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Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Krahlisch
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trotzdem: Ich laufe ins Wohnzimmer. Auch hier ist alles in Ordnung. Ich muss lachen, als ich den Fernseher sehe. Warum hatte ich solche Angst um den Fernseher? Viel schlimmer wäre es doch, wenn der Computer weg wäre, mit all den Fotos der vergangenen Jahre. Einen Fernseher kann man ersetzen. Wir sind schließlich gut versichert. Aber die Fotos und Erinnerungen wären für immer verloren. Im Traum habe ich nicht eine Sekunde an den Computer gedacht. Und dann dieses Chaos. Ich wundere mich, dass ich im Traum so ruhig geblieben bin. Ich gehe zurück in den Flur. Beim Blick auf die Kommode wird mir klar, warum ich ausgerechnet von einem Einbruch geträumt habe. Auf der Kommode liegt die Post der vergangenen Tage. Gestern war ein Flugblatt im Briefkasten. Es war ein Hinweis der Polizei, die Haus- und Wohnungstüren gut abzuschließen, weil es in der vergangenen Zeit vermehrt zu Einbrüchen in unserer Straße gekommen ist. Besonders in Altbauwohnungen mit Flügeltüren wurde häufig eingebrochen, schrieb die Polizei und schlug eine Nachrüstung von Spezialschlössern vor. Unterzeichnet war das Flugblatt mit »Der Polizeipräsident«.
    Unsere Wohnung verfügt sogar über ein solches Spezialschloss. Ein sogenanntes Stangenschloss, das die Flügeltüren sowohl nach oben als auch nach unten zusätzlich sichert. Aus purer Faulheit benutze ich dieses Zusatzschloss aber nie. Ich fand es übertrieben, die Wohnung mit zwei unterschiedlichen Schlössern zu sichern. Vielleicht ist es nun aber an der Zeit, das zu ändern. Ich gehe zur Tür und schließe auch das Stangenschloss. Ich zittere noch immer. Mir ist unglaublich kalt. Zum Glück ist Sonntag, ich gehe zurück ins Schlafzimmer und lege mich wieder ins Bett. Nach ein paar Minuten greife ich zum Briefpapier auf dem Nachttisch und schreibe an Heribert. Ich schreibe ihm von meinem Traum und von meiner Angst um den Fernseher. Ich schreibe »DEINEN Fernseher«. Er wird sicher lachen, wenn er das liest, denn der Fernseher ist sein Baby. Ich glaube, wenn er sich entscheiden müsste, zwischen mir und dem Fernseher, hätte ich schon verloren.
    Als vor ungefähr einem Jahr unser alter Röhrenfernseher kaputtging, musste Heribert unbedingt dieses große schwarze Flachbild-Monster kaufen. Der Fernseher war richtig teuer, dabei ist Heribert sonst sehr sparsam. Für unsere alte Wohnung war der neue Fernseher viel zu groß. Es war ein Ungetüm. Als Heribert ihn aufstellte, erschrak ich und hätte am liebsten geheult. Dieser Fernseher war so überdimensional groß, dass er alle Blicke auf sich zog. Ich hasste ihn. Heribert hingegen fand den Fernseher großartig. »Jetzt brauchen wir nicht mehr ins Kino gehen«, sagte er stolz. »Das ist doch wie Heimkino«, verkündete Heribert nach erfolgreichem Aufbau mit einem breiten Grinsen.

    Als ich mit dem Briefschreiben fertig bin, merke ich, dass ich noch immer zittere. Ich fühle mich ganz schwach, mein Hals tut weh. Ich fürchte, ich werde krank. Ich hasse es, krank zu sein. Und noch mehr hasse ich es, krank zu sein, wenn niemand da ist, der mich bedauert, sich um mich kümmert und mir Tee kocht. Wenn es mir gutgeht und Heribert ist weg, dann ist das schon irgendwie in Ordnung. Ich kann ausgehen und mich ablenken. Wenn es mir allerdings schlechtgeht und er ist weg, geht es mir gleich doppelt so schlecht. Dann mache ich ihm Vorwürfe. Dann bin ich böse zu ihm, sobald er anruft. Dabei wäre er mir zu Hause auch keine große Hilfe. Wenn ich krank bin und versuche, ihm einen Kuss aufzudrücken, sagt er höchstens: »Geh weg, du steckst mich noch an.« So etwas Gemeines würde ich nie sagen. Wenn Heribert krank ist, denke ich überhaupt nicht an mich und an meine Gesundheit. Ich bemuttere ihn und gehe in meiner Rolle als Krankenschwester auf.
    Wo ist eigentlich Heriberts schöner dicker brauner Schal? Ich fange an, in seinem Schrank danach zu suchen. Er wird ihn doch nicht mitgenommen haben? Da, wo er im Moment unterwegs ist, sind es fast 30 Grad. Da braucht er keinen Schal. Ich muss vorsichtig sein, wenn ich Heriberts Schrank durchsuche. Sein Schrank ist nämlich Sperrgebiet. Der ist privat, und da darf ich nicht ran, das sagt er mir immer wieder. »Ich sehe es genau, wenn du an meinem Schrank warst und etwas fehlt«, droht er mir vor jeder Reise. Er hat große Angst davor, dass ich seine alten Sachen aussortieren und wegwerfen könnte. Sachen, die er sowieso nicht mehr trägt, alte T-Shirts mit Löchern und in undefinierbaren Farben. Ich stelle

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