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Seherin von Kell

Seherin von Kell

Titel: Seherin von Kell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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sie leise, »komm heraus und sieh dir das an!«
    Durnik kam sofort. An der nackten Brust glitzerte sein silbernes Amulett. Er legte den Arm um Polgaras Schultern, und die beiden tranken die Schönheit dieser vollkommensten aller Nächte.
    Garion wollte ihnen schon eine Entgegnung zurufen, doch etwas hielt ihn zurück. Der Augenblick, den die beiden miteinander teilten, war nur für sie. Nach einer Weile flüsterte Tante Pol ihrem Gemahl etwas zu, und sie gingen lächelnd, Hand in Hand, in ihr Zelt zurück.
    Leise schloß Garion das Zelt wieder und kehrte unter seine Dek-ken zurück.
    Allmählich, während sie in südwestliche Richtung dahinritten, änderte sich der Wald. Auf den Bergen waren sie hauptsächlich durch Nadelwälder mit nur vereinzelten Espen gekommen, doch im Tiefland am Fuß des gewaltigen Berges fanden sie immer mehr Bu-chen und Ulmen. Und schließlich gelangten sie in einen Wald uralter Eichen.
    Es war am Mittag eines strahlenden Sommertags, als sie einen anderen Reisenden überholten, einen weißbärtigen Mann, der ganz in Wildleder gekleidet war. Die Schäfte von Werkzeug, die aus dem Bündel auf seinem Maultier ragten, deuteten darauf hin, daß er ein Goldgräber war, einer dieser herumwandernden Eremiten, wie sie überall auf der Welt in der Wildnis anzutreffen waren. Er ritt ein zotteliges, gedrungenes Bergpferd, und seine Füße berührten auf beiden Seiten fast den Boden. »Mir war doch, als hätte ich jemanden hinter mir gehört«, sagte der Goldgräber, als Garion und Zakath, beide in Kettenhemd und Helm, ihn erreichten und neben ihm ritten. »Man begegnet in diesen Wäldern nicht vielen – nicht bei dem Fluch und was man sich erzählt.«
    »Ich dachte, der Fluch gilt nur Grolims«, sagte Garion.
    »Die meisten halten es für besser, kein Risiko einzugehen. Wohin wollt ihr?«
    »Nach Kell«, antwortete Garion. Warum sollten sie auch einen Hehl daraus machen?
    »Na, hoffentlich seid ihr eingeladen. Die Leute in Kell sind nicht erbaut über Fremde, die unaufgefordert hinkommen.«
    »Wir werden dort erwartet.«
    »Oh. Dann ist es ja gut. Seltsamer Ort, dieses Kell, und seltsame Leute. Aber wer wie sie direkt unter dem Berg lebt, wird wohl so, früher oder später. Wenn ihr nichts dagegen habt, reite ich bis zur Abbiegung nach Balasa mit euch, das sind noch ungefähr zwei Meilen.«
    »Wir haben nichts dagegen«, versicherte ihm Zakath. »Aber wäre nicht jetzt die günstigste Zeit, nach Gold zu suchen?«
    »Bin im letzten Winter in den Bergen eingeschneit worden«, antwortete der Alte. »Der Proviant ist mir ausgegangen. Außerdem verlangt's mich hin und wieder nach menschlicher Gesellschaft. Das Pferd und das Maultier hören mir ja zu, aber mit ihrer Sprache ha-pert's. Und die Wölfe da oben haben es immer eilig, so daß man keine vernünftige Unterhaltung mit ihnen zustande bringt.« Er blickte die Wölfin an und sprach dann verwunderlicherweise in ihrer eigenen Sprache zu ihr. »Wie geht es, Mutter?« erkundigte er sich höflich. Seine Aussprache war grauenhaft, und er sprach stockend, doch zweifellos in der Zunge der Wölfe.
    »Wie erstaunlich«, entgegnete sie überrascht. Dann antwortete sie mit dem üblichen Gruß. »Ich bin zufrieden.«
    »Freut mich zu hören. Wie kommt es, daß du bei den Men-
    schenwesen bist?«
    »Ich habe mich für eine Weile ihrem Rudel angeschlossen.«
    »Ah.«
    »Wie habt Ihr es geschafft, die Wolfssprache zu lernen?« fragte Garion erstaunt.
    »Ihr habt sie also erkannt?« Der Alte schien sich darüber zu freuen. Er lehnte sich in seinem Sattel zurück. »Ich hab' die meiste Zeit meines Leben da oben verbracht, wo die Wölfe sind«, erklärte er.
    »Kann nie schaden, die Sprache seiner Nachbarn zu lernen.« Er grinste. »Doch um ehrlich zu sein, anfangs konnte ich kaum was verstehen, aber wenn man gut genug zuhört, kommt's allmählich.
    Hab' einen Winter lang in einem Bau mit einem Rudel gelebt, das war vor fünf Jahren. Hat mir ziemlich geholfen.«
    »Sie haben Euch wahrhaftig bei sich leben lassen?« fragte Zakath.
    »Es dauerte natürlich eine Zeitlang, bis sie sich an mich gewöhnt hatten«, gestand der alte Mann. »Aber ich hab' mich nützlich gemacht, da haben sie mich wohl akzeptiert.«
    »Nützlich?«
    »Der Bau war ein bißchen eng, und ich hab' doch mein Werkzeug.« Er deutete mit dem Daumen auf sein Maultier. »Also hab' ich ihn größer gemacht, und das gefiel ihnen offenbar. Dann nach einer Weile hab' ich auf die Welpen aufgepaßt, während die

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