Seepest
wollen, der Mann habe nicht
gefunden, was er gesucht hat: Woraus folgern Sie das?«
»Hätten wir ihn dann noch angetroffen? Vergiss nicht,
er war noch am Suchen, wir haben ihn verscheucht.«
»Hmm – auch wieder wahr.«
Wolf setzte die Untersuchung der beiden Taschen fort.
Jo hatte sich in der Zwischenzeit die Betten vorgenommen, und Terry verzog sich
ins Bad. Mehrere Minuten lang herrschte geschäftige Stille, bis Wolf einen
überraschten Ruf ausstieß.
»Ei, was haben wir denn da?« Mit diesen Worten
förderte er ein kleines, längliches Kunstlederetui zutage. »Na, wer sagt’s
denn! Ich fresse einen Besen, wenn das keine Autoschlüssel sind.«
Dann nahm er das Fundstück näher in Augenschein. »Muss
sich der Aufschrift nach um einen Mietwagen handeln«, meinte er. »Auf dem Etui
ist der Schriftzug Avis eingeprägt, zusammen mit einer Überlinger
Telefonnummer. Kümmert ihr euch nachher darum? Papiere kann ich keine finden,
liegen vielleicht im Wagen. Ah, hier ist ein weiterer Schlüssel. Könnte, der
eingeprägten Nummer nach, zu einem Safe passen oder einem Schließfach.«
Da Terry offensichtlich noch im Bad beschäftigt war
und Jo sich bäuchlings auf den Boden gelegt hatte, um einen Blick unter die
Betten zu werfen, legte Wolf die Schlüssel neben sich auf den Tisch.
»Chef, hier unten liegt was, aber ich reiche nicht
hin.«
»Musste eben wachsen … oder such dir einen Stock«,
beschied Wolf sie. Er war mit der Durchsuchung der Taschen auf eventuelle
Verstecke hinter dem Innenfutter oder unter doppeltem Boden beschäftigt.
Terry tauchte in der Badezimmertür auf, in der rechten
Hand eine Klobürste schwenkend, und legte sich neben Jo auf den Teppichboden.
Nach mehrmaligem Stochern gelang es ihm, den fraglichen Gegenstand zu
erreichen.
»Nur falls es Sie interessiert, Chef: Terry hat soeben
ein Handy sichergestellt«, jubelte Jo.
»Ein Handy?« Plötzlich war Wolf ganz Ohr.
Mobiltelefone waren wahre Fundgruben, wenn es um Tathintergründe, Tatbeteiligte
und deren Aktionsradius ging. »Und – was sagt es uns?«, wollte er wissen. »Ich
meine, gehörte es den beiden Männern, die hier gewohnt haben?«
Terry winkte enttäuscht ab. »Wenn Sie mich fragen,
dann ist das Kästchen reif für den Müll. Muss ein Elefantenbulle draufgetreten
sein.« In der Tat war das Display in tausend Teile zersprungen, auch das
Gehäuse wies starke Beschädigungen auf.
»Na und?«, brummte Wolf und wandte sich wieder den
Taschen zu. »Gebt das Ding zur KTU – ihr werdet
staunen, was die da noch rausholen.«
Plötzlich hielt er ein Blatt Papier in der Hand. Kaum
hatte er einen Blick darauf geworfen, zog er scharf die Luft durch die Zähne.
»Auweia! Das hat uns gerade noch gefehlt!«, stieß er heiser hervor und ließ
sich in einen der Stühle fallen. Fahrig holte er seine Rauchutensilien hervor,
nahm sich eine Gitanes aus der Packung und zündete sie an, Jos vorwurfsvolle
Blicke geflissentlich übersehend.
Noch einmal zog er an seiner Zigarette, ehe er den
Text des Blattes langsam vorlas: »›Siehe, dies ist eine Warnung, und wer da
will, der nehme zu seinem Herrn einen Weg …‹« Er sah Jo und Terry
herausfordernd an. »Na, was sagt ihr dazu?«
»Könnte aus der Bibel stammen, aus dem Alten Testament
vielleicht«, versuchte sich Jo an einer Antwort.
»Könnte. Tut es aber nicht.«
Plötzlich bekam Jo große Augen. »Scheiße … doch nicht
etwa aus dem Koran?«
Wolfs rechter Zeigefinger stach in ihre Richtung.
»Bingo.«
Nun konnte Terry nicht länger an sich halten. »Damit
bekäme der Fall ja eine völlig neue Bedeutung. Wie kommen Sie ausgerechnet auf
den Koran?«
Wolf reichte das Blatt an ihn weiter. »Ganz einfach:
Ganz oben steht noch etwas anderes … in arabischer Sprache, wenn ich mich nicht
irre. Vermutlich die Übersetzung des deutschen Textes.«
»Auweia«, flüsterte Terry entgeistert.
Jos Bewertung fiel etwas nüchterner aus: »In dem Text
ist recht schwammig von einer Warnung die Rede. Einer Warnung vor was? Und an
wen gerichtet? Also ich würde dem Wisch keine große Bedeutung beimessen, zumal
er keinerlei Hinweis auf den Verfasser enthält. Und falls ihr an eine Art
Bekennerschreiben denkt: Pamphlete dieser Art werden normalerweise nicht
versteckt, ganz im Gegenteil.«
»Schade. Ich dachte schon, wir hätten es mit einem
Terroranschlag zu tun«, sagte Terry bedauernd und bekam vor Aufregung rote
Ohren.
»Langsam, langsam, Leute, keine voreiligen Schlüsse«,
winkte Wolf ab. Er ging
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