Seeteufel
Obergeschosse führte.
Bereits wenig später kehrte er zurück. »Der Meister wird für Sie seine Gebete unterbrechen, bitte folgen Sie mir.« Er ging zur Treppe und nach oben, die drei Polizisten in seinem Schlepptau. Nach den ersten Stufen drehte er sich noch einmal zu Wolf um.
»Ãbrigens ⦠wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Herrn Bretschwiler â¦Â«Â â wieder dieses kaum merkliche Zögern â »â¦Â also wenn Sie ihn mit âºMeisterâ¹ oder seinem von Gott verliehenen Namen âºGabrielloâ¹ anreden würden.«
»Welche Funktion haben Sie eigentlich in diesem Hause?«, überging Wolf die Bitte. »Ich meine, alle anderen Bewohner scheinen Weià zu tragen, während Sie â¦Â« Er lieà den Satz unvollendet, stattdessen musterte er ihren Begleiter von Kopf bis FuÃ.
»â¦Â während ich als Einziger in Schwarz gehe, wollten Sie sagen? Ihre Frage ist berechtigt. Der Grund ist, dass ich für die Sicherheit auf dem Gelände der Kirche zuständig bin.«
»Kirche?«, fragte Jo bewusst provokant.
»Ganz recht. Heavenâs Gate , wie sich unsere Gemeinschaft nennt, ist eine Kirche im Geiste des Herrn â eine der wenigen übrigens, die sich mit Fug und Recht so nennen darf. Aber das kann Ihnen der Meister besser erklären. So, hier sind wir, bitte treten Sie ein.«
Sie hatten den oberen Treppenabsatz erreicht. Der »schwarze Sheriff«, wie Wolf den Mann insgeheim nannte, führte sie in einen etwa vier mal vier Meter groÃen, fensterlosen Raum, der von einigen Kerzen mehr recht als schlecht beleuchtet wurde. Die Einrichtung konnte man, gelinde gesagt, als spartanisch bezeichnen. Ein länglicher, aus dunklem Holz geschnitzter und mit einer Polsterauflage versehener Schemel nahm die Raummitte ein. Er stand auf einem Teppich, der nahezu die gesamte Bodenfläche bedeckte und den Wolf, der sich in früheren Jahren ein wenig mit Teppichen beschäftigt hatte, für einen handgeknüpften Gabbeh hielt.
Mehr gab es nicht zu sehen â sah man einmal von der stattlichen, weià gekleideten Männergestalt ab, die, den Kopf gesenkt und die Augen geschlossen, scheinbar völlig entrückt auf dem Schemel kniete. Wie eine Monstranz reckte der Mann ein gut handgroÃes silbernes Kreuz in die Höhe, in das einige merkwürdige Symbole eingraviert waren und das er, von rhythmischen Verbeugungen begleitet, immer wieder an die Lippen führte, um einen Kuss daraufzuhauchen.
In dem kleinen Raum herrschte völlige Stille.
Wolf, dem das Brimborium bereits jetzt auf den Wecker ging, kam nicht umhin, den Heavenâs-Gate -Leuten einen ausgeprägten Minimalismus zu attestieren â in Verbindung mit einer Schwäche für die Farbe WeiÃ.
Nach ihrem Eintritt lieà der »Meister« noch eine halbe Minute verstreichen, ehe er geruhte, die Besucher wahrzunehmen. Mehrfach war Wolf nahe daran, ihn mit groben Worten in die Wirklichkeit zurückzuholen.
Endlich nahm der Mann das Kreuz herunter. Wenig später öffnete er die Augen und richtete sich auf.
»Die Herrschaften von der Polizei«, sagte der Schwarzgewandete und übergab sie in die Obhut des »Meisters«. Wolf ahnte den Grund seines überstürzten Rückzugs. Ihm war sicher nicht entgangen, dass Jo zurückgeblieben war und mit offenen Augen durch den Vorraum spazierte, mal dies, mal jenes kritisch in Augenschein nehmend.
Derweil hatte es der »Meister« in die Senkrechte geschafft. Wie segnend hob er die Arme, ehe er Wolf und Vögelein ins Auge fasste. »Gott mit Ihnen. Sie haben Fragen, wie mir Mirko sagte. Mit des Herrn Hilfe werde ich sie zu beantworten suchen.«
Wolf erkannte in seinem Gegenüber den weiÃhaarigen Sektenchef in dem makellos weiÃen Anzug, dem sie bei ihrem ersten Besuch hier begegnet waren. Er hatte die Szene noch lebhaft vor Augen: Inmitten einer Horde aufgebrachter Glaubensanhänger hatte der Mann sie in dem Versammlungsraum im Erdgeschoss empfangen und steif und fest behauptet, in den letzten Minuten habe niemand das Haus betreten. Der Glaubenseifer, mit dem er und seine Anhänger ihre Behauptung vorbrachten, hatte ihnen fürs Erste weitere Unannehmlichkeiten erspart, zumal eine flüchtige Ãberprüfung der Räume ergebnislos verlaufen war.
Wolf zwang sich, die zurückliegenden Ereignisse vorläufig auszublenden und sich
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