Seelenverkäufer
umzusehen, mit einer sparsamen Bewegung über die Schulter. »Da«, sagte er kurz und wie von einer plötzlichen Heiserkeit befallen, »nimm und lies!«
Ich nahm das Telegramm und las: »verfolgen seit langer Zeit ihre Arbeiten stop hörten durch husmann kiel von neuer erfindung stop haben großes interessse daran stop erbitten umgehende rückantwort ob Vorstellung in chikago möglich stop wenn ja erfolgen spesen für überfahrt sofort auf kabelweg stop zahlen falls vertraglich anderweitig gebunden gegebenenfalls konventionalgelder stop kinley brothers chikago. <
»Die Rückantwort bis zu vierzig Worte ist vorausbezahlt«, bemerkte der Telegrammbote. »Soll ich auf Ihre Antwort warten, Herr Hogendahl?«
»Danke, ich besorge das nachher selbst«, sagte er, drückte dem Boten ein Trinkgeld in die Hand und ging in seine Kabine zurück. Seine Füße schlurften über den Boden, und seine langen Arme hingen wie zwei schlaffe Glockenseile herunter. Ich folgte ihm erst eine ganze Weile später und hatte dabei ein ganz niederträchtiges Gefühl. Denn wenn Hogendahl jetzt die Hände gebunden waren, so trug ich allein die Schuld daran.
Als ich zu Hogendahl kam, saß er mit verschlossenem Gesicht, als ob er eine Maske trüge, an seinem Schreibtisch und starrte gegen die getäfelte Wand.
»Wenn ich das geahnt hätte, Herr Hogendahl!« stotterte ich, und es würgte mich dabei im Halse.
Aber er winkte ab. »Laß man gut sein, Pitt, und gräm dich nicht darüber. Du kannst wahrhaftig nichts dafür, und weiß Gott, ob mir heute noch ein Zahn weh täte, wenn du nicht eingesprungen wärest. Denn ich war wirklich nahe daran, Schluß zu machen. Das ist eben Schicksal, und dagegen kann man nichts machen. Die Herren aus Chikago hätten sich früher rühren müssen.« Dabei zog er seinen Füllhalter aus der Brusttasche.
»Was wollen Sie antworten, Herr Hogendahl?« fragte ich.
»Was wohl?« sagte er achselzuckend und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, als belästige ihn ein Spinngewebe. »Daß das Angebot leider drei Wochen zu spät gekommen ist, Punktum.«
Ich legte das Telegramm vor ihn hin und kerbte mit dem Daumennagel die Stelle an, wo der Passus mit der Konventionalsumme geschrieben stand.
»Darauf läßt sich Don Saraiva nie im Leben ein«, sagte er, und ich wußte genau, daß er damit recht hatte.
»Wer sind diese Kinley Brothers überhaupt?« fragte ich.
»Das größte Unternehmen für Bergungsapparate und Tauchgeräte in den Vereinigten Staaten. Eine Weltfirma mit ausgezeichnet ausgerüsteten Versuchsstationen auf dem Michigansee und an der Atlantikküste. Mit einem Stab erstklassiger Leute, von denen ich zwei gut kenne, weil ich mit ihnen studiert habe...«
Eine Weile war es still zwischen uns.
»Und wenn man nun...« flüsterte ich und sah durchs Bullauge auf den Kai hinaus, der verregnet und dreckig im trüben Mittagslicht dieses wolkenverhangenen Oktobertages dalag. Hogendahl richtete sich mit einem Ruck auf.
»Halt’s Maul und schäm dich, Pitt!« sagte er streng. »Vertrag ist Vertrag, und was ich unterschrieben habe, das halte ich! Hast du mich verstanden?«
Ich bekam einen ziemlich roten Kopf und verdrückte mich. Wenige Minuten später sah ich Hogendahl mit festem Schritt und entschlossenem Gesicht von Bord gehen und hörte, wie er der Wache sagte, er hätte eine Besorgung zu machen. Falls die Mechaniker inzwischen an Bord kämen, sollten sie in seiner Kabine auf ihn warten.
Er ging allein. Vielleicht vertraute er mir die Besorgung des Telegramms aus gewissen Gründen nicht an. Und wahrhaftig ertappte ich mich trotz seiner strengen Ermahnung doch bei dem Gedanken, was man mit vierzig freien Worten den Gebrüdern Kinley in Chikago am besten hätte antworten können... Aber fürs erste hatte ich doch vom Schicksalspielen genug bekommen. Nur hielt es leider nicht allzu lange vor...
Während Hogendahl unterwegs war, trafen tatsächlich die beiden Mechaniker, die er eingestellt hatte, ein. Der eine hieß Alois Vohburger und kam aus Bayern. Von Beruf war er Radiotechniker, ein bedächtiger, wortkarger Mann, der den Mund kaum auftat, außer wenn er fluchte. Der andere war ein Berliner namens Schmidtke, Justaff. Er hatte eine furchtbare Kodderschnauze und markierte gleich nach den ersten Schritten an Bord den Seekranken. Er konnte rülpsen, daß man dachte, ihm flögen dabei die Vorderzähne heraus. Schmidtke war Fotomechaniker und Fachmann für optischen Apparatebau. Als ich den beiden ihre Kammern
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