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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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der Kleine mit den rübenroten Haaren. Er beäugte den Hasen, der auf dem Tisch lag.
    Catheline legte den Umhang ab und hob das Tier in die Höhe. Ein ordentlicher Braten, der ausreichen würde, die Meute satt zu bekommen. »Das kann eine Weile dauern«, sagte sie. »Geh doch bitte hinaus und hole noch Feuerholz«, sagte sie zu dem Kleinen. Sie wandte sich Nana zu. »Bald muss ich los. Wir bereiten den Hasen zu, und ich sage dir, worauf du, wenn er über der Feuerstelle hängt, achten musst. Ihr könnt in Ruhe essen. Wenn ihr wollt, könnt ihr auf Mathis’ Rückkehr warten. Wenn ihr früher geht, lösch bitte das Feuer, ja?«
    Das Mädchen nickte. »Es tut mir leid, dass Ihr meinetwegen Streit hattet.«
    »Du hast so viel Kummer, belaste dich bitte nicht mit meinem«, wehrte Catheline erschrocken ab. »Wir haben … Das hat mit dir nichts zu tun. Wir machen uns beide, jeder auf seine Art, Gedanken, wie wir deine Schwester finden können.«
    Nana senkte die Stimme: »Stimmt es, was man sich erzählt? Dass im Dorf und in den Wäldern … dass hier, also …«
    Du bist ein Widerling, schimpfte Catheline Mathis in Gedanken hinterher. Lässt mich mit den Kindern und ihren berechtigten Fragen allein zurück. »Es sind wirklich schlimme Dinge geschehen«, sagte sie und ließ Nana nicht aus den Augen.Deren Miene verzog sich nicht einmal, sodass Catheline behutsam fortfuhr: »Deshalb ist es umso wichtiger, dass ihr gut auf euch achtgebt. Wollt ihr nicht im Dorf bleiben? Sicherlich würden wir für euch Unterkünfte finden.«
    Nana schüttelte den Kopf, langte nach dem Zündeisen und ging vor der Feuerstelle in die Knie. Sie zeigte mit dem Ellenbogen auf den Kleinen, der gerade wieder die Hütte betrat, die Arme voller Holzscheite. »Sieh, der Kleine heißt Johann. Ein Mann hatte ihm angeboten, ihn zu sich zu nehmen. Er sollte ihm ein wenig zur Hand gehen, aber nur an einer Stelle, wie sich später herausstellte. Als Johann das nicht wollte, wurde er wie ein Köter halb totgeprügelt und an einem Wegesrand zurückgelassen. Er hat ewig nicht gesprochen.«
    Catheline erhob sich und hängte den Hasen mit den Hinterläufen an einen Haken, der am Seil von einem Dachbalken herabhing. Dann setzte sie mit dem Messer einen Schnitt, den sie bis zu den Hinterläufen führte.
    »Die Kleine, das ist unsere Isabelle.« Nana wies auf das kleinste der Mädchen, das derweil neben ihr vor dem Feuer in die Hocke gegangen war und ihre Hände zum Wärmen vor die Flammen hielt. »Sie war wirklich noch winzig klein, als sie von einem Onkel nach dem Tod der Eltern aufgenommen wurde. Die Tante ließ sie Hausarbeit verrichten, und wenn Isabelle Fehler unterliefen, gab es die Rute. Von der Tante wohlgemerkt. Der Rücken ist überzogen mit Narben … Als Nene und ich anboten, die Kleine mitzunehmen, hat das garstige Weibsstück nicht einen Moment gezögert. Schaut Euch das Mädchen an: Ist sie nicht herzzerreißend? Für die Tante war sie nicht mehr als ein zusätzlicher Esser, der nichts einbrachte.« Nana strich Isabelle über den Kopf und setzte sich auf den Schemel.
    Johann stapelte die Holzscheite neben die Feuerstelle. Als er sich erhob und den hängenden Hasen sah, begannen seineAugen zu glänzen. Catheline zerrte dem Hasen das Fell von den Hinterläufen so heftig über den Rücken, dass es sich ungleichmäßig löste. Nochmals zerrte und riss sie, musste sie doch gegen die Bilder ankämpfen, die in ihrem Kopf entstanden. Bilder, in denen der rothaarige Johann vorkam und die ihr Übelkeit verursachten.
    »Wir schützen uns gegenseitig, ohne einander sind wir nichts und in viel größerer Gefahr, als wir es jetzt sind. Du siehst es ja, kaum war Nene allein unterwegs …« Nana senkte die Stimme und trat neben sie. »Und sollte auch ich verschwinden, dann, und ich meine das ernst, möchte ich Euch bitten, Euch der Kinder anzunehmen. Irgendwer muss dann für sie sorgen.«
    Catheline schob das Messer unter die Stellen, an denen sich das Fell nicht gelöst hatte, und durchtrennte die Zwischenhäute. Sie nickte nur. Ihr fehlten die Worte. Was sollte man einem kleinen Mädchen gegenüber auch erwidern, das in so kurzer Lebenszeit schon derart alt und nahezu weise geworden war? Das bereits ahnte, was Mathis und sie ebenfalls annahmen und nicht auszusprechen gewagt hatten.

Schloss Troyenne
    D er Baron ist auf den Wiesen hinter dem Schloss bei der Ausbildung seines Knappen«, sagte die Wache nur, ohne dass Mathis überhaupt zur Frage angesetzt hatte, und

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