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Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Krahlisch
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eine Stunde. Inzwischen war es dunkel. Irgendwann parkte der Agent sein Auto am Hafen vor einer Art Sicherheitsschleuse. Zu dritt gingen wir durch ein Tor zu einem Flachbau. In einem kleinen Büro kontrollierten zwei Sicherheitsmitarbeiter unsere Papiere und unser Gepäck. Ich musste meinen gesamten Rucksack ausräumen. Die Situation war mir unglaublich peinlich. Vladimir hatte nicht halb so viele Sachen dabei wie ich. Er sollte sechs Monate an Bord bleiben. Ich nur drei Wochen.
    Der Agent verabschiedete sich schnell wieder. Vladimir und ich bekamen jeder eine gelbe Weste, dann setzten uns die Sicherheitsmänner in einen kleinen Bus voller Hafenarbeiter. Der Bus fuhr los, und alle paar Minuten rief einer der Arbeiter »Stopp« und sprang aus dem Fahrzeug. Das Hafengelände war riesig. Überall fuhren mit Containern beladene LKW. Überall bewegten sich riesige Kräne. Ich versuchte, Heriberts Schiff in der Dunkelheit auszumachen, aber alle Schiffe sahen gleich aus. Ich versuchte, die Schiffsnamen zu lesen. Meistens gelang es mir nicht. Irgendwann waren alle Hafenarbeiter ausgestiegen. Ich sah hinüber zu Vladimir, aber der zuckte nur mit den Schultern. Der Bus fuhr immer weiter, irgendwann rief der Busfahrer uns zu, wir seien da. Wir waren erleichtert, bedankten uns und stiegen aus.
    Inzwischen war es fast 23 Uhr, auf dem Hafengelände herrschte noch Hochbetrieb. Es war laut, und ich hatte Angst, von einem Kran oder LKW überfahren zu werden. Das Schiff erschien mir riesig, dabei ist es eines der kleineren Modelle. 175 Meter ist es lang. Vladimir lief auf die Gangway zu, ich folgte ihm. Er stieg die Stufen hinauf, ich hinterher. Ich beneidete ihn um sein leichtes Gepäck. Ich hielt mich am Geländer fest, aber das hätte ich besser nicht tun sollen. An meinen Händen klebte schwarzes Schmieröl. Als wir oben ankamen, standen dort zwei weitere Sicherheitsleute. Eine Jamaikanerin und ein kiribatischer Matrose. Viele Seeleute in Heriberts Reederei sind Kiribatis. Sie stammen von den Kiribatischen Inseln, einer kleinen Inselgruppe im Südpazifik. Wir nannten unsere Namen, trugen uns in eine Liste ein, und die Jamaikanerin nahm uns die gelben Westen ab. Nun bekamen wir Sicherheitshelme. Der Matrose sprach in sein Funkgerät. Er sagte, der neue Erste Offizier sei da, und die Frau vom Zweiten Offizier. Er sagte tatsächlich »wife«. Gleich würde Heribert kommen, um mich zu begrüßen, dachte ich. Seit zwei Monaten hatte ich ihn nicht gesehen. Mein Herz klopfte vor Aufregung.
    Dann kam er auch schon. Er trug blaue Jeans, ein braunes Polohemd und dazu braune Sneaker. Sein Funkgerät hatte er in der linken Hand. Er hatte schon wieder abgenommen. Er sah gut aus, braungebrannt und frisch rasiert. Er lächelte mich an, begrüßte aber zunächst den Ersten Offizier und danach erst mich. Er wirkte zurückhaltend und reserviert. Ich war enttäuscht. Unser Wiedersehen hatte ich mir eigentlich etwas euphorischer vorgestellt. Ich wäre ihm am liebsten um den Hals gefallen, traute mich aber nicht. Ein weiterer kiribatischer Matrose wollte mir den Rucksack abnehmen. Ich bedankte mich, behielt ihn aber auf dem Rücken. Wenn ich schon einen so schweren Rucksack packte, musste ich ihn auch selbst tragen können. Der Matrose zeigte Vladimir den Weg. Heribert sprach noch kurz mit den Sicherheitsleuten, dann machten auch wir uns auf den Weg. Wir gingen in das Schiffsinnere. Das Deck hieß Poop-Deck. Wir stiegen ein paar Treppen hinauf. Jedes Stockwerk oberhalb des Poop-Decks hatte einen Buchstaben. Los ging es mit A. Heribert wohnte auf dem D-Deck. Er lief voraus und trug meinen Rucksack. Ich konnte nicht widerstehen und kniff ihn in den Hintern. Er erschrak und zischte mir ein »Lass das« zu. Aber er musste dabei lachen. Als wir in seiner Kammer ankamen und die Tür hinter uns geschlossen hatten, bekam ich endlich einen richtigen Kuss und eine feste Umarmung. Am liebsten hätte ich Heribert nie wieder losgelassen. Ich dachte, wir würden nun unser Wiedersehen feiern, aber eine Stimme aus dem Funkgerät rief schon wieder nach ihm. Ich wunderte mich, dass Heribert überhaupt etwas von dem verstehen konnte, was am anderen Ende gesagt wurde. Ich verstand kein Wort. »Ich komme gleich zurück«, sagte er zu mir. Dann war er weg.
    Ich habe mich erst einmal in seiner Kammer umgesehen. Der Raum ist etwa 25 Quadratmeter groß, es gibt ein Bett, ein Sofa, zwei Sessel, einen Schreibtisch, einen Fernseher, einen Kühlschrank und ein kleines

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