Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
Option im Auge. – So, Ernst, das war’s dann, oder? Ich muss dringend zurück, Peschke, der Hehler, wartet. Nicht, dass wir noch Ärger mit der Staatsanwaltschaft bekommen.«
    Sommer erhob sich. »Du hast recht, brechen wir hier ab. Aber halte mich bitte auf dem Laufenden. Ich brauche dringend Munition für die Presse.«
    Auf dem Weg zum Vernehmungsraum stieß Wolf abermals auf Jo. »Na, hat mit Dicky alles geklappt«, fragte er sie.
    »Denke schon«, antwortete Jo im Vorübergehen.
    Wolf blieb kurz stehen und sah ihr nach. »Was ist der denn über die Leber gelaufen?«, murmelte er verwundert – so schroff hatte er sie noch nie erlebt. Na ja, vielleicht war sie mit ihren Gedanken auch einfach nicht bei der Sache gewesen. Egal, das wird sich schon wieder einrenken, dachte er und eilte weiter.

15
    Als zerbräche er sich vergeblich den Kopf darüber, welches Schicksal ihn an diesen Ort verschlagen hatte, saß Jörg Peschke mit verschränkten Armen am Besprechungstisch und starrte Löcher in die Luft. Er hatte sich auf seinem Stuhl demonstrativ zur Seite gedreht. Auch Wolfs Erscheinen löste keine Reaktion bei ihm aus.
    War der Kerl so abgebrüht oder tat er nur so? Vielleicht vertraute er ja darauf, dass sein Anwalt für ihn die Kohlen schon aus dem Feuer holen würde? Na, wenn er sich da mal nicht täuschte.
    Wolf ließ sich Peschke gegenüber auf dem freien Stuhl zwischen Preuss und Vespermann nieder. Umständlich legte er seine Utensilien zurecht. Dann beschäftigte er sich eingehend mit dem Aufnahmegerät, als wollte er sich von dessen Funktionsfähigkeit überzeugen, bevor er sich wie die Kollegen in seine Notizen vertiefte. Das alles war Teil eines Vernehmungsrituals, das, vielfach erprobt, vor allem einem diente: den Delinquenten unruhig, unsicher oder unvorsichtig werden zu lassen.
    »Wo bleibt der Anwalt?««, fragte Wolf irgendwann mit resoluter Stimme in die entstandene Stille hinein.
    »Wollte um sechzehn Uhr hier sein«, knurrte Vespermann.
    Wolf sah ostentativ auf seine Uhr und entschied: »Wir sind bereits zehn Minuten darüber. Wir fangen an.«
    Zum ersten Mal wandte sich Peschke ihnen zu. Zunächst erwartete Wolf, er würde widersprechen. Doch er presste nur die Lippen zusammen und drehte sich wieder weg.
    Wolf schaltete das Aufnahmegerät ein, nannte Datum und Uhrzeit sowie die Namen der drei Kommissare und des zu Vernehmenden, der noch immer kaum Notiz von seiner Umgebung nahm. Dann begann er das Verhör.
    »Herr Peschke, im Rahmen unserer Ermittlungen in Ihren Geschäftsräumen haben wir Sie hierhergebeten …«
    »Hergebeten nennen Sie das?«, widersprach Peschke ironisch, ohne allerdings näher darauf einzugehen. Ganz offensichtlich war er von seinem Anwalt zum Schweigen verdonnert worden. Umso bemerkenswerter fand Wolf die Tatsache, dass er sich schon zu Beginn der Befragung, wenn auch nur mit einem Halbsatz, darüber hinweggesetzt hatte – wohl ein Indiz dafür, wie verunsichert er sich fühlte.
    »Nennen Sie es, wie Sie wollen«, entgegnete Wolf ruhig. »Unstrittig ist jedenfalls, dass heute Vormittag eine Jade-Skulptur bei Ihnen sichergestellt wurde, die vor drei Tagen, genauer gesagt am vergangenen Samstag, unter ungeklärten Umständen aus der Wohnung des mutmaßlichen Mordopfers Thorsten Hauschild verschwand.«
    Jemand klopfte von außen an die Tür und drängte sich, ohne auf eine Antwort zu warten, auch schon an dem davor postierten Uniformierten vorbei herein. Wolf blieb vor Überraschung fast der Mund offen stehen, als er ihn erblickte. Der Mann steuerte zielstrebig auf Peschke zu, dem die Erleichterung über sein Erscheinen ins Gesicht geschrieben stand. Die beiden schüttelten sich die Hand, und der Neuankömmling stellte seine Tasche auf den Tisch und entnahm ihr einige Unterlagen.
    »Guten Tag, meine Herren«, schnarrte er und sah in die Runde. »Für den Herrn, der mich noch nicht kennt: Ich bin Dr. Pohl. Ich vertrete Herrn Peschke, sozusagen. Wie ich sehe, haben Sie die Befragung bereits –«
    »Keine Befragung, Herr Dr. Pohl«, fiel ihm Wolf barsch ins Wort, während er gleichzeitig versuchte, in der Miene des Anwalts zu lesen. »Es handelt sich um eine Vernehmung. Hat Ihnen das Ihr Mandant nicht gesagt?« Mit Genugtuung beobachtete er, wie der Kopf des Anwalts kurz ins Rötliche changierte.
    Bis auf einen schmalen dunklen Haarkranz war Pohls Schädel absolut kahl, und hätte er statt seines Anzuges eine wollene Kutte getragen, man hätte ihn glatt für einen

Weitere Kostenlose Bücher