Seeteufel
beiden ermordeten Obdachlosen einer der Knackpunkte des Falles.« Er schilderte dem Staatsanwalt detailliert die Fakten, um schlieÃlich die Katze aus dem Sack zu lassen: »Was wir brauchen, um voranzukommen, ist â¦Â«
»Weià schon, mein lieber Wolf«, unterbrach ihn Hirth, »Sie wollen die entsprechenden Unterlagen bei den Nachlassverwaltern einsehen.« Skeptisch wiegte er den Kopf hin und her. »Würde mich nicht wundern, wenn wir den neuen Mann mit diesem Anliegen überfordern.« Mehrere Minuten detaillierten Nachhakens verstrichen, bis er sich zu einem Entschluss durchgerungen hatte: »Also gut, versuchen wir es.«
Die nachfolgende, nicht enden wollende Plauderei des Staatsanwalts brachte Wolf schlieÃlich vollends aus dem Tritt. Welcher Teufel mochte Dr.  Hirth nur geritten haben? Der war doch sonst nicht so redselig. Als es Wolf schlieÃlich zu bunt wurde, brach er die einseitige Unterhaltung kurzerhand ab; er schob einen dringenden Vernehmungstermin vor und drängte zum Aufbruch.
Als Wolf eine Stunde später mit Hirth zusammen das Gerichtsgebäude verlieÃ, war er maÃlos enttäuscht. Dieser neue Richter war eine einzige Zumutung! Zwar hatte er sie überraschend herzlich empfangen und die Entschuldigung des Staatsanwalts über den unangemeldeten Besuch mit einer wegwerfenden Handbewegung abgetan. Doch bereits bei der Darlegung des Obdachlosenfalls gab es erste Differenzen. Settele fiel seinen Gesprächspartnern ständig ins Wort. Und als es schlieÃlich ans Eingemachte ging, lehnte er den geforderten Durchsuchungsbeschluss für Neidlings Wohnung rundweg ab. Selbst der Hinweis auf die Schwere der Straftaten blieb wirkungslos. Die Herren könnten sich ihre Belehrungen sparen, meinte er pikiert, er habe nicht die Absicht, sich reinreden zu lassen.
Zu ihrer groÃen Verwunderung lieà Settele den Antrag auf Telefonüberwachung passieren â allerdings erst, nachdem Wolf damit gedroht hatte, im Falle einer Ablehnung die nach Auffassung der Ermittler zwingend notwendige Abhöraktion ersatzweise auf dem Wege eines »rechtfertigenden Notstandes« durchzuführen.
Hirth wollte sich bereits erheben, als Wolf ansetzte, um sein drittes Anliegen zur Sprache zu bringen. »Da wäre noch â¦Â«, setzte er an, doch Hirth legte ihm seine Hand auf den Arm und bedeutete ihm, zu schweigen.
»Danke, Herr Richter, das warâs. Bemühen Sie sich nicht, wir finden alleine raus.«
Wolf hatte sich notgedrungen fügen müssen. Jetzt stapfte er sauer die Treppe hinunter. Man sah ihm seinen Ãrger an. Warum, so fragte er sich, hatte sich das Schicksal ausgerechnet Richter Dieterich ausgesucht? Warum holte es nicht einen arroganten Schnösel wie den Settele von der Leiter? Es traf eben immer die Falschen!
»Wieso haben Sie meinen Antrag auf Akteneinsicht abgeblockt? Wir waren uns doch im Vorfeld einig, dass es einen Versuch wert wäre!«
»Weil ich glaube, dass wir bei Settele auf taube Ohren gestoÃen wären.« Hirth begründete seinen Eindruck nicht, stattdessen fügte er hinzu: »Keine Sorge, das kann ich auf meine Kappe nehmen. Gleich nach unserer Rückkehr stell ich Ihnen den Wisch aus.«
Wolf war ohnehin spät dran, doch als er im »Aquarium« ankam, lief ihm zu allem Unglück auch noch Sommer über den Weg. Der Kriminalrat allerdings wirkte erleichtert über die unverhoffte Begegnung.
»Leo, gut dass ich dich treffe. Die Journaille schreit Zeder und Mordio. Will wissen, ob an den Gerüchten über eine neue Tote etwas dran ist und vor allem, ob die Arsenmörder, so nennen sie die Täter inzwischen, dahinterstecken. Was soll ich denen sagen? Lange kann ich die Bande nicht mehr im Zaum halten.«
Was blieb Wolf anderes übrig, als das Gespräch in Sommers Büro fortzusetzen. Er machte es kurz. Ja, die Rechtsmedizin hatte den Tod der Frau durch eine akute Arsenvergiftung bestätigt; ja, sie verfolgten gerade eine heiÃe Spur; ja, die Verdachtsmomente verdichteten sich, mit etwas Glück könnte sich bereits in wenigen Stunden eine Lösung abzeichnen. Sommer solle sich mit seinen Aussagen auf die Obdachlosen beschränken â ohnehin wäre es besser, diesen Teil des Falls nicht mit dem der Witwen zusammen in einen Topf zu werfen.
Sommer blickte skeptisch. Er hörte aus Wolfs Ausführungen vor allem eines heraus: Der Fall war
Weitere Kostenlose Bücher