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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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wurde, trugen die Büttel den Leichnam des Barons zum Scheiterhaufen. Ließen ihn dort liegen, bis auch der Hauptmann auf dem zweiten Scheiterhaufen platziert war. Das Geäst wurde angezündet, flammte auf, erfasste das Holz und umschloss kurz den Leib des Barons. Dann sah Jola, dass der Scharfrichter zwei seiner Büttel aufforderte,die Leiche mit Stricken aus dem Feuer zu ziehen. Gerade noch rechtzeitig bargen die Männer den Leib, bevor die Flammen die Eingeweide anfraßen.
    Nochmals blickte Jola zur Baronin hinauf, die inzwischen den Kopf gesenkt hielt. Ihre Schultern zuckten. Mitleid überkam Jola, doch die Baronin hatte jede Begleitung abgelehnt. Wo sich Francine, die Schwester, aufhielt, wusste niemand, aber Jola war sicher, dass sie hier, irgendwo in Nantes, war. Sicherlich war sie geblieben, um von Amédé de Troyenne Abschied zu nehmen.
    Inzwischen verschlangen die Flammen den Hauptmann. Auch das war ein Wunsch des Barons gewesen: dass sein Mitwisser gehängt und komplett auf dem Scheiterhaufen verbrannt werde, damit von seinem sündigen Körper und Hirn nichts mehr zurückbliebe außer Asche, die irgendwann vom Wind in die Weiten des Loire-Tals verweht werden solle. Doch die Menge verfolgte nicht den Scheiterhaufen, der lichterloh brannte, sondern sah zu, wie der Leichnam des Barons von den Bütteln in einen Sarg gelegt und auf einen Wagen gehoben wurde.
    Wachen umstellten den Wagen und begleiteten ihn durch die Menge. Niemand würde wissen, wo der Baron seine letzte Ruhe finden sollte. Zumindest fast niemand.
    Das war der Wunsch der Baronin gewesen.
    Sie erhob sich.

Kirche Notre-Dame-du-Carmel, Nantes
    D er Pfarrer der Karmeliterkirche Notre-Dame-du-Carmel ließ sich nichts anmerken. Er hielt die Totenmesse für Amédé de Troyenne, und anwesend waren lediglich vierMenschen. Ein Dominikanerpater, Bischof du Clergue, dessen Notar und die Gattin des Toten. Eine Frau, die auch in der Kirche nicht den Schleier lüftete und keinen Klagelaut über die Lippen brachte.
    Dankbar ließ sich Bérénice von der Stimme des Mannes einlullen, ohne den Blick vom Sarg nehmen zu können. Sie hatte ihren Mann zu Fall gebracht. Sie reihte sich nun ein in den Reigen weiblicher Nestbeschmutzer, die ihre Männer oder auch ihre Familien verraten hatten. Anders, so ganz anders als Francine. Die sich selbst die Finger abhacken oder die Zunge aus dem Mund herausschneiden würde, um ihre Familie, die Schwester einmal ausgenommen, zu schützen.
    Bérénice schloss die Augen. Seit dem Gerichtsurteil ging es ihr besser, war das schlechte Gewissen verschwunden wie das Meer bei Ebbe.
    Ihr Mann war zum Mörder geworden.
    Sie hatte richtig gehandelt.
    Aber eine Frage ließ ihr keine Ruhe: Hatte sie so gehandelt, weil es Julien gab? Oder hätte sie sich auch jedem anderen Mann derart anvertraut? Sie ahnte die Antwort, schob sie beiseite und fiel in das Gebet des Pfarrers mit ein.
    Wenig später traten kräftige Männer in die Kirche und trugen den Sarg auf den Friedhof hinaus. Trugen auch ein Stück von Bérénices Leben mit sich und versenkten beides in der Grube. Schütteten sie mit Sand zu. Kurz kam der Pfarrer zu ihr herüber, berührte ihren Arm, murmelte einen Segen und ließ sie allein. Die anderen Männer zogen sich mit ihm zurück.
    Nieselregen setzte ein.
    Ein Begräbnis in geweihter Erde, wenigstens das, dachte Bérénice und spürte, jetzt, da sie allein war, ein Brennen in den Augen. Ich hoffe, dachte sie, hob den Schleier und richtete ihr Gesicht gen Himmel, dass du deinen Frieden findest. Dass dumir verzeihen kannst, dass ich dir keine bessere Begleiterin war. Dass ich deine grausigen Taten nicht verhindern konnte. Dass ich das Gute in dir nicht bewahren, dich nicht schützen konnte. Sie schloss die Augen, fühlte den Regen auf ihrer Haut. Glaubte, Amédé in den Tropfen zu spüren, einen Hauch von ihm, eine kaum wahrnehmbare Berührung. Eine Geste des Abschieds und der Vergebung.
    Sie öffnete die Augen wieder, sah in den von Wolken verhangenen Himmel und schob den Schleier vor ihr Gesicht. Langsam schritt sie zum Tor des Friedhofs.
    Sah Julien, der in Begleitung des Bischofs und des Paters auf sie wartete.
    Wir haben keine Zukunft, dachte sie, während sie das jungenhafte Gesicht musterte, aber wozu auch? Wir haben eine Gegenwart.

Saint Mourelles
    D ie Sonne stand am Himmel und brannte schon am Morgen so heiß, dass man es im Verlaufe des Tages nur im Schatten würde aushalten können. Die Luft roch nach Lavendel und

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