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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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auch ein Dutzend; Chess war im Moment außerstande sie zu zählen.
    Sie erkannte keine von ihnen wieder. Und darüber war sie auch froh; so musste sie sie nicht mit den lebendigen Frauen in Verbindung bringen, die sie einmal gewesen waren, oder mit den Leichen, die sie auf der kalten Straße gefunden hatte. Am schlimmsten war nicht die triumphierende Gier der Geisterfrauen, auch nicht der Anblick, wie sie den magisch gefangenen Freiern, die auf ihnen lagen, mit glühender Haut das Leben aussaugten.
    Nein, es waren die Augen, blutige Augäpfel, die inzwischen ein wenig verschrumpelt und schwarz verfärbt waren. Man hatte sie den Geisterfrauen in die Augenhöhlen gepflanzt, was sich in der überirdischen Perfektion ihrer Gesichter wie ein kranker Scherz ausnahm.
    Chess’ Mund wurde schlagartig trocken, und einen langen, Übelkeit erregenden Moment konnte sie nichts tun, als auf den unfassbaren Schrecken zu starren.
    Die Geisterfrau im nächstgelegenen Bett sah grauenhaft schön aus, und in Chess wuchs das Verlangen, zu ihr zu gehen, sie zu berühren und mit eigenen Sinnen zu erleben, wie sich diese Vollkommenheit anfühlte. Auch hinter ihr machte jemand einen Schritt nach vorn und hielt dann inne; vielleicht hatte der unempfängliche Lex den Unglücklichen zurückgehalten.
    Vielleicht war der aber auch von selbst stehen geblieben, weil er plötzlich sah, wie der Freier auf der Geisterfrau zu schmelzen schien, während dessen Augen starr und leblos aus dem schmerzverzerrten Gesicht stierten. Vielleicht hatte er auch die Flecken auf der Matratze bemerkt, die sich bildeten, wenn die überstrapazierten, wund gewordenen Körperteile ein ums andere Mal aufplatzten und bluteten, weil sie nur noch aus rohem Fleisch bestanden. Alles war mit Blut, Sperma, Schweiß und Speichel besudelt. Es stank, und am Boden hatte sich eine langsam gerinnende Lache aus menschlichen Körperflüssigkeiten gesammelt.
    Doch noch immer zuckten die Männer mit den Hüften und betatschten die Geisterfrau unter ihnen. Sie waren gefangen in einer Falle, die sie umso heftiger festhielt, je mehr sie sich bewegten. Chess schmeckte beißende, bittere Galle; sie kämpfte gegen die Übelkeit an und zwang sich, lieber nach einer Möglichkeit zu suchen, diesem Schrecken ein Ende zu machen, statt ihre arme Seele, die schon viel zu viel davon gesehen hatte, noch weiter damit zu quälen.
    Sollte sie zuerst die Psychopomps hereinrufen oder lieber versuchen, die Männer loszueisen? Natürlich wusste sie gar nicht, ob sie die Männer wirklich befreien konnte oder ob die Vögel ihnen nicht einfach die Seele aus ihren Körpern zerren und ebenfalls in die Stadt der Toten tragen würden. Sie wusste auch nicht, ob sie überhaupt noch lebensfähig waren, wenn man sie befreite. Der Mann direkt vor ihr bestand nur noch aus Haut und Knochen, die Lippen über den Zähnen waren geschrumpft, und die Kopfhaut schimmerte durch seine dünnen, strohigen Haare.
    Wahrscheinlich sollten sie trotzdem einen Befreiungsversuch unternehmen. Und sobald sie frei waren, konnte man einfach die Vögel hereinlassen. Die eisernen Handfesseln und der elektrische Strom waren kein Problem für ...
    Der Aufschlag zwang sie auf dem dreckigen Teppich in die Knie. Bevor sie wusste, wie ihr geschah, sprang sie schon wieder auf und warf sich rein instinktiv nach vorne. Ihre Haut brannte und juckte, die Tätowierungen glühten so heiß, dass es schmerzte. Sie wollte schreien, aber sie war zu verängstigt.
    Sie wusste nicht, wieso und was als Nächstes passieren würde, aber ihr war klar, dass die schwarzmagischen Abwehrzauber ausgelöst worden waren.
    Das Fenster vor ihr hatte eine völlig verdreckte Scheibe, durch die sie die Vögel, die draußen ihre endlosen Kreise zogen, kaum erkennen konnte. Aber sie gehorchten ihr trotzdem. Und sie warteten auf Anweisungen.
    Jedenfalls jetzt noch. Scheiße, sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. Nicht die geringste Idee, und langsam fiel ihr das Atmen schwer. Ihre Beine zitterten, ihre Sicht trübte sich. Der Abwehrzauber saugte ihr Energie ab.
    Den anderen erging es nicht besser. Durch die Schlafzimmertür sah sie Lex’ und Terribles Leute, die noch im Flur und auf der Treppe standen und sich am klapprigen Geländer oder am Nebenmann festhielten. Wenn sie sich jetzt nicht langsam mal was einfallen ließ, würden sie alle sterben.
    »Fletcher!« Wo steckte er denn bloß? War das Staub, was hier die Luft so schwer und dunkel machte?
    Nein. Der schreiende Schmerz

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