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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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und versuchte, die Kontrolle zurückzugewinnen, damit sie nicht in Wahnsinn verfiel.
    Ohne dass sie begriff, wie oder warum, platzten die Worte erneut aus ihr heraus. »Omithramii mordreus, ich befehle euch! Bei meinem Blut und meiner Macht befehle ich euch!«
    Schlagartig entwich die Macht aus ihr und schoss mit derselben rasenden Wut hinaus, wie sie gekommen war, während sie darum rang, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren, denn von dem dunklen Willkommensgruß, mit dem Kemp und seine Geisterkomplizin sie empfangen hatten, fühlte sie sich immer noch völlig zerschlagen.
    Über ihr kreischten die Vögel.
    Sie hatte sie in der Gewalt. Sie war sich fast sicher. Ganz hinten in ihrem Kopf spürte sie, wie die Tiere wütend und neugierig zugleich gegen ihre Kontrolle ankämpften.
    Ihr wurde übel. Sie waren das reinste Chaos, ein Schwarmbewusstsein, und sie hatte keine Ahnung, wie lange es ihr gelingen würde, sie zu lenken. Sie war verblüfft, dass es ihr überhaupt gelungen war, die Vögel unter ihren Befehl zu zwingen, doch zugleich ging ihr die Warnung des Ältesten Bewick nicht aus dem Kopf, der immer wieder betont hatte, wie unberechenbar sich wilde Vögel im Ritual verhielten und wie gefährlich deshalb ihr Einsatz war.
    Aber Gefahr war relativ. Sie konnte entweder die Vögel einsetzen und dabei möglicherweise draufgehen, oder sie konnte auf sie verzichten und ganz sicher draufgehen. Genau wie ihre Mitstreiter.
    Sie stellte die Feuerschale ab und häufelte Kräuter darauf: Eisenhut, gemahlenen Ingwer, Sandelholz, Trauben-Silberkerze, Ysop und Wassernuss. Sie ließ ihr Feuerzeug aufflammen und setzte die Mischung in Brand.
    Das Feuer entzündete sich schlagartig und hauchte ihr eine kurze Hitzewelle über die Haut. Als sie zu Hause hastig ihre Ausrüstung zusammengerafft hatte, hatte sie auch ein paar getrocknete Regenwürmer eingesteckt, die so hart und knorrig wie Rindenstreifen waren. Die warf sie jetzt als kleine Opfergabe ins Feuer, zur Einstimmung auf das nun folgende, größere Opfer.
    Diesmal schnitt sie sich in die Handfläche, wobei sie den Schmerz bei all der Magie, die ihr pulsierend durch die Adern strömte, kaum noch bemerkte. Ihr ganzer Körper bebte im Rhythmus mit. Ihr dröhnte der Kopf. Flügel flatterten ihr vor den Augen. Federn strichen ihr über die Haut. Es waren nicht die Vögel selbst, sondern deren Essenz, die gegen ihren Einfluss ankämpfte.
    »Ich biete den Todesboten Entschädigung im Tausch für ihre Hilfe«, sagte sie, während sie das Blut ins Feuer tropfen sah. Sie wartete ab, ob ihr Opfer angenommen wurde.
    Die Vögel verstummten.
    Chess blickte auf. Sie schwebten nach wie vor mit silberglänzenden Flügeln über ihr im Mondlicht, waren aber ganz still. Die rasende Energie in Chess kam zur Ruhe. Die Vögel waren immer noch wild, immer noch unberechenbar, aber - wenigstens im Moment - zur Mitwirkung bereit.
    »Todesboten, ich gebiete euch, diese Seelen fortzutragen, deren Platz nicht mehr hier ist. Bei meinem Blut, bei meiner Macht, bei meinem Opfer, entfernt sie aus dieser Welt und geleitet sie zurück an ihren Ort der Stille!«
    Die Vögel wendeten. Zum ersten Mal, seit sie sich ihren Weg durch das Getümmel gebahnt hatte, gestattete sich Chess einen längeren Blick auf das Kampfgeschehen. Schwarzer Rauch, die sichtbare Manifestation der dunklen Schutzzauber, hing um sie herum in der Luft. Sie war so sehr mit den Vögeln beschäftigt gewesen, dass sie kaum darauf geachtet hatte, aber als sie nun innehielt, spürte sie es wieder, das dunkle Flüstern, das versuchte, ihr die Kraft abzusaugen.
    Terribles Kopf tanzte über der Menge; er stand noch aufrecht und kämpfte. Sie erhaschte einen Blick auf Lex’ Haarstacheln, auf Fletchers bleiches, erschöpftes Gesicht und ein paar andere vertraute Gestalten.
    Aber überall lagen Leichen, und alles war voller Geister.
    Die Vögel stürzten sich wie auf Kommando herab. Oliver wandte noch rechtzeitig den Kopf, um den Schwarm und das Loch zu bemerken, das sich dahinter auftat. Seine Lippen formten Worte, die sie nicht hören konnte, während er heftig mit den Armen wedelte, um die Lebenden von dem sich öffnenden Tor wegzuscheuchen.
    Die Geister strampelten und wehrten sich ohne Erfolg. Die Vögel taten, wie ihnen geheißen. Ihre Flügel schienen sich immer weiter auszubreiten, als sie hinabstießen und die verlorenen Seelen mit scharfen Krallen packten, um sie aus der Welt der Lebenden zu zerren.
    Chess spürte jedes Zupacken

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