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Seerache

Seerache

Titel: Seerache
Autoren: Manfred Megerle
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hatte.
    »Tödlicher Verkehrsunfall bei den Heidenhöhlen.«
    »Na und? Seit wann ermittelt dein Dezernat bei Verkehrsdelikten? Oder steckt etwa mehr dahinter?«
    »Nicht, dass ich wüsste. Alles reine Routine. Danke übrigens, dass du mich fährst.«
    »Ich hoffe, du weißt zu schätzen, welches Opfer ich damit bringe«, brummte Marsberg.
    »Weiß ich, mein Lieber, weiß ich. Dein Magenknurren ist schließlich nicht zu überhören. Oder sollte das Geräusch gerade etwa von mir gekommen sein?«
    Der Unfallort lag kaum hundert Meter hinter dem beschrankten Bahnübergang, an dem die Ausfallstraße in Richtung Sipplingen auf die nördliche Seite der Bahntrasse wechselt. Die Kollegen hatten den gesamten Durchgangsverkehr bereits weiträumig umgeleitet.
    Unmittelbar vor der Schranke versperrte ein Polizeimotorrad die Fahrbahn. Als der Beamte sie erkannte, tippte er an seine Mütze und winkte sie durch.
    Von einem guten Dutzend blinkender Polizei- und Rettungsfahrzeuge diffus beleuchtet, glich die Unfallstelle einem Trümmerfeld. Der Unglückswagen – oder das, was von ihm noch übrig war – stand mitten in einem Meer aus Blech- und Felsfragmenten. Als hätte ihn eine Titanenfaust niedergestreckt.
    »Mein lieber Scholli«, stieß Wolf hervor, nachdem er das ganze Ausmaß der Zerstörung in sich aufgenommen hatte.
    Herbert Ramsauer, der Leiter der Unfallaufnahme, hastete vorüber. »Grüß dich, Leo, hallo, Rolf. Falls ihr Fragen habt, wendet euch an eure Kollegin, die weiß Bescheid. Mich müsst ihr entschuldigen, ich habe zu tun.« Schon war er wieder weg.
    »Ramsauer ist auch nicht zu beneiden«, sagte Jo, die in der Zwischenzeit unbemerkt zu ihnen getreten war.
    Wolf nickte und steckte sich eine Gitanes an. »Was ist mit dem Opfer?«, erkundigte er sich, kaum dass er den ersten Zug genommen hatte.
    »Wurde bereits weggebracht. Nach Aussage des Notarztes war der Mann sofort tot.«
    »Logisch«, meinte Marsberg und deutete auf die zwanzig Meter hohe Sandsteinwand, die unmittelbar neben der Fahrbahn senkrecht in den Himmel ragte. »Dagegen hilft selbst die größte Knautschzone nichts.«
    »Trotzdem frage ich mich, wie das passieren konnte«, erklärte Jo. »Den Zeugenaussagen nach ist vom Selbstmord bis zum technischen Defekt alles drin.«
    »Zeugen?«
    Jo wies auf ein Grüppchen herumstehender Gaffer, die in einiger Entfernung von zwei Streifenpolizisten in Schach gehalten wurden. »Leute vom Campingplatz drüben hinter dem Bahndamm«, erläuterte sie. »Sie hörten das Aufheulen eines starken Motors, gleich darauf Reifenquietschen, gefolgt von einem lauten Knall – und das alles ohne Mitwirkung anderer Verkehrsteilnehmer, wie sie übereinstimmend aussagten.«
    »Also keine direkten Augenzeugen?«
    »Doch, zwei der Camper waren mit dem Fahrrad unterwegs. Sie haben kurz vor dem Unfallwagen den Bahnübergang passiert und alles mitgekriegt.«
    »Interessant«, meinte Marsberg, »aber mich geht das alles überhaupt nichts an. Deshalb werde ich den Kollegen vom Verkehr einen Besuch abstatten. Bis später.«
    Während Marsberg sich entfernte, grübelte Wolf über die Unfallursache nach. »Vielleicht war der Fahrer durch irgendetwas abgelenkt? Oder einfach überfordert?«
    »Die Geschwindigkeit dürfte der entscheidende Punkt sein, Chef. Der Sachverständige, den die Kollegen vom Verkehrsdezernat hinzugezogen haben, meinte, der Fahrer habe nach Passieren des Bahnübergangs ungewöhnlich stark beschleunigt. Nach seiner Einschätzung hatte er bei dem Crash gut und gerne einhundertzwanzig Stundenkilometer drauf. Da die Straße in diesem Bereich relativ schmal ist und keinerlei Ausweichen erlaubt, führt der kleinste Lenkausschlag unweigerlich zur Katastrophe.«
    »Hundertzwanzig? Hier, nachdem er eine halbe Sekunde zuvor die Gleise überquert hatte? Wie soll das gehen?«
    »Kein Problem, Chef … der Unfallwagen ist ein Porsche 911 Turbo S Cabrio.«
    Wolfs Kopf fuhr hoch. »Hoppla – wer leistet sich eine solche Rakete?«
    »Der Wagen gehört – besser gesagt: gehörte – einem gewissen Ralf Hörmann, neunundzwanzig, wohnhaft in Hagnau, von Beruf Bankangestellter – das geht aus einigen Unterlagen hervor, die die Kollegen im Fahrzeug gefunden haben.«
    »Donnerwetter! Ein Bankangestellter, der einen 911er Porsche fährt?«
    »Falsch. Einen 911er Porsche Turbo S, und zwar als Cabrio. Da müssen Sie noch einmal ein paar zigtausend Euro drauflegen.«
    »Kein Wunder, dass die Branche in der Dauerkrise steckt«,
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