Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)
und Sonne pur. Aber hier drinnen läuft die Klimaanlage auf Hochtouren. Im Inneren des Schiffes bräuchte man fast einen Pullover. Durch das Fenster sehe ich die schönsten Strände. Von wegen nur Industriegebiet. Das Schiff verlassen darf ich trotzdem nicht. Aber ich werde etwas nach draußen an Deck gehen, um mir die Beine zu vertreten. Und um mich aufzuwärmen.
12.00 Uhr
Es war wirklich schön draußen. Ich traf den Auszubildenden Herrn Stabler, der die Rettungsringe neu beschriften musste. Auf Anweisung von Heribert. Ich hielt ihn etwas von seiner Arbeit ab, und wir plauderten ein wenig miteinander. Er scheint wirklich ganz nett zu sein. Er ist ziemlich ruhig, aber ich habe ihn die ganze Zeit ausgefragt. Sein Vater ist auch Kapitän, genau wie bei Heribert. Sein Vater fährt noch aktiv zur See. Vater und Sohn haben sich schon seit über einem Jahr nicht mehr gesehen. In einem Monat darf er aber nach insgesamt sieben Monaten Fahrtzeit wieder nach Hause.
Herr Stabler besucht eine Seefahrtschule in Cuxhaven. Nach der Ausbildung ist er Schiffsbetriebstechnischer Assistent. Im Anschluss an die Ausbildung möchte er noch Nautik studieren. Die Arbeit unten im Maschinenraum gefällt ihm nämlich doch nicht so gut, wie er dachte. Er hat gesagt, er würde lieber auf der Brücke stehen. Das habe er auf dieser Reise festgestellt. Es war seine erste Schiffsreise, und an seinem ersten Tag an Bord ging es ihm ähnlich schlecht wie mir. Das macht einen angehenden Seemann natürlich etwas nervös, aber ab dem zweiten Tag war alles wieder in Ordnung.
14.00 Uhr
Heribert rief mich vorhin an und meinte, ich solle schnell nach unten kommen. Sie hätten ein riesiges Bienennest an einem der Container gefunden. Bienen habe ich dann zwar nicht gesehen, dafür aber die Auszubildenden Luttkus und Stabler in Chemie-Schutzanzügen, mit Atemmaske und bewaffnet mit Spraydosen. Sie kamen gerade von ihrem erfolgreichen Einsatz gegen die blinden Passagiere zurück. Die beiden waren komplett am Ende. In den Anzügen muss es unerträglich heiß gewesen sein.
Ich setzte mich anschließend noch mit den beiden in die Messe. Allein der Riese Luttkus verschlang nahezu eine halbe Packung Toastbrot und fast ein komplettes Glas Nutella. Kein Wunder, dass es an Bord ständig einen Schokocreme-Engpass gibt.
Apropos Essen. Heute Mittag gab es Lachs. Und der war wirklich sehr gut. Aber anscheinend mögen Seemänner, mal ganz abgesehen von den Kiribatis, keinen Fisch. Heribert mag keinen Fisch, und auch die Herren Luttkus und Stabler erzählten mir heute, sie würden keinen Fisch essen. Heribert nennt Fische immer »Außenbordkameraden«. Und die könne man schließlich schlecht essen. Diesen Spruch hat er von seinem Vater. Und die Auszubildenden nennen Fische jetzt auch schon so.
Tag 19 – Auf dem Weg nach San Juan (Puerto Rico)
14.00 Uhr
Ich habe heute Kuchen Nummer zwei gebacken. Und siehe da: Der sah am Ende tatsächlich aus wie ein richtiger Kuchen. Zwar ist erst morgen Sonntag, aber morgen sind wir eventuell in San Juan auf Landgang.
16.00 Uhr
Im Moment heißt es, dass wir um 20 Uhr ankommen. Ich hoffe aber, dass wir noch etwas warten müssen, damit wir nicht gleich morgen früh wieder ablegen. Ich möchte doch so gern noch mit Heribert an Land.
22.30 Uhr
Schade. Wir sind tatsächlich schon in Puerto Rico angekommen. Morgen früh um 6 Uhr legen wir schon wieder ab. Es wird wohl nichts aus unserem Landgang. Dabei wollte ich doch so gern noch ein paar Mitbringsel kaufen und endlich meine Postkarten abschicken. Jetzt hat Heribert die Auszubildenden gefragt, ob sie mich mitnehmen könnten. Wahrscheinlich hat er gar nicht gefragt, sondern ihnen eine Order gegeben. Und wahrscheinlich haben die Auszubildenden sich nicht getraut, nein zu sagen, und nun hängt ihnen die Freundin vom Zweiten Offizier an den Hacken. Die werden sich bedanken. Und wenn sie ganz viel Pech haben, kommt der Kapitän auch noch mit.
22.40 Uhr
Herr Luttkus rief gerade an. Der Kapitän geht doch nicht mit an Land. Glück gehabt. Dafür gehen wir aber gleich los. Und Heribert muss in einer Stunde schon wieder arbeiten.
4.30 Uhr
Puerto Rico ist wirklich schön. Zu gern hätte ich die Insel bei Tageslicht gesehen. Puerto Rico gehört übrigens zu den USA, und weil wir mit dem Schiff eingereist sind, brauchte ich ein US-Visum. Mit einem Taxi sind drei der Auszubildenden und ich in die Stadt gefahren. Dann haben wir uns auf die Suche nach einer netten Bar mit
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