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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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mittelalterlichen Mönch halten können. Dieser Eindruck wurde durch seine stämmige Figur noch unterstrichen.
    Wolf hoffte, dass seine Verblüffung bei Pohls Eintreten den Kollegen verborgen geblieben war. Wie hätte er auch ahnen können, dass sich Peschke unter allen Anwälten der Region ausgerechnet für Pohl entscheiden würde – jenen Windhund, mit dem er schon mehrfach zusammengerasselt war.
    Täuschte er sich, oder wirkte Pohl bei aller zur Schau getragenen Forschheit ebenfalls irritiert? Nun, er hatte sich jedenfalls schnell wieder gefangen. Spöttisch sah er auf den vor ihm sitzenden Wolf hinab.
    »Was Sie nicht sagen«, blaffte er.
    Wolf widerstand der Versuchung, gleichfalls aufzustehen. Warum sollte er dem Anwalt den Triumph missgönnen, wenigstens einmal der Größere von ihnen beiden zu sein? Mit einer Körpergröße von eins vierundsechzig war Pohl im wahrsten Sinne des Wortes zu kurz gekommen. »Mann mit dem Kleinwuchssyndrom«, hatte Marsberg ihn getauft.
    Ob er wohl deshalb so giftig reagierte? Ein Blick auf Pohls Füße bestätigte jedenfalls Marsbergs Diagnose: Nach wie vor latschte der Anwalt in Plateauschuhen herum.
    Wolf fiel der Fall der missbrauchten Schülerinnen wieder ein, in dem Pohl eine mehr als unrühmliche Rolle gespielt hatte. Ums Haar war er um eine Anklage herumgekommen, der Teufel mochte wissen, wie er das angestellt hatte. Wie es hieß, sollte er eine Zeit lang mit dem Gedanken gespielt haben, alles hinzuschmeißen und aus Überlingen wegzuziehen. Letztlich hatte er sich aber offenbar anders entschieden.
    »Bitte nehmen Sie zur Kenntnis«, drang erneut Pohls Stimme an sein Ohr, »dass über das widerrechtliche Festhalten meines Mandanten das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Das kann Sie teuer zu stehen kommen, sozusagen.«
    »Entschuldigen Sie, Herr Anwalt, hat Ihnen Ihr Mandant überhaupt erzählt, was zu dieser Vernehmung geführt hat?«, fragte Vespermann, der glaubte, sich eben verhört zu haben.
    Pohl, noch immer auf Wolf fixiert, steckte etwas zurück: »Na, dann lassen Sie mal raus, was Sie meinem Mandanten vorwerfen, sozusagen.« Er ließ sich neben Peschke nieder und sah, die Hände ineinander verschränkt auf der Tischplatte ruhend, erwartungsvoll auf Wolf.
    Dem kam das aggressive Verhalten des Anwalts nicht ungelegen. Vielleicht, so spekulierte er, verleitete es ihn zu einem Fehler. Mit einem Nicken forderte er Vespermann auf, die Vernehmung zu beginnen.
    Vespermann ließ sich das nicht zweimal sagen.
    »Kann ich davon ausgehen, Herr Anwalt, dass Sie über den Tod des Anlageberaters Thorsten Hauschild, der am Überlinger Strandweg ein Penthaus bewohnte, informiert sind?«, begann er das Gespräch.
    »Sie meinen den Unfall vom vergangenen Samstag, richtig? Bin im Bilde. Und weiter?«
    »Nun, der Mann wurde auf einem Freisitz, der sich auf der Rückseite des Gebäudes befindet, tot aufgefunden. Zunächst sprach tatsächlich alles für einen Unfall. Die gründliche Auswertung aller Spuren hat allerdings ergeben, dass Hauschild eines gewaltsamen Todes gestorben ist. Präzise gesagt: Er wurde von seiner Dachterrasse gestürzt.«
    »Was hat das mit meinem Mandanten zu tun? Sie werden ihm wohl kaum eine Beteiligung an diesem Mord unterstellen wollen – falls es denn einer war.«
    Der Anflug eines Lächelns erschien auf Vespermanns Gesicht. »Tja, wär schön, wenn die Sache so einfach wäre. Ist sie aber nicht. Immerhin haben wir den begründeten Verdacht, dass Ihr Mandant uns zu dem Täter führen kann …«
    »Klingt etwas abenteuerlich, finden Sie nicht?«, warf Pohl süffisant dazwischen. »Darf ich fragen, was Ihren Verdacht begründet?«
    »Wenn Sie mich ausreden lassen würden, Herr Anwalt, wäre das bereits geschehen. An besagtem Samstag wurde eine wertvolle chinesische Jade-Skulptur aus der Hauschild’schen Wohnung entwendet. Als Dieb kommt nach unseren Recherchen nur der Mörder oder einer seiner Komplizen – falls es welche gab – in Frage.«
    Pohl zog zweifelnd eine Augenbraue hoch. »Das mag sein, gewiss – aber mir erschließt sich immer noch nicht, warum mein Mandant hier festgehalten wird. Es sei denn, Sie können einen Zusammenhang zwischen dem Diebstahl der Skulptur und meinem Mandanten beweisen. Würden Sie also bitte zur Sache kommen?«
    »Um es kurz zu machen«, übernahm nun wieder Wolf das Wort: »Wir haben die Skulptur heute Vormittag sichergestellt. Und zwar in den Geschäftsräumen und im Beisein Ihres Mandanten. Da Herr Peschke

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