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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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war, sondern weil sie Angst hatte.
    Der Mörder und sein Geist waren hier.
    Ein Hellseher klappte neben ihnen geschäftig einen Tisch auf und stellte seine Glaskugel darauf. Chess starrte sie an, ohne sie richtig wahrzunehmen. Sie registrierte, dass Lex mit ihr redete, hörte ihn aber nicht. Wo waren sie? Sie war sich sicher, dass sie hier waren. Sie fühlte sie, und die Energie wurde von Minute zu Minute stärker.
    Einen Augenblick lang erschien ein Gesicht in der fleckigen Oberfläche der Glaskugel. Lang gezogen und traurig sah es aus. Der Mund verzog sich zu einem stummen, gequälten Schrei, bevor das Bild verblasste.
    »Is was, Tülpi?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihr Mund war zu trocken zum Sprechen, und in ihren Lungen war nicht genug Luft, um einen Ton herauszubringen. Das Gewühl, all diese Menschen um sie herum, all diese schwitzenden, stinkenden Körper, die sich aneinanderdrängten, sich berührten, sie berührten, all die Keime, die durch die Luft flogen, in ungewaschene Mäuler gesogen und wieder ausgeatmet wurden.
    Sie schien schlecht zu hören. Sie konnte kaum den Avengers- Song verstehen, der jetzt wie aus großer Entfernung zu ihr herüberwehte. »Sie sind hier«, stieß sie hervor, aber die Worte kamen wie Schleifpapier durch ihre trockene Kehle. Sie schluckte und versuchte es noch einmal. »Sie sind hier, Lex, sie sind hier, sie sind ganz in der Nähe.«
    Sogar hier ... sogar hier, im entlegensten, düstersten Winkel von Downside, wo nicht einmal Slobag uneingeschränkte Macht besaß, folgten sie ihr und beobachteten sie.
    Die grellen Farben und die Gerüche des Marktes rissen sie in einen Übelkeit erregenden, chaotischen Strudel wie bei einem Sizzle-Horrortrip. Lex umklammerte ihre Hand so fest, dass es wehtat, oder vielleicht war es auch andersrum, ganz bestimmt war es andersrum. Und währenddessen pulste immer noch die fremde Energie in ihr, so unersättlich und schrecklich, dass sie sich kaum auf den Beinen halten konnte.
    Aber sie stand noch, zwang ihre Beine, sie zu tragen und sich zu bewegen. Sie mussten hier irgendwo sein, und sie würde sie finden. Sie hatte keine Ahnung, ob sie wussten, dass sie sie bemerkt hatte oder nicht, und würde sie auch bestimmt nicht warnen wollen, aber wenn sie sie jetzt finden, sie jetzt schnappen konnte ...
    Ohne zu überlegen, schob sie sich durch die Gänge, kehrte um, wenn die Energie schwächer wurde, und ging ihr nach, wenn sie sich verstärkte. Scheiße, war die stark, fast so stark wie die reine Erdenergie, die sie damals am Chester Airport durch sich hindurch geleitet hatte, stärker als alles, was sie jemals bei einem menschlichen Beschwörer gespürt hatte. Und sie folgte der Energie, weil sie musste, trotz der schieren Angst, die mit jedem Schritt in ihr wuchs, und obwohl es mit jedem Schritt schwieriger wurde, durch den schmierigen Dunst krankhafter Begierde noch zu atmen.
    Sie waren jetzt nahe, ganz nahe. Lex wich nicht von ihrer Seite, und das Gefühl seines Körpers neben ihr war überwältigend, reichte beinah, um sie abzulenken. Aber nur beinahe, denn sie war jetzt nahe dran, ganz nahe. Sie waren gleich um die Ecke, und vielleicht war es eine Falle, aber sie konnte nicht anders, denn wenn es keine war und sie die beiden schnappte, bevor sie noch ahnten, dass sie ihnen auf den Fersen war - da!
    Lex stieß ein ersticktes Keuchen aus, als sie ihm vor lauter Hast fast den Arm auskugelte.
    Der Mörder ging durch den Ausgang da drüben. Sie wusste nicht, warum sie sich so sicher war, sie wusste es einfach. Sie wusste, dass der Klamottenzipfel, der gerade eben in dem groben Mauerloch verschwand, dem Mörder gehörte.
    Sie könnten ihn schnappen, sie und Lex. Lex sauste durch die Öffnung in der Mauer, ohne irgendwelche Fragen zu stellen. Chess machte ebenfalls keine Worte.
    Sie rannten, und ihre Schritte auf dem Kopfsteinpflaster waren abgesehen von der wummernden Musik des Marktes, die hinter ihnen immer leiser wurde, das einzige Geräusch auf der winterkahlen Straße. Chess keuchte, und ihr Atem klang unnatürlich laut in ihren Ohren. Sie umklammerte den Messergriff so fest, dass es schmerzte, und biss die Zähne zusammen.
    Vor ihnen rannte der Mörder, warf nur einmal einen Blick zurück. Er tauchte nach rechts ab. Der Mantel flatterte hinter ihm her, als winkte er zum Abschied.
    Näher. Sie holten auf, jagten ihn durch Straßen, die sie noch nie zuvor gesehen hatten. Wenn sie ihn jetzt erwischten, konnten sie allem ein Ende machen.
    Ihre Tasche

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