Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)
liebt dich viel zu sehr.«
»Sicher?«
»Ganz sicher!«
»Danke!«, flüstere ich. Dann merke ich, wie meine Augen feucht werden.
»Ach Nancy«, sagt Meike. Sie setzt sich neben mich und nimmt mich in den Arm.
»Nicht!«, sage ich schluchzend. »Sonst wird es nur schlimmer.« Ich muss lachen und kann trotzdem ein paar Tränen nicht zurückhalten.
Malakka-Straße, 11. 09. 2005
Hallo, meine liebe Nancy,
schade, dass du meinen letzten Brief nicht bekommen hast. Ich glaube, ich fange einfach noch mal da an, wo ich beim ersten Brief aufgehört habe.
Ich hatte in Durban leider keine Zeit, an Land zu gehen, weil ich die ganze Zeit Ladungswache hatte. Ich hoffe, du warst nicht böse auf mich. Nach Durban ging es dann erst einmal nach Kapstadt und von da aus dann nach Cotonou in Benin.
Ich erzähle dir erst einmal, was mir in Benin so alles passiert ist. Benin ist ein kleines Land an der Westküste Afrikas. Der Hafen da war ziemlich dreckig, überall lag Müll rum, es stank immer ein bisschen, und es war furchtbar heiß. Wie in jedem Hafen ging ich mal wieder Ladungswache. Zwölf Stunden am Tag, in denen ich die Ladungs- bzw. Löscharbeiten überwachte. Ich hatte ziemlich viel zu tun, weil ständig etwas kaputtging. Immer wieder stießen Container gegen die Schiffswand. Also musste ich viele Berichte über die Schäden schreiben. Als ich dann zwischendurch endlich mal frei hatte, bin ich zum Kapitän gegangen, um ihm meine Post zu geben und einen Landgangspass zu holen. Er gab mir den Pass, drückte mir ein bisschen Geld in einheimischer Währung in die Hand und wünschte mir viel Spaß. Die Post gab er dem Agenten. Der hatte versprochen, sie aufzugeben, doch wahrscheinlich hat er sie einfach weggeworfen. Zumindest ist sie nicht bei dir angekommen. Leider. Na egal, auf jeden Fall bin ich dann erst einmal in den Hafen gegangen, um mir einen Führer mit Fahrzeug zu organisieren. Ich wollte doch ein Internetcafé finden, um meine Mails zu checken und um dich anzurufen. Ich fragte mich also durch den Hafen, bis ich einen älteren Herrn fand, der mir vertrauenswürdig erschien. Ich sprach ihn auf Französisch an. Er sprach kein Englisch. Wir vereinbarten einen Preis, ich setzte mich zu ihm aufs Motorrad, und wir fuhren raus aus dem Hafen. Kaum waren wir draußen, bot sich mir ein Anblick, den ich so schnell nicht wieder vergessen werde. Tausende Menschen liefen kreuz und quer über die Straßen. Viele fuhren Motorrad, ab und zu sah ich ein Auto. Es gab keine Ampeln, überall nur Chaos. Wir fuhren also mitten durch diesen Tumult, streiften einige Male andere Motorräder und entfernten uns immer mehr vom Hafen. Ich versuchte einen großen Industrieschornstein im Blick zu behalten, um nicht völlig die Orientierung zu verlieren. Aber irgendwann konnte ich auch den Schornstein nicht mehr sehen. Nach etwa 20 Minuten blieb mein Fahrer dann plötzlich vor einem kleinen Haus stehen. Es sah aus wie all die anderen kleinen Häuser in der Umgebung, aber mein Fahrer sagte, im dritten Stock sei ein Internetcafé. Also ging ich hinein. Ich stieg die Treppen hinauf. Alles in dem Haus war dunkel und schmutzig. Im dritten Stock angekommen, sah ich nur eine Tür. Ich klopfte und wartete. Nach einiger Zeit wurde die Tür einen Spalt geöffnet, und ein junger Mann fragte mich, was ich wolle. Ich sagte nur »Internetcafé« und wurde reingelassen. Mir kam es fast so vor, als würde ich etwas Verbotenes tun. Drinnen war alles mit Computern vollgestopft. An der einen Seite des Raumes gab es sogar zwei kleine Telefonzellen. Als ich sie sah, freute ich mich riesig. Ich würde dich anrufen können. Letztlich habe ich dich auch von da angerufen. Ich surfte noch ein bisschen im Internet, bezahlte meine Rechnung und hoffte, dass mein Fahrer plus Motorrad noch da wären. War er dann zum Glück auch. Ansonsten hätte ich nicht gewusst, wie ich wieder zum Schiff zurückkommen sollte. Wir fuhren also wieder kreuz und quer durch die Stadt zum Hafen zurück. Ich war heilfroh, als ich dort wieder unversehrt ankam.
Am nächsten Tag stachen wir dann wieder in See. Unser Ziel hieß Tema in Ghana. Dort war nicht viel los. Der Kapitän hatte die Zollbehörden und die Einwanderungsbehörde wahrscheinlich nicht genug bestochen, zumindest gab es keine Landgangspässe. Ach ja, der Chief Engineer wollte US-Dollar tauschen. Das hat er dann auch getan, als ein paar Händler an Bord kamen. Doch leider haben sie ihm 400 Dollar Falschgeld gegeben. Als er das
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