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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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tragen. Red Berta und ein paar andere kamen an den Eingang der Gasse. Sie keuchten allesamt, als würden sie dafür bezahlt, aber sie waren am Leben.
    Jedenfalls die meisten. Die Nutte, die Chess durch die Luft hatte fliegen sehen, stand nicht mehr auf. Auch vier von Slobags Männern blieben liegen. Red Berta und ihre Mädel leerten die Taschen der Toten mit der forschen Effizienz von Bankkassierern.
    Chess griff in ihre Handtasche und zog ein paar Taschentücher heraus, mit denen sie Terrible eine tiefe, geschwollene Schnittwunde unter dem Auge abtupfte. Sie musste sich dafür auf die Zehenspitzen stellen und an seiner Brust abstützen. Ihr Gesicht war nur Zentimeter von seinem entfernt, während er zu ihr herabsah.
    Ihre Blicke trafen sich, und ihr stieg die Hitze ins Gesicht. Abrupt ließ sie sich auf die Hacken fallen. »Tut mir leid, ähm, vielleicht solltest du das lieber selbst... hier.«
    Sie drückte ihm das Taschentuchknäuel in die Hand. Schade, dass sie damit nicht auch die Verwirrung und die leise Panik in der Magengrube loswurde, die ihr ein Gefühl verursachte, als würde sie jemand von innen kitzeln. Blöde Sexmagie.
    Sie räusperte sich. »Einen Zentimeter weiter links und du müsstest ins Krankenhaus.«
    Sein Hemd hatte einige nasse Flecken und einen langen Riss am Ärmel. Die Haut darunter war genauso blutig wie seine Fingerknöchel.
    »Ach, ich bin schon okay.« Er nahm die Taschentücher weg, schniefte und presste sie wieder ans Gesicht.
    »Das gibt ’ne Narbe.«
    Ein leises, heiseres Lachen. »Meinst du, auf eine mehr oder weniger kommt’s bei mir noch an?«
    Da hatte er recht.
    »Was hältst du denn von Daisy?«
    »Was ... oh.« Die Tote lag noch immer auf dem Bürgersteig. Weißlicher Raureif hatte sich auf ihrer Haut gebildet und verwandelte sie in eine unheimliche Statue wie die Skulpturen der Kirchenväter oben in Northside, die aus weißem Kalkstein gehauen und mit Diamantstaub überzogen waren, damit sie glitzerten.
    »Ich ... ich weiß nicht. Ob es ein Geist war, meine ich. Das kann ich im Moment wirklich noch nicht sagen, dafür ist es zu dunkel und ...«
    Chess erschauderte. Sie würde ihm irgendwann von dem Sexzauber berichten müssen, aber nicht gerade jetzt. Nicht solange ihr Blut noch so unangenehm heiß durch die Adern pulsierte.
    »Okay. Mach dir keinen Kopf, Chess. Vielleicht hast du ja morgen Zeit, dir die Sache noch mal anzusehen, bei Tageslicht, die Wände checken und so. Bring deinen Kirchenkram mit, diese kleinen Geräte und das ganze Zeug.«
    »Ich dachte, du glaubst gar nicht, dass es ein Geist war.«
    Er deutete mit dem Kopf auf die Frauen, die ihr Geld zählten und sich von ihren erbeuteten Kippen eine ansteckten. »Die schon. Bump und ich sind uns nicht so sicher. Aber findest du nicht, dass wir ihnen was schuldig sind? So, wie sie sich heute Nacht geschlagen haben?«
    »Du meinst ...«
    »Ich hol dich morgen so gegen Mittag ab, ja?«
    Sie sperrte sich dagegen. Nicht, dass sie ihm nicht helfen wollte, aber Lex’ Gerede von Heimzahlen ging ihr die ganze Zeit im Kopf herum. Wenn das hier so eine Ganggeschichte war, mit irgendwelchen Gebietsstreitigkeiten, dann wollte sie um keinen Preis mit reingezogen werden. Sie kam mit ihrem Leben für ihre Verhältnisse gerade ziemlich gut klar. Jetzt zwischen die Fronten zu geraten, während sie den Leuten Loyalität schuldete - obwohl sie genau betrachtet eigentlich nur zweien Loyalität schuldet, denn Bump vertickte ihr schließlich bloß Pillen und betrieb den Pfeifenraum, der ihrer Wohnung am nächsten lag -, also, sich zwischen den Menschen zu stellen, dem sie Loyalität schuldete, und den, mit dem sie Körperflüssigkeiten austauschte, war bestimmt nicht das klügste Verhalten, wenn ihr Leben nicht wieder aus den Fugen geraten sollte.
    Aber ihr fiel keine gute Entschuldigung ein, um aus der Nummer rauszukommen. Es würde nicht bloß verdächtig wirken, es wäre ... es wäre einfach falsch.
    Sie sah zu Daisys Leiche hinüber. Ohne die Kirche hätte sie genau so enden können. Wäre sie sogar sehr wahrscheinlich so geendet. Auf jeden Fall war sie mit genau dieser Erwartung groß geworden.
    Und deshalb nickte sie. »Man hat mir gesagt, ich bräuchte morgen nicht zur Arbeit zu kommen, nach allem, was heute Abend passiert ist. Gibt sowieso keine neuen Fälle.«
    »Sie geben dir den Tag frei? Dein Abend muss ja echt übel gewesen sein!«
    »Ach ... nicht so schlimm. Jemand wollte mich vergiften. Hatte das Gegenmittel aber parat.

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