Seherin von Kell
unsere Panzer anzuziehen«, fügte Garion hinzu. »Es wäre wahrscheinlich keine so gute Idee, uns bereits an Bord hineinzuzwängen. Es würde Kresca nervös machen.«
»Dein Plan klingt vernünftig, Zakath«, pflichtete ihm Durnik bei.
»Ich bin mir nicht so sicher«, widersprach Silk zweifelnd. »Sich anzuschleichen hat gewisse Vorteile.«
»Drasnier!« stöhnte Ce'Nedra.
»Hör dir erst seine Gründe an, ehe du den Gedanken verwirfst«, meinte Sammet.
»Es ist so«, fuhr Silk fort. »Zandramas weiß – tief im Innern – , daß sie die Höhle nicht vor uns erreichen kann. Trotzdem versucht sie, uns seit Monaten zuvorzukommen, in der Hoffnung, sie könnte die Regeln irgendwie umgehen. Versuchen wir jetzt einmal so zu denken wie sie.«
»Lieber nehme ich Gift.« Ce'Nedra schauderte.
»Es geht doch nur darum, unsere Gegnerin zu verstehen, Ce'Nedra. Zandramas meint wider aller Hoffnung, daß sie eher als wir in der Höhle sein und der Notwendigkeit entgehen kann, sich Garion zu stellen. Er hat immerhin Torak getötet, und niemand mit einem Funken Verstand würde freiwillig gegen den Gottbezwinger kämpfen.«
»Ich muß dafür sorgen, daß das aus meinen Titeln verschwindet, wenn ich wieder in Riva bin«, brummte Garion.
»Das kannst du immer noch tun«, sagte Silk. »Was, glaubt ihr, würde in Zandramas vorgehen, wenn sie am Höhleneingang ankommt, sich umschaut, und uns nicht vorfindet?«
»Ich glaube, ich weiß jetzt, worauf Ihr hinaus wollt, Kheldar«, sagte Sadi bewundernd.
»Wer sonst, wenn nicht Ihr«, sagte Zakath trocken.
»Es ist wirklich brillant, Kal Zakath, wißt Ihr«, sagte der Eunuch.
»Zandramas wird triumphieren. Sie wird glauben, daß es ihr gelungen ist, die Prophezeiungen zu umgehen, und daß sie gewonnen hat.«
»Und was wird mit ihr sein, wenn wir alle hinter einem Felsen hervortreten, und sie erkennen muß, daß sie sich Garion doch noch stellen und Cyradis' Entscheidung unterwerfen muß?« fragte Silk.
»Sie wird sehr enttäuscht sein«, antwortete Sammet.
»Ich glaube, enttäuscht ist ein zu gelinder Ausdruck«, meinte Silk.
»Erbittert käme da schon näher. Rechnet man dazu die Wut und eine gute Dosis Angst, dann haben wir jemanden, der nicht allzu klar denken kann. Wir sind ziemlich sicher, daß es zu einem Kampf kommen wird, und in einem solchen Fall ist man immer im Vorteil, wenn der gegnerische General von Gefühlen beherrscht wird.«
»Eine gute taktische Überlegung, Garion«, sagte Zakath.
»Ich bin einverstanden«, erklärte Belgarath. »Schon allein, um Zandramas ein wenig des Ärgers heimzuzahlen, den ich immer wieder mit ihr hatte. Ich schulde ihr auch noch etwas dafür, daß sie die Stellen aus dem Ashabiner Orakel herausgeschnitten hat. Ich werde mich morgen ganz früh mit Kapitän Kresca unterhalten und herausfinden, ob es einen Strand an der Ostseite des Gipfels gibt. Bei einer Nipptide sollten die Chancen dafür recht gut stehen. Wir klettern außer Sicht hoch, suchen Deckung in der Nähe des Höhleneingangs und warten auf Zandramas. Dann treten wir hervor und überraschen sie.«
»Ich kann unseren Vorteil noch beträchtlich vergrößern«, sagte Beldin. »Ich kundschafte voraus und gebe euch Bescheid, sobald sie landet. Auf diese Weise werdet ihr bereit für sie sein.«
»Doch nicht als Falke, Ohm«, warf Polgara ein.
»Warum nicht?«
»Zandramas ist nicht dumm. Ein Falke hat auf einem Riff nichts zu suchen. Es gibt dort nichts, was er fressen kann.«
»Vielleicht wird sie denken, daß mich der Sturm hinausgetrieben hat.«
»Möchtest du deine Schwanzfedern durch ein ›Vielleicht‹ verlieren? Eine Möwe, Ohm!«
»Eine Möwe?« protestierte er. »Aber die sind so dumm – und so schmutzig.«
»Ihr macht Euch Sorgen wegen Dreck?« Silk blickte auf. Er hatte etwas an den Fingern abgezählt.
»Geh nicht zu weit, Kheldar!« warnte Beldin grollend.
»An welchem Tag des Monats ist Prinz Geran auf die Welt gekommen?« fragte Silk Ce'Nedra.
»Am Siebenten. Wieso?«
»Wir haben da offenbar noch etwas, das den morgigen Tag zu einem besonderen Tag macht. Wenn ich mich nicht verrechnet habe, wird euer Sohn morgen zwei Jahre alt.«
»Unmöglich!« entgegnete Ce'Nedra. »Mein Kind wurde im Winter geboren.«
»Ce'Nedra«, erklärte ihr Garion sanft, »Riva liegt am oberen Ende der Welt, das Riff am unteren. In Riva ist es jetzt Winter. Zähl die Monate seit Gerans Geburt – die Zeit, die wir ihn hatten, ehe Zandramas ihn entführte, die Zeit, die wir in
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