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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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denn los. Nicht allzu laut, weil ich ja keinen Menschenauflauf verursachen wollte, aber doch so deutlich, daß dem Kerl kein Wort entging. Der Hauptteil meiner Ansprache bezog sich auf seine Intelligenz, was ihm sicher recht schmeichelte; dann fügte ich ein Kapitel über Schweinehunde im allgemeinen und in seinem besonderen Fall hinzu, und zum Schluß bat ich ihn, Don Saraiva schön von mir zu grüßen und ihm zu empfehlen, in Zukunft nicht solche Riesenrindviecher zu beschäftigen wie ihn!
    Der Kerl war derart sprachlos, daß er mich ohne Unterbrechung ausreden ließ. Ich hätte allerdings auch nicht zehn Sekunden länger warten dürfen, mich zu verdrücken, sonst wäre er trotz Publikum und Schupo über mich hergefallen. So riß ich also aus und rannte nach Hause zurück, hatte aber unterwegs doch Zeit genug, um mir zu überlegen, daß es das Gescheiteste wäre, Hogendahl von diesem Zwischenfall nichts zu erzählen. Denn wozu sollte ich ihn beunruhigen, wo er doch gerade jetzt alle Kräfte für die Beendigung seiner Arbeit brauchte.
    Natürlich verdoppelte ich von da an meine Wachsamkeit bei Tag und Nacht, aber es geschah nichts Aufregendes, dessenthalben ich von der Pistole hätte Gebrauch machen müssen. Don Saraiva schien alle Teufeleien gegen Hogendahl abgeblasen zu haben.
    Der ließ sich genauso wenig wie früher sehen, und ich bedauerte es sehr, ihn über die >Esperanza< und seine Erlebnisse an Bord nicht besser ausgequetscht zu haben, denn ich muß schon sagen, daß ich so etwas Aufregendes noch nie gehört hatte. Dagegen verblaßte alles, was Vater vom Krieg zu erzählen wußte, den er als Kanonier in Rußland und Frankreich und sogar in der Hölle von Verdun mitgemacht hatte. Ich hätte mein halbes Leben dafür gegeben, an Hogendahls Abenteuern beteiligt gewesen zu sein. Aber leider hatte er sich, wie schon erwähnt, im roten Zimmer eingeschlossen.
    Als ich ihm einmal auf dem Korridor begegnete, da sah er mich an, als könnte er es sich nicht verzeihen, mich in seine Geheimnisse 3 eingeweiht zu haben. Nur im Vorübergehen sagte er zu mir: »Du hast 1 doch, um Himmels willen, das Maul gehalten, Erich?!«
    Es traf mich tief, daß er nicht einmal mehr meinen Namen wußte, 1 wo wir doch Freundschaft geschlossen hatten und Verbündete waren! | Und deshalb antwortete ich nur, allerdings mit der nötigen Spitze von wegen dem Erich: »Halten Sie mich vielleicht für ein Waschweib, das nicht dichthalten kann, Herr Klawitter?«
    Das saß! Einen Moment sah er mich verblüfft an, grinste flüchtig, schlug mit der flachen Hand vor die Stirn und sagte, wie zur Entschuldigung: »Die Arbeit frißt mich auf, Mann, sie frißt mich wirklich auf.« — Ich nahm ihm das gern ab, und damit war die Kränkung auch vergessen.
    Die Ritze in der Tür zwischen unseren Zimmern hatte ich mit Papier verklebt, weil ich mich geschämt hätte, ihn jetzt noch zu belauschen, wo wir Verbündete waren. Was ich mit anhören mußte, | ob ich wollte oder nicht, waren seine lauten Selbstgespräche in der Nacht, wo er immer aufs neue stöhnte, was er zu bewältigen hätte, sei für einen Menschen allein zu viel. Dann sprach er sich wieder Mut zu, nicht gerade jetzt schlappzumachen; schließlich läge das Schlimmste bereits hinter ihm.
    Das Kärtchen von Fräulein Cornelius besaß ich noch immer. Ich hatte es in mein Gesangbuch gesteckt, das mir Tante Emma zur Einsegnung geschenkt hatte. Dort lag es sicher zwischen zwei Seiten und duftete noch fast genauso zart und aufregend wie früher. Stets wenn ich daran schnupperte, sah ich das schöne Fräulein so deutlich vor meinen Augen, als wäre es noch keine Stunde her, daß sie unser Haus verlassen hatte. Und da ich das Kärtchen sehr oft aus dem Gesangbuch nahm, dachte ich auch ebenso häufig an Lydia Cornelius. Dann überfiel mich jedesmal eine große Angst, wenn ich mich dabei an Hogendahls Worte erinnerte, was für ein heimtückischer und gewalttätiger Kerl Don Saraiva war.
    Mochte Hogendahl über sie denken, was er wollte, ich war felsenfest davon überzeugt, daß sie von Don Saraivas Machenschaften keine Ahnung hatte. Allein der Gedanke, sie könne mit dem Brasilianer in engerer Verbindung stehen und Hogendahl um die Früchte seiner Arbeit bringen wollen, erschien mir als niederträchtige Verleumdung und Beleidigung. Ja, manchmal war mir, als riefe mir eine innere Stimme zu, ich müßte Fräulein Lydia Cornelius vor Saraiva warnen. Ihre Telefonnummer stand auf der Karte, aber sie wirklich

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