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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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hütete sie wie einen Schatz. Um sie auf den Erwerb ihres Titels vorzubereiten, war sie von den besten Lehrerinnen unterwiesen worden. Lady Augustine, deren Stammbaum Jahrhunderte, bis zum Alten Kontinent, zurückreichte, hatte ihre Ausbildung persönlich überwacht und dafür gesorgt, dass Charlotte in die Gesellschaft von Adrianglia eintrat, als hätte sie schon seit jeher dazugehört. Ihre Haltung war makellos, ihr Geschmack vom Feinsten, ihr Benehmen beispielhaft. Als sie das College als Charlotte de Ney, Baronesse von Ney und Besitzerin eines überschaubaren Anwesens, verließ, hatte sie bereits Tausende geheilt.
    Doch sich selbst konnte sie nicht heilen.
    Und auch sonst niemand konnte das. Nachdem sie 18 Monate lang von Experten auf den Kopf gestellt und mit Magie traktiert worden war, hielt sie nun das endgültige Urteil in Händen. Unfruchtbar.
    Unfruchtbar. Eine Wüste. Eine Einöde.
    Warum sie? Warum konnte sie kein Kind bekommen? Sie hatte zahllose Kinder geheilt, hatte sie dem Tode entrissen und sie ihren Eltern zurückgegeben, doch die Kinderstube, die sie neben ihrem Schlafzimmer eingerichtet hatte, würde leer bleiben. Hatte sie sich das bisschen Glück nicht redlich verdient? Was hatte sie so Furchtbares verbrochen, dass sie kein Kind bekommen konnte?
    Ein Schluchzen brach aus Charlotte hervor. Dann riss sie sich zusammen und stand auf. Bloß nicht hysterisch werden! Sie musste Elvei Bescheid sagen. Es würde ihn hart treffen. Kinder bedeuteten ihrem Mann so viel.
    Sie nahm die Stufen zu dem Weg, der zur nördlichen Terrasse führte. Das alte Haus lag im Garten wie ein träges weißes Tier, eine zweistöckige, scheinbar zufällige Ansammlung von Zimmern, Terrassen, Balkonen und steinernen Treppen. Die Nordterrasse befand sich auf der anderen Seite des Hauses, und Charlotte brauchte noch ein paar Minuten, um sich zu fassen. Sie würde ihrem Mann eine Stütze sein müssen. Armer Elvei.
    Sie hatte sich gerade an ihr neues Leben gewöhnt, als Elvei Leremine sie mit einem Antrag überrascht hatte. Sie war damals achtundzwanzig, hatte das College kaum ein Jahr hinter sich und fühlte sich allein. Das Leben einer Heilerin ließ nicht viel Luft für romantische Neigungen. Da war ihr die Vorstellung, zu heiraten und das Leben mit einer anderen Menschenseele zu teilen, plötzlich sehr verlockend vorgekommen. Baron Leremine war fürsorglich, großzügig und sah gut aus. Er wünschte sich Familie. Sie auch. Aber als ein Jahr vorbei und noch kein Kind in Sicht war, ließ sie sich untersuchen und tat damit den ersten Schritt auf ihrer zermürbenden, achtzehn Monate währenden Reise.
    Sie wollte ein Baby. Sie würde ihr Kind mit Liebe und Wärme umgeben, ihr Sohn oder ihre Tochter würde niemals fürchten müssen, ihren Armen entrissen zu werden, denn selbst wenn ihr Baby ihre Gabe erbte, würde es in ihrer Obhut aufs College gehen. Charlotte blieb einen Moment stehen und kniff die Augen zu. Sie würde kein Baby haben. Vor einer Woche hatten sie die Monate der Behandlungen, Tests und des Wartens eingeholt. Sie fühlte sich allein, verzagt und hatte Angst vor der Zukunft, genau wie damals, als sie sieben gewesen und zum ersten Mal durch das wuchtige steinerne Tor des Garner Colleges getreten war. Also war sie zu derselben Person gegangen, die sie damals getröstet hatte, der Frau, die ihre Mutter geworden war, nachdem ihre leiblichen Eltern sie ausgeliefert hatten. Sie war ans Garner College zurückgekehrt, um mit Lady Augustine zu sprechen.
    Sie waren zusammen durch die Gärten spaziert, so wie sie es nun tat, waren über die gewundenen Steinpfade geschlendert und hatten die undurchlässigen Mauern des Colleges hinter sich gelassen. Lady Augustine hatte sich nicht sehr verändert. Dunkelhaarig, anmutig, das Gesicht klassisch schön, ging sie nicht, sondern glitt dahin. Sie benahm sich immer noch wie eine Königin, ihre Züge wirkten elegant, und ihre Magie, die den blutrünstigsten Psychopathen in ein Lämmchen verwandeln konnte, wirkte so mächtig wie eh und je.
    »Glauben Sie, dass ich für etwas bestraft werde?«, hatte Charlotte gefragt.
    Die Lady wölbte die Brauen. »Bestraft? Wofür?«
    Charlotte biss die Zähne zusammen.
    »Du kannst frei sprechen«, murmelte Lady Augustine. »Schatz, du weißt, dass ich dein Vertrauen nicht missbrauchen werde.«
    »Es gibt etwas Dunkles in mir. Etwas Böses. Manchmal kann ich es fast spüren, wie es durch meine Augen aus mir hinausblickt.«
    »Du spürst den Drang?«,

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