Seherin von Kell
gewandet zu dem Platz, wo die Festlichkeit stattfinden sollte. »Mir ist eben etwas eingefallen«, sagte Garion zu Zakath, als sie die Burg verließen. »Wir beide sind doch nicht ernsthaft daran interessiert, wer zum Sieger des Turniers er-klärt wird, oder?«
»Mir ist nicht ganz klar, was du meinst.«
»Wir haben etwas viel Wichtigeres zu tun, und mögliche gebrochene Knochen würden uns dabei äußerst hinderlich sein. Wir machen ein paar Durchgänge, heben einige Ritter aus dem Sattel und dann lassen wir uns aus dem Sattel werfen. Damit haben wir uns ehrenhaft eingesetzt, ohne uns ernsthaft der Gefahr schwererer Verletzungen auszusetzen.«
»Du schlägst vor, daß wir mit voller Absicht verlieren sollen?«
fragte Zakath ungläubig.
»So etwa, ja.«
»Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Wettkampf
irgendeiner Art verloren!«
Garion seufzte. »Du hörst dich von Tag zu Tag mehr wie
Mandorallen an.«
»Außerdem«, fuhr Zakath fort, »glaube ich, daß du etwas über-siehst. Wir sind angeblich mächtige Ritter mit einer hehren Aufgabe.
Wenn wir nicht versuchen, unser Bestes zu geben, wird Naradas des Königs Ohr mit allerlei Anspielungen und Argwohn füllen. Siegen wir dagegen, können wir ihm die Zähne ziehen.«
»Siegen?« schnaubte Garion. »Du hast in der vergangenen Woche zwar recht schnell gelernt, aber wir haben als Gegner Ritter, die sich schon ihr ganzes Leben lang auf Turnierplätzen tummeln. Ich glaube nicht, daß wir wirklich siegen könnten.«
»Wie wäre es dann mit einem Kompromiß?« fragte Zakath listig.
»Woran denkst du?«
»Wenn wir das Turnier gewinnen, gibt es doch kaum etwas, was der König uns abschlagen würde, oder?«
»So ist es jedenfalls gewöhnlich.«
»Würde er dann Belgarath nicht mit Freuden einen Blick auf die Karte werfen lassen? Ich bin sicher, daß er weiß, wo sie ist – oder er kann Naradas zwingen, sie herauszugeben.«
»Da magst du recht haben.«
»Du bist ein Zauberer. Du kannst doch dafür sorgen, daß wir siegen, oder etwa nicht?«
»Wäre das nicht Betrug?«
»Und dein Vorschlag, daß wir uns vom Pferd fallen lassen, wie würdest du das nennen? Ich sage dir was, mein Freund. Ich bin der Kaiser von Mallorea. Du hast meine kaiserliche Erlaubnis zu mogeln. Wie sieht es aus? Welche Möglichkeiten hast du?«
Garion überlegte, da fiel ihm etwas ein. »Ich habe dir doch davon erzählt, daß ich einmal einen Krieg anhalten mußte, damit ich Mandorallen und Nerina verheiraten konnte. Erinnerst du dich?«
»Ja?«
»Die meisten Lanzen brechen früher oder später. Bis das Turnier zu Ende ist, werden die Splitter entlang der Schranken knöchelhoch liegen. An dem Tag, als ich den Krieg beendete, brach meine Lanze jedoch nicht. Ich hatte sie mit reiner Kraft umgeben. Das war sehr wirkungsvoll. Keiner, nicht einmal der beste Ritter von ganz Mimbre, konnte sich an diesem Tag auf seinem Pferd halten.«
»Ich dachte, du hättest ein Gewitter herbeibeschworen?«
»Das war ein wenig später. Die zwei Armeen standen einander auf einer offenen Wiese gegenüber. Nicht einmal Mimbrater würden über eine freie Fläche stürmen, wo laufend Blitze Löcher in den Boden brennen. So dumm sind sie auch wieder nicht.«
»Du hast eine Menge Bemerkenswertes erreicht, mein Freund.«
Zakath lachte.
»Ja, es hat schon ein bißchen Spaß gemacht an jenem Tag«, gestand Garion. »Es kommt ja nicht sehr häufig vor, daß man zwei ganze Armeen einschüchtern kann. Ich bekam deshalb allerdings etwas später ziemliche Schwierigkeiten. Wenn man am Wetter her-umpfuscht, weiß man nie so genau, welche Folgen das haben wird.
Belgarath und Beldin sind die nächsten sechs Monate in der ganzen Welt herumgeeilt, um die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Großvater war sehr wütend, als er zurückkehrte. Er bedachte mich mit allen möglichen, nicht gerade schmeichelhaften Namen, ›Dummkopf‹
war noch der mildeste.«
»Du hast ›Schranken‹ erwähnt. Welcher Art sind sie bei einem Turnier?«
»Man schlägt große Pfosten in einer Reihe in den Boden und befestigt in Pferdeschulterhöhe eine lange Stange daran. Die gegnerischen Ritter reiten an den gegenüberliegenden Seiten aufeinander zu. So soll wohl verhindert werden, daß die Pferde gegeneinander-prallen. Gute Pferde sind wertvoll. Oh, das erinnert mich an noch etwas. Wir werden ohnehin einen gewissen Vorteil haben. Unsere Pferde sind ein gutes Stück größer und kräftiger als die hiesigen.«
»Das ist mir bereits
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