Seelenzorn
draufgehen.«
»Biste aber nicht.« Er öffnete ihren Kühlschrank und nahm zwei Bier heraus. »Stehst immer noch vor mir. Jetzt sag mir doch mal, was da los gewesen ist.«
Sie ging in Abwehrhaltung. »Warum interessiert dich das?«
»Darf ich nicht mal ’n bisschen neugierig sein? Du wirst in ’ne Prügelei auf der Straße reingezogen, und ich darf nicht mal fragen, was du da überhaupt gemacht hast? Was bist du bloß immer so fies zu mir?«
»Ich bin nicht fies.«
»Und ob du fies bist.« Er küsste sie auf die Stirn und reichte ihr ein geöffnetes Bier. Sie sah zu, wie er sich geschmeidig aufs Sofa fallen ließ und es sich bequem machte, wobei das Buzz-cocks -T-Shirt hochrutschte und einen schmalen Streifen seines flachen Bauchs entblößte. »Hab ich die Männer etwa nicht zurückgepfiffen? Na ja, egal. Komm mal rüber und setz dich.«
Nervös stürzte sie das halbe Bier auf einmal runter. Sie wollte sich nicht setzen. Sobald sie sich in seine Reichweite begäbe, würde es zu einer vernünftigen Unterhaltung nicht mehr kommen, schon gar nicht, da sie noch von der Sexmagie aufgekratzt war. »Erst sagst du mir, wie du das gemeint hast.«
»Wie ich was gemeint hab?«
»Du weißt, wovon ich rede. Du hast gesagt, Bump würde es endlich mal heimgezahlt kriegen. Was sollte das heißen?«
»Du willst doch jetzt nicht echt über tote Leichen und diesen Bump reden, oder? Ich hab dich seit ’ner Woche nicht gesehen.«
»Sag mir einfach, wie du das gemeint hast, und dann können wir reden, worüber du willst.«
Sie wollte ihn nicht fragen, ob Slobags Leute die Nutte auf dem Gewissen hatten. Schon bei dem Gedanken, wie die Antwort lauten könnte, krampfte sich vor Angst ihr Magen zusammen. Heimgezahlt kriegen, das konnte alles Mögliche bedeuten, klar, und sie glaubte eigentlich nicht, dass Lex was mit Leuten zu tun hatte, die anderen die Augäpfel aus dem Gesicht schnitten, egal, ob tot oder lebendig. Aber trotzdem ...
Endlich zuckte er die Achseln. »Hier ist ’ne Menge los, das weißt du. Manchmal taucht irgendwo ’ne Leiche auf, und keiner weiß, wer’s gewesen ist.«
»Das ist keine Antwort.«
»Du hast mir ja auch keine Frage gestellt.«
»Weißt du irgendwas über die Tote? Weißt du ... weißt du, wer sie umgebracht hat?«
Er tat nicht so, als sei er verletzt oder als verstünde er die Frage nicht. Und deshalb glaubte sie ihm, mehr noch als wegen der Art, wie er ihr in die Augen sah und ihrem Blick standhielt. »Nein, Tülpi. Hab nix damit zu tun. Null. Hab auch keine Ahnung, wer dahintersteckt - der Befehl kam nicht von uns, klar?«
Erst jetzt merkte sie, dass sie den Atem angehalten hatte, und stieß einen stillen Seufzer aus, bevor sie erneut stockte, weil er hinzufügte: »Weiß aber nicht, ob Bump umgekehrt genauso die Füße still hält.«
»Was?«
»Hast mich schon richtig verstanden. Keine Ahnung, ob das mit dem Mädchen nicht die Rache von wem gewesen ist, der sich was nicht länger gefallen lassen wollte.«
Ohne nachzudenken, griff Chess in den Pillenbeutel, den sie in der geballten Faust gehalten hatte, nahm sich ein paar und spülte sie mit Bier hinunter. Hey, sie musste morgen schließlich nicht früh raus. War auch besser so, immerhin war es schon nach drei.
»Vor allem, wo sie so dicht an unserem Gebiet dran war und sich da an der Grenze rumgetrieben hat. Warum war sie überhaupt da oben? Hast du das Terrible mal gefragt?«
»Nein.«
»Na, solltest du vielleicht mal.«
Mit Lex über Terrible zu sprechen machte sie immer nervös. Es kam ihr vor, als würden sie sich um ein Thema herumdrücken, statt es offen anzusprechen. Sie ging um die Küchentheke herum und lehnte sich gegen die Arbeitsplatte, sodass ihr Unterkörper verdeckt war. »Hör doch bitte mal auf, so finstere Andeutungen zu machen, und rede Klartext.«
»Ich sag nur, du hast da ’n totes Mädchen, und es ist nicht die erste tote Nutte, die mir in letzter Zeit unter die Augen gekommen ist.«
»Was? Moment mal. Du meinst, jemand hat auch auf deiner Seite Nutten umgebracht? Welche von Slobag?«
Er nickte. »Siehste? Ich hab immer gesagt, du bist schlau, und du hast mich nie enttäuscht.«
»Und du denkst, Bump steckt dahinter.«
»Wer denn sonst?«
Sie sah ihn erstaunt an. »Nichts für ungut, Lex, aber wir reden hier über Nutten, und da fallen mir eine Menge andere Kandidaten ein.« Zum Beispiel der Weinende Mann, dachte sie, ohne es laut zu sagen. Geister waren nur allzu real, das wusste sie aus
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