Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)
nicht stören, aber wir haben Reisig gesammelt und wollten fragen, ob Ihr, gnädige Frau, davon ein wenig gebrauchen könnt?«
Catheline musste an sich halten, um nicht die Hände vor den Mund zu schlagen. Am liebsten hätte sie ein jedes der kleinen Bälger an sich gezogen, sie in saubere Kleidung gesteckt, das Haar gebürstet und sie gefüttert, bis sie satt und träge vor dem Kaminfeuer eingeschlafen wären. »Ja, ich brauche Reisig, sogar jede Menge«, sagte sie und ergriff das gesamte Bündel Zweige. »Ich habe Brot und Honig, möchtet ihr davon etwas haben?«
Die Augen der Kinder leuchteten auf, das Mädchen nickte.
Catheline trat beiseite und wies ins Haus. »Kommt rein, in der Küche haben wir genug Platz.«
Die Kleineren wollten sich an dem Mädchen vorbeidrängen, doch sie öffnete die Arme und hielt die Kinder zurück. Mit schräg gelegtem Kopf starrte sie in das hinter Catheline liegende Dunkel.
»Nana, du musst dich nicht fürchten. Das ist ein Haus Gottes, ihr könnt ruhig hineingehen. Und Cathelines Honigbrote sind die besten der Umgebung, niemand buttert das Brot so dick wie sie.«
Catheline wie auch die Kinder schraken zusammen. Mathis kam den Weg zur Pfarrei entlang und grinste jungenhaft.
Das Gesicht des Mädchens hellte sich auf. »Dann hinein mit euch«, sagte sie nur, und die Kinder stürmten an Cathelinevorbei. Das Reisig noch immer auf dem Arm, schloss sie die Tür hinter Mathis.
»Ich wollte Pfarrer Jeunet sprechen«, sagte er und nahm ihr das Bündel Zweige ab. Seine Hände streiften dabei ihre Finger, und für einen Augenblick vergaß sie alle Anspannung zwischen ihnen. Sah ihn nur an und erwiderte nichts.
Das Lachen der Kinder holte sie aus ihren Tagträumen zurück. Schuldbewusst schaute sie zu Vater Jeunets Studierstube hinüber, aber bisher schien ihn der Lärm nicht gestört zu haben.
»Stell das Reisig neben die Tür, und lass uns diese kleinen Mäuler stopfen, damit Ruhe einkehrt. Vater Jeunet schläft.« Und solange er schläft, kannst du gern die Zeit bei uns verbringen, um auf ihn zu warten, fügte sie in Gedanken hinzu. Zufrieden bemerkte sie, dass Mathis ihr tatsächlich in die Küche folgte. Wie selbstverständlich setzte er sich an den Tisch, ergriff das Messer und schnitt den Brotlaib in dicke Scheiben.
Catheline füllte Becher mit Wasser, die sie den Kindern reichte, und begann im Gedränge der Küche, dicht neben Mathis, die Brotscheiben zu buttern und mit Honig zu tränken. Schön fühlte sich dieser Moment an. Lebhaft war er und fast familiär.
Mathis drehte sich zu dem Mädchen mit dem seltsamen Namen um. »Ach, ich habe noch gute Nachrichten für dich. Deiner Schwester geht es bestens.«
Ein kleiner Junge mit rübenrotem Haar, der gerade ins Brot gebissen hatte, krähte mit vollem Mund: »Siehste, Nana, sage ich doch!«
»Wo ist sie?«, fragte das Mädchen, und ihre fast kohlschwarzen Augen verengten sich zu Schlitzen.
»Sie ist zum Gut Lemoine gereist. Dort arbeitet sie als Magd oder so, man brauchte noch Hilfe bei den Frühjahrsarbeiten.«
»Wer sagt, dass sie da ist?«
Mathis zuckte die Schultern. »Diese Antwort stammt direkt vom Schloss. Mehr weiß ich auch nicht.«
»Sie wäre nie ohne mich gegangen, nie ohne die Kleinen. Das glaube ich nicht.«
»Dann lass uns doch hingehen und nachgucken«, erwiderte der kleine Junge, dem beim Sprechen die Krumen aus dem Mund fielen. Sofort sammelte er jeden einzelnen wieder ein und stopfte sie zurück.
Nana sprang auf. »Das werden wir auch!«
»Erst esst ihr auf«, sagte Catheline streng, und folgsam ließ sich das Mädchen nieder. »Derweil packe ich euch noch ein Vesperpaket, das ihr mitnehmen könnt.«
»Danke«, sagte das kleinste der Kinder, ein Mädchen, dessen Stimme einem Vogelpiepsen ähnelte.
Catheline schluckte trocken und drehte sich um.
»Die Baronin de Troyenne weilt auf Gut Lemoine. Sie ist eine gutherzige Frau, sie wird euch sicher, wenn euer Vesperpäckchen bis dahin leer ist, ebenfalls verköstigen. Mache dir keine Sorgen, Nene hat es dort gut getroffen«, erklärte Mathis. »Und wer weiß, vielleicht können sie noch mehr Hilfe gebrauchen.«
So könnte es immer sein, dachte Catheline erneut. Mathis, du und ich in einer Küche voller Kinder, unserer Kinder, alles ist erfüllt von Lärm und Lachen. Viele kleine Hände, die den Honig überallhin schmieren und die Brotkrumen bis auf den Boden verteilen. Was will man mehr vom Leben? Kannst du es dir auch vorstellen?, fragte sie sich und
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