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Seelentraeume

Seelentraeume

Titel: Seelentraeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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hüllte sie und den Mann in einen leuchtenden Funkenwirbel. Charlotte lief jetzt gleichsam auf Reserve, als würde die Magie ihr Lebenskraft entziehen. Sie lenkte den Strom in die Leber, und er floss durch die Leberpfortader und verzweigte sich korallenrot im empfindlichen Gewebe des Organs. Die goldenen Funken erhellten die Blutgefäße von innen. Nun begann Charlotte mit der Wiederherstellung der Wände, leitete dann, um die Schäden zu reparieren, magische Entladungen in den Leberlappen.
    Doch Temperatur und Blutdruck fielen erneut.
    Sie pumpte weitere Magie in das verletzte Gewebe, um den erlittenen Schock zu mindern. Der Körper leistete Widerstand, doch sie band ihn mit ihrer Magie ans Leben und ließ nicht locker. Er würde bei ihr bleiben, nirgendwohin gehen. Der Tod wollte ihn, doch Charlotte hielt ihn fest, dann gehörte er ihr. Sie konnte kein neues Leben geben, aber mit aller Macht um bestehendes Leben kämpfen. Der Tod würde fürs Erste verzichten müssen. Das Herz des Mannes flatterte wie ein verwundeter Vogel. Ein Herzstillstand drohte. Charlotte hüllte das Herz in Magie, wiegte es in einem Arm ihres Stroms, während sie mit dem anderen fieberhaft die Risse in seinem Fleisch flickte. Sie fühlte den Widerhall jedes Herzschlags.
    Puls.
    Bleib bei mir
.
    Puls.
    Bleib bei mir, Fremder
.
    Die Läsionen in der Leber schlossen sich. Der Blutdruck stabilisierte sich. Endlich. Charlotte flickte den verletzten Muskel zusammen und regte die Blutbildung an.
    Ich hab dich. Du wirst heute nicht sterben
.
    Der Mann atmete jetzt ruhiger. Sie unterstützte den Blutkreislauf, hielt ihn fest und beobachtete, wie die Körpertemperatur anstieg. Die Magie brannte sich durch das bisschen Fett an seinem Leib und produzierte Blutzellen. Viel war es nicht – er bestand fast nur aus Muskeln und Haut.
    Die Körpertemperatur war fast wieder normal. Das Herz schlug stark und regelmäßig.
    Um sicherzugehen, dass er die Krise überwunden hatte, blieb sie noch eine Zeit lang bei ihm. Der Mann verfügte über einen kräftigen, gesunden Körper. Er würde sich erholen.
    Dann ließ Charlotte los, langsam, Schritt für Schritt, und lehnte sich zurück. Ihre Hände waren blutverschmiert. Ihre Nase juckte, und sie rieb mit dem Handrücken darüber, benommen und der Wirklichkeit entrückt.
    Der Mann lag neben ihr, sein Puls ging gleichmäßig. Charlotte war so außer Atem, als hätte sie einen Irrsinnssprint absolviert und schnappte nach Luft. Die vertraute Erschöpfung nach einer Heilung hielt sie in ihren Klauen. Sie spürte den Muskelkater. Doch die Ermüdung würde in ein paar Minuten nachlassen. Während ihrer Zeit auf dem College war auf einen Notfall wie diesen stets tagelange Bettruhe gefolgt, doch da sie schon lange nicht mehr jeden Tag heilte, hatte sie ihr Limit längst nicht erreicht.
    Wieder mal hatte sie dem Tod ein Schnippchen geschlagen. Nun überkam sie Erleichterung. Dieses Leben war noch nicht zu Ende. Dieser Mann würde seine Familie wiedersehen. Und sie hatte dafür gesorgt. Zu sehen, wie seine Brust sich stetig hob und senkte, erfüllte sie mit einem tiefen Glücksgefühl.
    Das dunkle Haar des Mannes schimmerte fast blauschwarz, lag um seinen Kopf aufgefächert und rahmte sein Gesicht ein. Er war jetzt nicht mehr blass. Wahrscheinlich war er zu keinem Zeitpunkt so blass gewesen, wie sie angenommen hatte. Jahrelange Übung hatte ihre Sinne darauf trainiert, auf gewisse Anzeichen für einen Notfall zu reagieren, und manchmal verzerrten ihre Zauberkräfte ihre Wahrnehmung, damit sie schneller zu einer Diagnose kam. Die Haut des Mannes wies einen betonten Bronzeton auf, der sowohl auf einen natürlichen Einschlag als auch auf die Sonne zurückzuführen sein konnte. Sein Gesicht war ebenmäßig geschnitten, das Kinn kantig, kräftig, auch seine Nase musste früher mal perfekt gewesen sein. Jetzt war der Nasenrücken zu breit, höchstwahrscheinlich das Ergebnis einer alten Verwundung. Kinn und Schläfen zierten kurze, dunkle Bartstoppeln. Der Mund war weder zu breit noch zu schmal, die Lippen weich, die Stirn hoch. Sein Körper war in Bestform, allerdings verriet ein Netz feiner Lachfalten in den Augenwinkeln sein Alter. Er war mindestens so alt wie sie, vermutlich ein paar Jahre älter, also Mitte bis Ende dreißig. Haut und Kleidung waren von Schlamm und Blut besudelt, seine Haare ein einziges Durcheinander, trotzdem hatte er etwas unleugbar Elegantes an sich.
    Was für ein hübscher Kerl
.
    Die Wimpern des Mannes

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