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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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hereinkam, standen alle Männer, die sie kannten, auf, um anzuzeigen, dass sie im Notfall für sie einstehen würden. Ihr drei habt euch also als meine Beschützer ausgewiesen.«
    Sie sahen sie an.
    »Heutzutage sind Frauen selten von gewalttätigen Übergriffen bedroht«, fuhr Charlotte fort. »Warum stehen Männer dann immer noch auf?«
    George runzelte die Stirn.
    Charlotte lächelte Kaldar an. »Sie wissen es, oder?«
    »Wir stehen auf, weil es Frauen gefällt.« Kaldar klopfte George auf die Schulter. »Du willst doch vor einem Mädchen nicht wie ein unmanierlicher Stoffel dastehen. Wenn du aufstehst und sie dich sieht, setzt sie sich vielleicht zu dir.«
    »Genau. Kein Gesetz schreibt den Männern vor, sich zu erheben, aber ihr macht es trotzdem, weil Frauen diese Aufmerksamkeitsbekundung mögen. Das ist euch so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass Richard sich bei unserer ersten Begegnung nicht setzen wollte, bevor ich mich hingesetzt hatte, und das, obwohl er zu dem Zeitpunkt halb tot war.«
    Richard räusperte sich. »Das ist eine wüste Übertreibung. Ich war höchstens zu einem Viertel tot.«
    Kaldar schwenkte zu ihm herum und betrachtete das Gesicht seines Bruders aus der Nähe. »Zwei Scherze in weniger als einer Stunde. Geht’s dir gut?«, fragte er leise. »Fieberst du?«
    »Alles gut. Aber geh mir aus dem Gesicht.«
    Kaldar sah Charlotte an, dann wieder Richard, dann wieder sie.
    Charlotte setzte sich. Jetzt nahmen auch die drei Männer wieder Platz.
    »Die Monarchie überlebt, weil es den Blaublütigen so gefällt«, sagte sie. »Und den meisten Adrianglianern auch. Irgendwie begeistern sie sich für diese Idee. Der König besitzt weniger Macht als zum Beispiel die Volksversammlung oder der Rat, deshalb kann er ja auch gestürzt werden, trotzdem gefällt es uns, so zu tun, als wären wir noch immer ein Kriegervolk, das von einem einzigen starken Mann angeführt wird. Daher verherrlichen wir den Thron und jene, die ihn besteigen.«
    »Oder ihm nahestehen«, ergänzte Richard.
    »Blaublütige fürchten keine Gesetze«, fuhr sie fort. »Manche meinen sogar, dass sie uns nicht betreffen. Wir fürchten nur die öffentliche Meinung. Die Öffentlichkeit hält die Königsfamilie für Vorbilder an Tugendhaftigkeit. Dagegen können wir nichts tun, es sei denn, wir stoßen die Blaublütigen mit der Nase darauf, dass ihr Stammbaum sie nicht von Geburt an zu edlen, hilfreichen und guten Menschen macht.«
    Richard nickte. »Die Buchhalterin auf der Insel war dafür das Paradebeispiel – sie fühlte sich Brennan dermaßen verpflichtet, dass ihre Augen förmlich glänzten, wenn sie nur an ihn dachte. In ihrer Vorstellung war er über jeden Zweifel erhaben.«
    Sie verfolgten denselben Gedanken. »Wir können unmöglich das System bekämpfen«, pflichtete Charlotte ihm bei. »Aber wir können ein einzelnes Wässerchen trüben. Wenn wir den Sklavenhändlerring sprengen wollen, müssen wir Brennan dazu bringen, eine üble Tat zu gestehen, die so im Widerspruch zum Gebaren von Blaublütigen steht, dass der Gesellschaft gar nichts anderes übrig bleibt, als ihn als entartet zu verurteilen. Man wird in ihm einen Freak sehen, seiner Privilegien unwürdig. Alles, was er anfasst, wird er besudeln. Um selber sauber zu bleiben, werden die Blaublütigen ihn vernichten.«
    »Mir gefällt, wie Sie denken«, sagte Kaldar.
    Richard nickte. »Mir auch. Abscheu und Verachtung der Gesellschaft müssen so heftig ausfallen, dass es zu einem Aufschrei des Entsetzens kommt. Die Sklavenhalter müssen begreifen, dass ihre Entdeckung sie zu Ausgestoßenen machen würde. Nur so ließe sich die Einrichtung der Sklaverei endgültig ausrotten.«
    Richard stand auf und ging zu der Tafel. »Brennan hat die Organisation aufgebaut. Er hat sie schlagkräftig, widerstandsfähig und profitabel gemacht. Den Grund dafür kennen wir nicht. Das Geld braucht er nicht, und wenn er auffliegt, verliert er alles. Irgendetwas muss ihn zum Aufbau der Organisation bewogen haben. Offenbar liegt ihm sehr viel daran. Als wir gegen die Hand kämpften, haben wir einen Rückschlag nach dem anderen erlebt, aber wir haben bis zum Schluss nicht aufgegeben.«
    In Kaldars Gesicht zuckte ein Muskel. »Erian.«
    Der Halbbruder, den Richard erwähnt hatte. »Ich verstehe nicht«, sagte Charlotte.
    »Unser Jüngster hat die Familie an die Hand verraten«, sagte Kaldar.
    »Was ist passiert?«
    »Er verschwand von der Bildfläche«, antwortete Richard.
    »Richard ließ

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