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Seherin von Kell

Seherin von Kell

Titel: Seherin von Kell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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der Dalaser zu gelangen«, fuhr der Grolim fort. »Sie sagte, daß ich erhoben werden würde, wenn es mir gelänge.« Er lächelte sanft. »Ich glaube, sie hatte vor, die Stärke des Zaubers zu erproben, um festzustellen, ob sie die Reise ohne Gefahr für sich antreten könne.«
    »Und ich nehme an, daß dies nicht der Fall ist.«
    »Das ist schwer zu sagen. Es könnte sich als ein großer Segen für sie erweisen, wenn sie es versuchte.«
    »Ich würde Blindheit nicht als Segen erachten.«
    »Aber ich bin nicht blind.«
    »Ich dachte, darum ginge es bei diesem Zauber.«
    »O nein! Ich kann die Welt um mich nicht sehen, weil ich etwas anderes erschaue – etwas, das mein Herz mit Freude erfüllt.«
    »Oh? Was ist das?«
    »Ich sehe das Gesicht Gottes, mein Freund, bis zum Ende meiner Tage.«

    3

    r war immer da. Selbst im tiefen kühlen Wald spürten sie ihn Eüber sich, still und weiß und ernst. Dieser Berg füllte ihre Augen, ihre Gedanken, sogar ihre Träume. Silk wurde immer reizbarer, während sie Tag um Tag auf diesen schimmernden weißen Riesen zuritten. »Wie kann irgend jemand in diesem Teil der Welt, wo dieses Monstrum den halben Himmel verdeckt, irgend etwas fertig-kriegen?« brauste er eines Tages auf.
    »Vielleicht ignoriert man ihn einfach, Kheldar«, meinte Sammet honigsüß.
    »Wie könnte man etwas so Gewaltiges ignorieren?« entgegnete er heftig. »Ich frage mich, ob er weiß, wie aufdringlich – ja, unfein – er ist.«
    »Dein Verstand scheint zu leiden. Den Berg kümmert es nicht, was wir von ihm halten. Er wird da sein, während wir längst alle zu Staub geworden sind.« Sie hielt nachdenklich inne. »Ist es das, was dir zu schaffen macht, Kheldar? Daß du inmitten vergänglichen Lebens auf etwas von Dauer gestoßen bist?«
    »Die Sterne sind von Dauer«, entgegnete er. »Schmutz auch, wie mir scheint, aber nichts ist so aufdringlich wie dieses Ungeheuer.«
    Er blickte Zakath an. »Hat schon je jemand seinen Gipfel erklom-men?« fragte er.
    »Warum sollte das jemand wollen?«
    »Um ihm zu zeigen, wer der Herr ist. Um ihm seinen Hochmut zu nehmen.« Silk lachte. »Das klingt noch viel unvernünftiger, nicht wahr?«
    Zakath blickte jedoch nachdenklich auf das Monstrum, das den Himmel füllte. »Ich weiß nicht, Kheldar«, sagte er. »Ich habe noch nie an die Möglichkeit gedacht, einen Berg zu bezwingen. Es ist nicht schwer, Menschen zu besiegen. Aber einen Berg – das ist etwas ganz anderes.«
    »Würde es ihn kümmern?« fragte Eriond. Der junge Mann redete so selten, daß man ihn manchmal für so stumm wie Toth halten konnte. In letzter Zeit schien er sich noch mehr in sich zurückgezogen zu haben. »Vielleicht würde euch der Berg sogar willkommen heißen.« Er lächelte sanft. »Ich kann mir vorstellen, daß er sich einsam fühlt. Vielleicht möchte er gern mit jemandem teilen, was er sieht.«
    Zakath und Silk wechselten einen langen Blick. »Man würde Seile brauchen«, sagte Silk betont gleichmütig.
    »Und wahrscheinlich auch eine besondere Ausrüstung. Haken oder dergleichen, die man ins Eis schlagen und an denen man Halt finden kann, wenn man höher klettert.«
    »Ich bin sicher, Durnik könnte was für uns zusammenbasteln.«
    »Würdet ihr beide damit aufhören?« tadelte Polgara sie scharf.
    »Wir haben jetzt an genug anderes zu denken!«
    »Nur müßige Überlegungen, Polgara«, versicherte ihr Silk leicht-hin. »Unsere jetzige Sache dauert ja nicht ewig, und wenn sie zu Ende gebracht ist – nun, wer weiß?«
    Der Berg hatte sie alle auf kaum merkliche Weise verändert. Worte schienen immer weniger von Nöten zu sein, alle hingen tiefen Gedanken nach, die sie während der ruhigen Stunden am nächtlichen Lagerfeuer miteinander zu teilen versuchten. Es wurde eine Zeit der Läuterung und Heilung, und sie wuchsen enger zusammen, während sie sich diesem einsamen Giganten näherten.
    Eines Nachts erwachte Garion durch ein taghelles Licht vor seinen Augen. Er glitt unter den Decken hervor und öffnete die Zeltklappe.
    Der Vollmond war aufgegangen und bescherte der Welt ein bleiches Leuchten. Der Berg hob sich in weißer Pracht vor der Schwärze des Sternenhimmels ab und prangte in einem kühlen Glühen, das fast lebendig wirkte.
    Aus den Augenwinkel bemerkte er eine Bewegung. Tante Pol trat aus ihrem Zelt. Sie trug ein weißes Gewand, das im Widerschein des mondumspülten Berges leuchtete. Einen Augenblick lang stand sie in stummer Andacht, dann drehte sie sich kurz um. »Durnik«, rief

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