Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
aus dem Tauchpanzer heraus, und der Doktor warf ein Tuch über sein blaues Gesicht und ließ ihn von zwei Mann in seine Offizin tragen. Ich sah mich nach Fräulein Cornelius um. Sie war an Deck verschwunden. Don Sarai-va aber lag vor dem Messingbuchstaben auf den Knien und rieb wie besessen mit seinen gepflegten Fingern den Schlamm und Schmutz ab, der sich auf dem Metall festgesetzt hatte. Dabei stöhnte er laut und knurrte wie ein Hund, der einem andern einen Knochen weggerissen hat und ihn nun gierig verteidigt. Es war ekelhaft anzusehen. Und plötzlich sprang er empor und schwang das >T< hoch in die Luft. Es funkelte in dem blendenden Licht der Tropensonne wie ein goldenes Kreuz in den Händen eines fanatischen, wahnsinnig gewordenen Priesters, und mich überrieselte es kalt, als sähe ich eine furchtbare Gotteslästerung.
    »Los! Worauf wartet ihr noch?« brüllte er die Leute an. »Vorwärts! Macht weiter!« Er durchstieß den Ring, der sich um ihn geschlossen hatte, und packte den Neger Nelson an den Armen, um ihn zu dem Tauchgerät zu zerren. Der Neger war vor Schreck wie gelähmt und ließ sich von Don Saraiva widerstandslos mitschleppen. Er war fleckig im Gesicht, und seine Augäpfel quollen weiß wie Mottenkugeln heraus.
    »Det is Mord! Det is reiner, eiskalter Mord!« keuchte jemand neben mir. Es war unser Berliner Gustav Schmidtke. Aber in dem Augenblick, in dem Don Saraiva den Neger schon zu dem Taucherhelm gezerrt hatte und der Dunki gerade dabei war, den schweren Anzug paratzustellen, riß sich der Nelson mit einem Ruck los, schoß wie der Blitz zwischen der Hilfsmannschaft hindurch und rannte fort. Die Leute ließen ihn laufen.
    Erst als Don Saraiva sie wütend anraunzte, den verdammten Neger einzufangen, setzten zwei von ihnen dem Nelson unlustig nach. Und sie hätten keinen Finger gerührt, den Neger wirklich in ihre Gewalt zu kriegen, wenn der nicht die Dummheit begangen hätte, in seiner Todesangst einen von ihnen niederzuschlagen und aufs Vorderdeck durchzubrechen.
    Da kamen die Jungens natürlich in Hitze, und die wilde Jagd ging los. Sie tobten um die Brücken herum, aber der Neger war schneller auf den Beinen und schlug auch noch den Dunkimann, als der ihn stellen wollte, mit einem Spieker über den Schädel, daß ihm das Blut übers Gesicht lief. Er raste wie ein toll gewordener Stier über das Deck und treppauf und treppab um die Brücke herum.
    Als sie ihn dann, fünf Mann hoch, endlich gestellt hatten und glaubten, nun hätten sie ihn, da sprang er noch einmal mit einem verzweifelten Satz zwischen ihnen hindurch, griff einen Knüppel von der Ankerwinde auf, rannte zum Kranmast, kletterte fix wie ein Gorilla hinauf, schwang sich auf den Schwenkarm des Krans und schwor, jedem, der ihn herunterholen wolle, den Schädel einzuschlagen. Und da saß er und fletschte die weißen Zähne. Einige von den Jungens fingen an zu lachen und Witze zu reißen, aber mir war eher nach Heulen als nach Lachen zumute. In diesem Augenblick rief Hogendahl laut meinen Namen und winkte mich zu sich heran. Er war weiß im Gesicht, und an seiner Unterlippe hingen zwei dunkelrote Blutstropfen.
    »Geh sofort zu Don Saraiva und bestelle ihm«, stieß er mir durch die geschlossenen Zähne entgegen, »daß ich ihn ersuchen lasse, das Vordeck unverzüglich zu räumen, da ich den Platz und den Kran für die Montage meines Geräts und für den Aufbau der Gleitbahn brauche!«
    Ich lief zurück und kam gerade dazu, als der Zweite Steuermann sich als Mensch und Christ und königlich dänischer Untertan weigerte, Don Saraivas Befehl auszuführen, nämlich den Kran mit dem Neger darauf in Tätigkeit zu setzen, um den Kerl von zehn Meter Höhe wie eine Pflaume vom Baum abzuschütteln.
    Don Saraiva raste vor Wut, und auf dem äußersten Kranende hockte der Neger Nelson wie ein riesiger Affe, bleckte die Zähne und schrie unentwegt Schimpfworte zu dem Brasilianer herunter: >Schinder< und >Mörder< und >Henker< und was weiß ich noch alles. Und da kam ich mit meinem Auftrag von Hogendahl, den ich wortgetreu ausrichtete. Natürlich lief es genauso ab, wie ich es mir gedacht hatte. Don Saraiva ging hoch wie ein Feuer, in das man einen Kanister Petroleum hineinschüttet. Er schrie mich an, ich solle Hogendahl ausrichten, daß er sich um dessen Wünsche einen Dreck kümmere und daß an Bord niemand etwas zu sagen und zu bestimmen habe als er allein!
    Aber da antwortete ich ihm in aller Ruhe und Deutlichkeit, daß ich nicht sein

Weitere Kostenlose Bücher