Seepest
am Steuer erwartete. Sie hatte
das Zeug zu einer Rallyefahrerin. Die Art, wie sie aus einem Motor das Letzte
herausholte und bei Kurven grundsätzlich die Ideallinie suchte, jagte ihm kalte
Schauer über den Rücken. Andererseits gewannen sie auf diese Weise oft kostbare
Zeit, ein Faktor, der nicht hoch genug eingeschätzt werden konnte. Dabei war es
gleichgültig, ob sie sich auf dem Weg zu einem Tatort, einer Festnahme oder
einer Vernehmung befanden.
So gesehen war es nicht weiter verwunderlich, dass ihr
Wagen bereits zwanzig Minuten später auf dem Parkplatz des Ludwigshafener
Seehotels ausrollte.
Mit wackligen Beinen entstieg Wolf dem Wagen, dicht
gefolgt von Jo. Er blieb kurz stehen, sortierte seine Glieder und schlug den
Weg zum Hoteleingang ein. Auf halber Strecke fiel ihm auf, dass der Neue
fehlte. Ungeduldig drehte er sich um, seine Augen zu Schlitzen verengt.
Jetzt erst kletterte Terry aus dem Wagen. Mit
gesenktem Blick hielt er sich am Rahmen fest, bevor er tief Luft holte, die Tür
zuschlug und sich zögernd in Bewegung setzte. Je näher er kam, desto blasser
schien er zu werden.
Wolfs Ärger schwand, als es ihm wie Schuppen von den
Augen fiel: Dem armen Jungen war übel. Kotzübel!
Jos Fahrstil hatte ein neues Opfer gefordert.
In einem Anflug von Mitgefühl sagte er: »Glaub mir,
ich kann das nachvollziehen. Ging mir am Anfang genauso. Aber du wirst es
überleben.« Grinsend klopfte er dem jungen Mann auf die Schulter.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Jo. Allerdings
konnte auch sie sich das Lachen kaum verkneifen.
»Jetzt gelte ich in eurer Truppe wohl als Softie,
was?«, murrte Terry und ließ die Mundwinkel hängen.
»Softie?«, echote Wolf und sah ratlos auf Jo.
»Weichei, Warmduscher, Beckenrandschwimmer«, dolmetschte
sie.
»I wo«, tröstete Wolf den Neuen, »für deinen Zustand
gibt es eine ganz einfache Erklärung: das Beifahrersyndrom.«
»Beifahrersyndrom?«
»Ja. Das liegt an Jos Fahrweise, da kann dein Körper
nur mit Kotzen reagieren, noch dazu, wenn du hinten sitzt …«
»Chef!«, brauste Jo auf, schluckte ihren Protest aber
sofort hinunter, denn sie hatten inzwischen die Rezeption erreicht.
Wolf hielt der Hotelangestellten seinen Dienstausweis
hin, ehe er auf den Grund ihres Besuches zu sprechen kam. »Diese Codekarte hier
gehört doch zu einem Ihrer Zimmer, ist das richtig?«, wollte er wissen.
Die junge Frau nickte. »Nummer 22, ein Doppelzimmer im
Neubau, mit Seeblick und Balkon. Ist gerade von zwei Herren belegt, soviel ich
weiß.« Misstrauisch geworden hakte sie nach: »Wie kommen Sie an die Karte?«
»Den beiden Herren ist leider etwas zugestoßen. Um
genau zu sein: Sie sind bei einem Unfall ums Leben gekommen. Wir ermitteln nun
in dieser Sache und möchten uns gerne mal das Zimmer ansehen.«
Erschrocken legte die junge Frau die Hand vor den
Mund. »Ums Leben gekommen? Beide? Mein Gott, das ist ja schrecklich.«
»Vielleicht können Sie uns die Namen der Männer
nennen?«
Sie zögerte kurz, ehe sie einen Blick in das
Reservierungsbuch warf. »Rolf Kauder und Ibrahim Abul«, las sie laut vor.
»Wann wurde das Zimmer an die Männer vermietet und für
wie lange?«
Erneut zog sie das Buch zurate. »Vorgestern Abend
haben sie eingecheckt. Morgen wollten sie wieder abreisen.«
»Ich nehme an, Sie haben sich die Pässe der beiden
zeigen lassen?«
»Natürlich, was glauben Sie?«, entgegnete sie leicht
pikiert. »Kommen Sie, ich bringe Sie hin.«
»Bitte bemühen Sie sich nicht, es reicht, wenn Sie uns
den Weg beschreiben.«
»Sie müssen in den zweiten Stock. Der Lift liegt
gleich gegenüber, Sie können aber auch die Treppe nehmen. Oben gehen Sie den
Flur entlang bis zum nächsten Treppenhaus, das die alten Gebäude mit dem Neubau
verbindet. Dort müssen Sie noch mal eine Etage höher und dann links. Das letzte
Zimmer am Ende des Flurs ist die Nummer 22.«
Wolf bedankte sich und sie machten sich auf den Weg.
Nur wenig später erreichten sie den dritten Stock. Jo,
die vorausging, ließ sich von Wolf die Codekarte geben. Als sie die Tür mit der
Nummer 22 erreichten und sie die Codekarte in den Schlitz stecken wollte,
hielt sie überrascht inne.
»Was ist?«, fragte Wolf ungeduldig.
»Es ist offen«, wisperte Jo über die Schulter zurück.
Sie griff in ihre Manteltasche und brachte ein Paar Latexhandschuhe zum
Vorschein, die sie sich rasch über die Hände zog. Damit fasste sie vorsichtig den
Knauf an und drückte die Tür einen Spalt weit auf.
»So,
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