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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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es nicht genau. Er glaubt, der Teufel habe ihm die Morde befohlen. Dabei sprach er immer wieder davon, dass alle Opfer dunkle Menschen waren und den bösen Blick hatten. Wir haben die Zeugenaussagen durchgesehen. Tatsächlich waren alle Opfer dunkelhaarig, schmal und hager.«
    Wie der Söldner, durchfuhr es Mathis, der Bruno de Troyenne enthauptet hat.
    »Er sagte, ihr Starren, ihr wortloses Starren habe stets das Verlangen in ihm geweckt, sie am Hals zu packen und zu würgen.«
    Am Hals. Genau dort, wo die Klinge Bruno traf. Mathis atmete tief ein. Sollte dieser Söldner der Teufel gewesen sein? Der Anfang vom Ende?
    »Es sei ein Rausch gewesen, und danach habe er stets gelitten,um Vergebung gefleht, aber der Teufel sei ein ums andere Mal stärker gewesen.«
    »Aber Ania, sie war blond, drall und hell …« Catheline brach ab und fixierte den Magister.
    »Der Mord an der Küchenmagd Ania ist der einzige, der aus Berechnung geschehen ist. Den hat Hauptmann Bouchet vorgeschlagen und durchgeführt. Er ist dem Baron ein treuer Begleiter gewesen und wusste von seinen Taten. Er hat immer hinter ihm aufgeräumt.«
    Catheline sprang auf. »Wie bitte? Er hat es gewusst und nicht eingegriffen, sondern seinen Teil dazu beigetragen, die Taten zu verheimlichen?«
    Der Magister wiegte den Kopf. »Die Zeiten sind andere. Die Adeligen lösen ihre Garden auf oder verkleinern sie erheblich. Der Baron hielt sich weiterhin seinen immensen Tross Männer. Wenn der Baron durch sein Zutun verurteilt worden wäre, hätte er seine Stellung verloren. Also hat er sich darum bemüht, den Status quo zu erhalten.«
    »Den was zu erhalten?«, fragte Catheline, und Mathis musste schmunzeln. Sie kam wieder zu Kräften. Ihr Widerspruchsgeist und ihre Skepsis erholten sich zumindest prächtig.
    »Sein Leben«, antwortete der Magister geduldig. »Er hat einfach versucht, sein Leben so aufrechtzuerhalten, wie es war. Der Hauptmann hat sich von seiner Verletzung leidlich erholt und ist ebenfalls zum Tod verurteilt worden.«
    Und um sein Leben zu erhalten, wie es ist, hat er versucht, Catheline zur Täterin zu machen. Nach dem Streit mit Ania ihr die Tat anzulasten, dachte Mathis und ahnte, dass alle in Gedanken dieser Schlussfolgerung nachhingen.
    »Den Pater suchen wir noch. Wenn wir ihn ergreifen, wird auch ihm der Prozess gemacht. Die Aussagen des Barons und des Hauptmannes sind eindeutig. Das ist kein Pater, das istein Ketzer, der Teufelsbeschwörungen betreibt.« Der Magister rieb sich die Schläfen und sah Pfarrer Jeunet an. »Der anschließende Prozess des weltlichen Gerichtes, der in Schloss Bouffay stattfand, war reine Formsache. Ich wollte Euch davon in Kenntnis setzen, dass in zwei Tagen die Hinrichtung stattfindet. Falls Ihr kommen möchtet.«
    Mathis sah Catheline an, dann Pfarrer Jeunet. Sie erwiderten seinen Blick, und er konnte die Antwort deutlich erkennen. »Vielen Dank, dass Ihr den Weg auf Euch genommen habt. Das Leben vieler Menschen im Dorf liegt in Scherben, wir haben hier viel zu tun. Wir werden nicht kommen.«
    Der Magister nickte und hob den Becher in die Höhe. Er sah aus, als wolle er ein Abschlusswort sprechen, vielleicht ein Wort des Dankes verlieren. Doch er schwieg, denn was sollte er auch sagen? Dass es vorbei war? Dass das Morden vorbei war? Aber die Lücken, die gerissen worden waren, würden sich nicht schließen lassen. Müde sah der Magister aus, die Schultern vorgebeugt, hielt er seinen Becher wie einen Fremdkörper in die Luft.
    Mathis hob seinen Becher, woraufhin Catheline und Pfarrer Jeunet es ihm gleichtaten. Der Magister sieht so aus, dachte Mathis, wie wir uns fühlen.

Die Biesse-Wiese am Ufer der Loire, Nantes
    S chon vor Tagen hatte man an den unterschiedlichsten Orten der Stadt, meist vor den Toren der Kirche, Amédé de Troyennes Geständnis auf seinen eigenen Wunsch hin in der französischen Sprache verlesen. Jedermann sollte um seine Schande wissen, jedermann sollte eines Besseren belehrt werdenund sich in Acht nehmen vor Maßlosigkeit, Sündhaftigkeit und einem fahrlässigen Umgang mit dem Teufel.
    Heute, schon zu früher Morgenstunde war Jola von Ausrufern geweckt worden, die durch die Gassen gezogen waren. Lautstark hatten sie die Bewohner von Nantes dazu aufgefordert, am Morgen in einer Prozession zur Hinrichtungsstätte des Barons de Troyenne zu kommen. Jola hatte auf Wunsch der Baronin die Fensterläden ob der Rufe verschlossen gehalten. Im Halbdunkel war die Baronin in ihrem Gemach auf und ab

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