, du wirst trotzdem auf dem Operationstisch sterben«, sagte Kaldar.
»Nicht unbedingt.« Richard sah sie an.
Nein. Nicht in einer Million Jahren. »Vergiss es!«
»Charlotte …«
»Ich sagte, vergiss es!« Sie stand von ihrem Stuhl auf. »Ich müsste dich kontinuierlich heilen, während der Chirurg an deinem Gesicht herumschneidet. Sieh dir dein Kinn an und das hier. Das bedeutet, dass der gesunde Knochen angegriffen und neu geformt werden muss, Richard. Und dass ich ihn über Normalmaß hinaus nachwachsen lassen muss. Hast du eine Ahnung, wie schwierig das ist? Ich habe schon bei Wiederherstellungschirurgie assistiert. Ich weiß sehr genau, was das heißt. Was du vorschlägst, bedeutet Selbstmord. Ich kann nicht mal garantieren, dass du überlebst. Im besten Fall wärst du entstellt. In schlimmsten Fall tot. Nein, es ist zu gefährlich.«
Er sah sie einfach nur an.
»Es ist zu gefährlich, Richard, ich werde es nicht tun. Ein Ausrutscher mit dem Skalpell, eine übersehene Infektion, und du bist Geschichte.«
»Charlotte«, sagte er leise. »Du musst ja gar nicht assistieren. Ich kann eine andere Heilerin engagieren.«
»Erstens wirst du dann ganz sicher sterben, und zweitens wird keine Heilerin so etwas für dich tun. Das ist Selbstmord.«
»Und welche Alternative gibt es?«
»Keine Ahnung, so geht es jedenfalls nicht.«
»Ich bin bereit, das Risiko einzugehen«, bekräftigte Richard.
»Ich nicht.«
»Ich bitte dich, meinen Entschluss zu respektieren.«
Die Worte trafen sie wie ein Peitschenhieb. Sie hatte etwas Ähnliches zu ihm gesagt, als er sie davon abbringen wollte, sich ihm anzuschließen. Außerdem waren sie übereingekommen, ihre Beziehung und die Mission zu trennen. Wenn sie sich nicht geliebt hätten und er nur ein Bekannter wäre, hätte sie ebenfalls Einspruch gegen eine Operation erhoben, wäre aber, um sie zu verhindern, nicht an den Rand der Hysterie geraten.
Aber sie hatten sich geliebt. Und sie liebte ihn, ob er ihre Gefühle erwiderte oder nicht.
Mit einer ruhigen, leicht distanziert klingenden Stimme fragte Charlotte: »Und wenn ich dich verliere?«
»Das wirst du nicht. Du bist doch die beste Heilerin deiner Generation.«
Richard lag unter dem grellen, kalten Licht der Operationslampen auf dem Tisch. In dieser Position hatte er Dekart genau im Blick – einen kleinen, schlanken Mann im Chirurgenkittel. Als er seine Instrumente durchging, trug er eine Miene äußerster Konzentration zur Schau. Auf dem Tisch vor ihm zeigte ein Bildgeber Cassides vergrößertes Gesicht. Der Bildgeber hielt die Ähnlichkeit fest, und Dekart leistete ausgezeichnete Arbeit.
Charlotte stand mit eisiger Miene neben dem Chirurgen, ihre kristalline Schönheit hätte Glas schneiden können. Richard blickte in die kältesten Augen, die er jemals gesehen hatte.
Dekarts Tochter und Assistentin befestigte den letzten Ledergurt, der Richards linken Arm fest an die Oberfläche des Operationstisches presste. Die Schnalle klickte, er war gefesselt.
»Selbstmord«, sagte Charlotte.
Richard schenkte ihr ein Lächeln.
Seit er sie darauf hingewiesen hatte, dass sie zu emotional reagierte, ließ sie keine Gefühle mehr zu. Drei Tage lang hatte sie mit kalter, makelloser Logik
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