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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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wir arbeeten streng nach dem Buchstaben dit Jesetzes. Ick will ja nich meene Bewährung uff’s Spiel setzen, wa? Also, wat woll’n Se wissen?«
    »Wo finden wir Igor?«
    Kalaschnikow tat, als denke er nach. »Igor? Wer soll dit sein?«
    »Igor Balakow. Sag nicht, dass du ihn nicht kennst.«
    »Und wenn Se mir totschlajen, Herr Kommissar …«
    »Dann dürfen wir deinem Gedächtnis etwas auf die Sprünge helfen. Gerd, gib Kalaschnikow die Visitenkarte.«
    Vespermann händigte sie dem Dicken aus. Während Kalaschnikow sie mit gerunzelter Stirn studierte, brachte Wolf die Sache auf den Punkt. »Wie kann Igor, den du angeblich nicht kennst, mit deiner Faxnummer und deiner E-Mail-Adresse Geschäfte machen, kannst du uns das erklären?«
    Die Vordertür wurde geöffnet, und Piet kam zurück, einen vollen Kasten Bier mit sich schleppend. Unsanft stellte er ihn auf dem Fußboden ab, bevor er sich eine Flasche herausnahm und sie zischend öffnete. Dabei nickte er Wolf und Vespermann finster zu. Er wollte die Flasche eben an die Lippen setzen, als ihn Kalaschnikow unvermittelt anbrüllte: »Räum endlich deinen Dreck hier weg! Wat soll’n unsere Besucher von uns denken?« Wild gestikulierend wies er auf ein paar klapprige Stühle. Zusammen mit zwei gleichfalls klapprigen, aneinandergestellten Tischen bildeten sie so etwas wie den Mittelpunkt des fensterlosen Raumes. Während die Sitzmöbel jedoch eher als Kleiderablage missbraucht wurden, waren die Tischplatten mit Zeitschriften, leeren Flaschen und Aschenbechern vollgestellt.
    Einen kurzen Moment lang schweifte Wolfs Blick durch den düsteren Raum. Nichts, aber auch gar nichts schien sich seit seinem letzten Besuch hier geändert zu haben. Noch immer quoll das Regal an der Außenwand von allerlei Krimskrams über, und wie damals bildete das verschlissene Ledersofa an der Wand den ultimativen Gipfel der Gemütlichkeit.
    Widerwillig räumte Piet zwei Stühle frei und zündete sich eine Zigarette an, ehe er sich wieder seiner Flasche widmete.
    »Was ist nun, Kalaschnikow?«, brachte Wolf sich in Erinnerung. »Du schuldest uns noch eine Antwort. Oder willst du immer noch behaupten, du kennst diesen Igor nicht?«
    »Wat soll ick sagen, Herr Kommissar.« Er ließ sich auf einen der Stühle fallen und hob hilflos beide Hände, sein Blick glich dem eines waidwunden Rehs. Dann gab er sich einen Ruck. »Sie ha’m ja recht, Herr Kommissar, ick kenne ihn. Seine Familie stammt wie meene aus Jekaterinenburg; wir sind 1970 zusammen nach Deutschland jekommen. Vor eenem Jahr unjefähr hata seinen eijenen Laden uffjemacht. Räume braucht er ja keene als Inkassobüro, aber kommunieren mussa können …«
    »Du meinst kommunizieren.«
    »Sag ick doch, kommuni … also Fax und dit Zeug. Anfangs lief ja ooch allet jut, bis diese Jeschichte da passierte …«
    »Du meinst die Sache hinter der ›Roxy-Bar‹?«
    Kalaschnikow nickte betrübt. »Wenn Se dit eh schon wiss’n … Wat is passiert, hab ick ihn jefragt, mir kannstet ja sagen. Aber nee, der Idiot hat allet abjestritt’n, sagt, er hätte ihn nicht totjeschlag’n, es sei nur een Unfall jewes’n. Un dit mir, seinem alten Kumpel.« Anklagend hob er die Hände zur Decke empor.
    Fehlt nur noch eine Träne im Augenwinkel, dachte Wolf. »Wir werden das klären. Aber erst müssen wir mit Igor reden. Also mal ehrlich: Wo hält er sich auf? Komm schon, Kalaschnikow, raus mit der Sprache.«
    »Ehrlich, Herr Kommissar, Sie sehn ma ratlos.« Er hob die rechte Hand und deutete einen Schwur an. »Igor is wie vom Erdboden verschwunden. Wen ick ooch frage, der schüttelt nur mitm Kopp. Hier, Piet is meen Zeuje, fragn Se ihn. Er hat Igor eenen jeschlagenen Tag lang jesucht.«
    Wolf winkte ab. »Vielleicht kommen wir später darauf zurück. Dann sag mir wenigstens eins: Für wen hat Igor Geld eingetrieben?«
    »Ick versteh nich, Herr Kommissar.«
    »Du verstehst sehr wohl. Igor sollte bei dem Barmann Außenstände eintreiben, nicht wahr?«
    »So unjefähr.«
    »Wer war sein Auftraggeber? Den Namen, Kalaschnikow. Nenn mir den Namen seines Kunden.«
    »Ick hab mir nie um sein Jeschäft jekümmert. Ehrlich, Herr Kommissar, dit müssen’se mir glooben.«
    »Nun hör mir mal genau zu, Kalaschnikow. Wenn du weiterhin mauerst … also wenn du meine Fragen nicht beantwortest, dann können wir unser Gespräch auch in der Polizeidirektion Überlingen fortsetzen. Immerhin steht Igor unter Mordverdacht.«
    »Und es ist nicht auszuschließen, dass sein

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