Seherin von Kell
die Kräfte von Zauberern ungeheuerlich, und vielleicht genügt nicht einmal der Heldenmut dieser beiden tapferen Ritter, sich mit ihnen zu messen.«
Garion drehte sich um. Die Augen des Mannes, der gesprochen hatte, waren völlig weiß.
»Der Hexer, von dem ich Euch erzählt habe«, flüsterte Baron Astellig Garion zu. »Seid auf der Hut vor ihm, Herr Ritter, denn er hat den König in seinen Bann geschlagen.«
»Ah, teurer Erezel.« Des Königs Augen leuchteten auf. »Würdet Ihr Uns die Ehre geben, zum Thron zu kommen? Vielleicht könntet Ihr in Eurer Weisheit diese beiden hehren Ritter beraten, wie sie den Gefahren entgehen können, die ihnen durch Zauberei zweifellos in den Weg gelegt werden.«
»Es ist mir eine Ehre, Eure Majestät«, erwiderte Naradas.
»Du weißt, wer er ist, nicht wahr?« flüsterte Zakath Garion zu.
»Ja.«
Naradas schritt zum Thron. »Wenn ich die Kühnheit wagen darf, Euch etwas vorzuschlagen, edle Ritter«, sagte er salbungsvoll. »In Bälde wird hier ein großes Turnier stattfinden. Würdet Ihr daran nicht teilnehmen, könnte es den Argwohn der Helfer des einen er-wecken, den Ihr sucht, und zweifellos hat er überall welche. Deshalb ist mein vorrangiger Rat, daß Ihr an dem Turnier teilnehmt und so diesen Argwohn verhindert.«
»Ein ausgezeichneter Vorschlag, Erezel«, lobte der hohlköpfige König. »Edle Ritter, dies ist Erezel, ein großer Zauberer und Unser oberster Ratgeber. Schenkt seinen Worten Bedacht, denn sie sind sehr weise. Es wird Uns eine Ehre sein, wenn zwei so mächtige Herren sich an Unserem bevorstehenden Turnier beteiligen.«
Garion biß die Zähne zusammen. Mit diesem scheinbar harmlosen Vorschlag war Naradas gelungen, was er seit Wochen versuchte –
sie aufzuhalten. Doch es gab keinen Ausweg. »Es ist uns eine Ehre, uns Euren hehren Rittern bei dieser edlen Unterhaltung anzuschlie-
ßen, Eure Majestät. Wann sollen die Turniere beginnen?«
»In zehn Tagen, Herr Ritter.«
13
ieGemächerflucht, zu der sie geleitet wurden, war wieder auf Dunheimliche Weise vertraut. Ganz offensichtlich hatten die schiffbrüchigen Arendier, die es vor vielen Jahrhunderten hierher verschlagen hatte, das Königsschloß in Vo Mimbre in allen Einzelheiten nachgebaut – selbst seine Unbequemlichkeit. Dem immer praktisch denkenden Durnik fiel das sogleich auf. »Man sollte meinen, sie hätten die Gelegenheit genutzt, einiges zu verbessern«, murmelte er.
»Im Archaismus liegt ein gewisser Charme, Liebes«, sagte Polgara lächelnd.
»Nostalgie vielleicht, Pol, aber ein paar praktische Neuerungen hätten wahrhaftig nicht geschadet. Es ist dir doch aufgefallen, daß sich die Bäder im Keller befinden, oder?«
»Er hat recht, Lady Polgara«, warf Sammet ein.
»In Mal Zeth war es viel bequemer!« stimmte auch Ce'Nedra ein.
»Ein Bad in der eigenen Gemächerflucht bietet viel Gelegenheit für so allerlei Spaß.«
Garions Ohren färbten sich rot.
»Ich weiß leider nicht, worum es bei den interessanteren Punkten dieses Gespräches geht«, bedauerte Zakath verschmitzt.
»Unwichtig!« wehrte Garion ab.
Schon erschienen die Näherinnen, und Polgara sowie die anderen Damen waren sogleich mit Dingen beschäftigt, die Frauenherzen mit einer Art verträumter Seligkeit erfüllten.
Den Näherinnen folgten alsbald die Schneider, die ebenso darauf bedacht waren, alle so altmodisch wie nur möglich herzurichten.
Natürlich lehnte Beldin ihre Anerbieten eisern ab; er ging sogar so weit, einem dieser aufdringlichen Burschen die knorrige, sehr kräftige Faust vor die Nase zu halten, bis dieser Schneider ihm glaubte, daß er durchaus mit seinem Aussehen zufrieden war und nicht beabsichtigte, daran etwas ändern zu lassen.
Für Garion und Zakath galt weiterhin die Anweisung der Seherin von Kell, die Panzerrüstungen anzubehalten.
Als sie schließlich unter sich waren, sagte Belgarath mit sehr ernster Miene: »Ich will, daß ihr zwei in diesem Turnier ganz besonders vorsichtig seid. Naradas weiß, wer wir sind, und es ist ihm bereits gelungen, uns aufzuhalten. Wer weiß, ob er nicht versuchen wird, noch einen Schritt weiter zu gehen.« Er blickte mißbilligend zur Tür.
»Wohin willst du?« fragte er Silk scharf.
»Ich dachte, ich schaue mich ein wenig um«, antwortete der kleine Dieb mit Unschuldsmiene. »Es kann nie schaden, wenn man weiß, wie es um einen herum aussieht.«
»Gut, aber sei vorsichtig – und paß auf, daß nicht durch Zufall etwas in deine Taschen wandert. Wir
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