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Segeln im Sonnenwind

Segeln im Sonnenwind

Titel: Segeln im Sonnenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
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standen auf der hinteren Veranda, neben ihnen Rollschuhe. Verletzte Finger mußten geküßt und verbunden werden, besondere Projekte mußten zu Hause erledigt und dann mit in die Schule genommen werden. Ein Haufen Schuhe war zu polieren, ehe unser Stamm für die Sonntagsschule bereit war, und es fanden geräuschvolle Auseinandersetzungen darüber statt, wer den Stiefelknüpfer als nächster benutzen durfte – bis ich einen für jedes Kind besorgte und ihre Namen darauf schrieb.
    Die ganze Zeit über nahm Maureens Bauch wie der Mond zu und wieder ab – George 1907, Marie 1909, Woodrow 1912, Richard 1914 und Ethel 1916… Damit war es keineswegs zu Ende, aber damit sind wir bei dem Krieg angekommen, der die ganze Welt veränderte.
    Doch vorher passierten noch endlos viele Dinge, und einige davon sollte ich erwähnen. Kurz nach unserem Umzug wechselten wir auch die Kirche, und das bedeutete ebenso einen gesellschaftlichen Aufstieg wie der Wechsel von Haus und Wohngegend. In den Vereinigten Staaten waren die protestantischen Konfessionen damals eng mit wirtschaftlichem und sozialem Status verknüpft, wenn es auch als unhöflich galt, das auszusprechen. Die Spitze der Pyramide bildeten die episkopalen Hochkirchen, während am unteren Ende verschiedene pfingstlerische, fundamentalistische Sekten angesiedelt waren, deren Mitglieder Schätze im Himmel anhäuften, weil es ihnen auf der Erde nicht gelang.
    Vorher hatten wir zu einer Mittelschichtkirche gehört, vor allem deshalb, weil sie in der Nähe lag. Wir hatten eigentlich vorgehabt, zu einer wohlhabenderen Kirche am Boulevard zu wechseln, da wir jetzt ja auch in einer wohlhabenderen Gegend wohnten – aber als wir den Wechsel dann schließlich vollzogen, lag es daran, daß Maureen quasi vergewaltigt worden war.
    Es war meine eigene Dummheit. Noch in jedem Zeitalter war Vergewaltigung der Lieblingssport einer ganzen Reihe von Männern, wenn sie nur eine Chance sahen, ungestraft davonzukommen, und jede Frau unter neunzig und über sechs ist überall und jederzeit gefährdet – es sei denn, sie wüßte, wie sie der Gefahr aus dem Wege gehen kann, was nahezu unmöglich ist.
    Wenn ich es mir noch mal überlege, sollte ich das mit der Zeitspanne von sechs bis neunzig vielleicht weglassen. Es sind Irre unterwegs, die bereit sind, jedes weibliche Wesen jeden Alters zu vergewaltigen. Vergewaltigung ist kein Geschlechtsverkehr; es handelt sich um einen Akt mörderischer Aggression.
    Und wenn ich es mir noch genauer überlege, wurde ich nicht mal quasi-vergewaltigt, da ich es eigentlich besser wußte und trotzdem ohne Begleitschutz einen Prediger besuchte. Ich tat es und wußte sehr gut, was passieren würde. Reverend Timberly, dieser alberne Banause, hatte mich, als ich vierzehn war, wissen lassen, er könne mir eine Menge über das Leben und die Liebe beibringen, und hatte mir dabei gleichzeitig auf väterliche (!) Art den Po getätschelt. Ich hatte mich bei Vater beschwert, ohne den Übeltäter beim Namen zu nennen, und mit Vaters Rat war es mir gelungen, der Sache ein Ende zu bereiten.
    Aber dieser andere Bibelklopfer… Es passierte sechs Wochen nach dem Umzug ins neue Haus. Ich wußte, daß ich schwanger war, und obendrein war ich geil. Brian war nicht zu Hause. Das soll keine Beschwerde sein; Brian mußte reisen, wohin ihn sein Beruf führte, und das gilt für endlos viele Gewerbe und Berufe; der Brotverdiener muß dorthin, wo das Brot ist. Diesmal hielt er sich in Denver auf. Eigentlich hatte ich ihn schon wieder zurückerwartet, doch dann schickte er mir ein nächtliches Telegramm und teilte mir darin mit, er müsse erst noch nach Montana – nur drei oder vier Tage, höchstens eine Woche; in Liebe, dein Brian.
    Scheiße. Dreck. Mist. Ich lächelte jedoch weiter, da Nancy mich beobachtete und mit sechs nicht mehr leicht zu täuschen war. Ich las ihr eine überarbeitete Fassung des Briefes vor und legte das Blatt dann dort ab, wo sie nicht drankam, denn sie hatte sich schon selbst das Lesen beigebracht.
    Um drei Uhr nachmittags klopfte ich, gebadet, umgezogen und ohne Schlüpfer, an die Tür des Arbeitszimmers von Reverend Doktor Ezekiel »Bibelklopfer«. Mein üblicher Babysitter paßte auf die drei Kleinen auf und verfügte über schriftliche Anweisungen einschließlich Informationen, wo ich steckte und unter welcher Nummer ich beim Pastor zu erreichen war.
    Der Pastor und ich praktizierten bereits seit drei Jahren eine stille und unauffällige Tendelei, seit er in

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