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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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düster
fort: »Vielleicht ist das alles ja nur die halbe Wahrheit? Stellt euch nur mal
vor, der Schrotttanker dort draußen wäre gar nicht verunglückt.«
    »Sondern?«
    »Nun, vielleicht hat ja jemand ein bisschen
nachgeholfen … könnte doch sein, oder?«
    Für eine kurze Weile herrschte Sprachlosigkeit. »Das …
das wäre ja geradezu monströs«, stammelte Karin mit aufgerissenen Augen. »Was
bringt dich zu dieser Vermutung?«
    »Vergiss es gleich wieder. Es ist nicht mehr als ein
Gedanke, der sich durch nichts beweisen lässt – bis jetzt zumindest. Und ich
hoffe, das bleibt auch so.«
    Karin trat auf ihn zu. »Was soll das heißen, Pablo?
Hast du Informationen, die in diese Richtung gehen? Dann gib sie mir, bitte.«
Als sie sein Zögern bemerkte, schüttelte sie den Kopf. »Das wäre wirklich zu
ungeheuerlich. Ich traue den Rottmanns ja einiges zu, aber so was – nein, so
was nicht! Niemals! Man muss sich das mal vorstellen: Eines Geschäftes wegen
siebenundsiebzigtausend Tonnen Rohöl ins Meer fließen zu lassen …
unvorstellbar! Wer so was tut, muss durch und durch amoralisch sein.«
    »Pah, Moral! Wo’s um Millionen geht, bleibt die Moral
fast immer auf der Strecke.«
    »Im Übrigen halte ich so was für gar nicht
durchführbar«, fuhr Karin fort. »Moderne Tanker haben doch alle denkbaren
Sicherheitsvorkehrungen, um genau das zu verhindern, oder? Da müsste schon
einer mit ‘ner Kanone draufhalten, denke ich.«
    »Moderne Tanker haben das vielleicht. Aber hast du
auch nur die geringste Ahnung davon, wie viele altersschwache Riesenkähne in
einwandiger Bauweise noch über die Weltmeere schippern?«, erregte sich Pablo.
»Und genau zu dieser Sorte gehört die ›Prestige‹. Das ist kriminell!« Er ging
ein paar Schritte hin und her, um sich abzureagieren.
    »Und was wollt ihr dagegen tun?«
    »Die Frage ist nicht, was wir dagegen tun wollen , sondern was wir tun können .
Auf jeden Fall zu wenig. Schon jetzt handelt es sich um die größte
Umweltkatastrophe, die die Welt je gesehen hat – die ›Exxon Valdez‹ und das BP -Unglück im Golf von Mexiko eingeschlossen. Und sie
wird mit jedem Tag schlimmer.«
    »Siehst du da nicht ein bisschen zu schwarz, Pablo?
Noch ist ja nicht erwiesen, dass deine Befürchtungen zutreffen, immerhin hat es
bei uns am Bodensee ganz gut geklappt. Was macht dich eigentlich so sicher,
dass sich Biotecc auf einem Irrweg befindet?«
    »Namhafte Biochemiker, darunter Professor Ramirez von
der Universidad Rey Juan Carlos in Madrid, sind der Überzeugung, dass das
Verfahren nicht funktionieren kann . Nicht nur wegen
falsch interpretierter chemischer Reaktionen, sondern vor allem deshalb, weil
die Meere zusätzlich zum Öl auch mit unvorstellbaren Mengen an Chemikalien
belastet würden.«
    »Selbst wenn du recht hast: Was wäre die Alternative?
Kennst du einen anderen Weg, um der Katastrophe Herr zu werden?«
    Pablo knurrte nur etwas Unverständliches.
    Bestrebt, das Gespräch wieder in sachlichere Bahnen zu
lenken, fragte Karin: »Habt ihr eigentlich noch weitere Leute hier?«
    »Wir sind zu sechst. Morgen stoßen noch zwei weitere
Helfer zu uns. Im Grunde machen wir hier drei Dinge. Erstens: Wir dokumentieren
die Schäden durch das auslaufende Öl. Das machen andere Stellen zwar auch, aber
wir verlassen uns lieber auf unsere eigenen Beweise. Zweitens: Wir wollen
ermitteln, wie sich der Unfall abgespielt hat – falls es denn einer war. Und
drittens wollen wir wissen, wer dafür verantwortlich ist und ob dahinter ein
Manipulationsversuch stecken könnte.«
    »Und wieso macht ihr das?
Die regionalen Behörden und vor allem eure Politiker müssten doch das größte
Interesse daran haben, die Zusammenhänge aufzuklären?«
    »Hör mir auf mit denen!«, winkte Pablo ab. »Das ist
die Enttäuschung meines Lebens. Unsere Politiker versuchen, die Katastrophe
kleinzureden. Dazu wird auf die Medien massiv Einfluss genommen. In keinem
Fernsehkanal wirst du Worte wie ›Ölpest‹ oder ›schwarze Flut‹ hören, da reden
sie bestenfalls von auslaufendem Öl. Und obwohl an der Küste jede Hand dringend
gebraucht wird, war von der Armee, die doch eigentlich zum Schutze des Landes
unterhalten wird, bis gestern nicht viel zu sehen. Geschweige denn, dass sich
Regierungsmitglieder vor Ort blicken lassen oder wenigstens ausreichend Mittel
bereitstellen. Einzig der König hat kurz vorbeigeschaut.«
    »Wie wollt ihr als kleiner Verband da etwas
ausrichten?«
    »Unterschätze den organisierten

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