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Sehnsucht

Sehnsucht

Titel: Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Blue
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Audiorekordern zu untersuchen. Amy und David waren zurück in die Bibliothek gegangen, um die Aufzeichnungen weiter durchzusehen. Alle hatten ihre Funkgeräte in Bereitschaft, was Sam ein wenig erleichterte.
    Der Gedanke, dass seine innere Unruhe womöglich eine physikalische Ursache haben könnte, machte ihn nervös. Da war es eine gute Sicherheitsvorkehrung, in Verbindung zu bleiben.
    Sam folgte Andre und schoss dabei alle paar Minuten Bilder. Er konnte hören, wie Andre Fragen an den Raum um sie herum stellte, aber er achtete nicht wirklich auf deren Inhalt.
    Seine Gedanken rasten. Zum ersten Mal fragte er sich, ob er Dinge wahrnahm, die andere nicht fühlten. Ob er Dinge tun konnte, zu denen andere nicht in der Lage waren. Der Gedanke bereitete ihm Unbehagen.
    Sie hatten sich gerade bis in den Salon neben dem Esszimmer vorgearbeitet, als Andre den kleinen Audiorekorder ausschaltete und die Brauen zusammenzog.
    »Hey, Sam?«
    »Hm?« Sam machte gerade ein Foto vom Torbogen, der ins Foyer führte.
    Andre schwieg eine ganze Weile, bis Sam ihn fragend ansah. »Andre? Was ist los?«
    »Erschreckt dich das nicht? Der Gedanke, dass wir vielleicht übersinnliche Fähigkeiten haben?« Andres Gesichtsausdruck war aufgewühlt.
    Sam atmete tief ein und ließ die Luft dann langsam entweichen. »Doch… Mir widerstrebt der Gedanke, dass ich möglicherweise Dinge wahrnehme, die andere Leute nicht fühlen können.«
    Die unterschwellige, nagende Angst konnte er nicht in Worte fassen. Die Angst, dass es vielleicht nicht beim Fühlen von Dingen blieb. Die Erinnerung seines ersten Kusses verfolgte ihn so stark, wie sie es seit Jahren nicht mehr getan hatte. Blutergüsse, blutige Schrammen, die wie durch Zauberhand auf der Brust des Jungen erschienen waren. Sam wollte nie wieder solches Grauen in den Augen eines anderen Menschen lesen, vor allem nicht, wenn er es verursacht hatte. Das eine Mal war mehr als genug gewesen.
    Andre war still geworden und starrte ins Leere. Nach ein paar Minuten schaltete er den Rekorder wieder ein und begann, erneut Fragen zu stellen. Was bist du, was willst du, bist du uns feindlich gesinnt? Alle Rätsel, auf die sie gerne Antworten hätten.
    Sams Magen krampfte sich zusammen, als Andre die Bitte an die Bewohner der unsichtbaren Dimension richtete, ihnen ein Zeichen ihrer Präsenz zu geben.
    »Andre, lass es sein.«
    »Aber wir müssen –« Andre brach mitten im Satz ab und erstarrte. »Spürst du das auch?«
    Sam nickte wortlos. Angst gemischt mit Aufregung schnürte ihm die Kehle zu. Die Präsenz war zwar nicht so stark wie zuvor, aber irgendetwas war definitiv im Raum. Ein Bewusstsein, so fremdartig, dass sie nicht erwarten konnten, es jemals zu verstehen.
    Die feinen Härchen in Sams Nacken stellten sich auf, als etwas Kaltes so nahe an ihm vorbeirauschte, dass er die dumpfen Vibrationen tief in den Knochen spürte. Die aufkommende Panik niederkämpfend, drehte er sich langsam im Kreis, ein Foto nach dem anderen schießend.
    Er erschrak bis ins Mark, als sich plötzlich Andres Hand auf seine Schulter legte. Der Schock schien die fast greifbare Boshaftigkeit im Raum zu vertreiben und er konnte wieder atmen.
    Er lächelte Andre zittrig an. »Sag mir bitte, dass du was davon auf Band hast.«
    »Ich denk schon, ja.« Andre fuhr sich mit der Hand durch die kurz geschorenen Haare. »Was zur Hölle war das?«
    Sam schüttelte den Kopf. »Es war die gleiche Präsenz wie letztes Mal, nur nicht ganz so bösartig.«
    »Stimmt.« Andre grinste und atmete tief durch. »Okay, das war interessant. Bereit für die nächste Runde?«
    »Klar«, antwortete Sam, diesmal selbstsicherer, als er sich gerade fühlte. »Auf geht's.«
    Sie verbrachten die nächsten Stunden damit, die restlichen Räume im Erdgeschoss methodisch abzusuchen. Sonnenterrasse und Foyer, Hauswirtschaftsraum und Dienstbotenzimmer. Die monotone Gleichmäßigkeit der wiederholten Untersuchungen wirkte beruhigend auf Sam. Als sie schließlich die Bibliothek erreichten, hatte er aufgehört, jedes Mal zusammenzuzucken, wenn Andre das Wesen dazu aufforderte, sich ihnen zu zeigen.
    Als nichts weiter passierte, konnte Sam ein Gefühl tiefer Erleichterung nicht unterdrücken, in dem jedoch trotz allem auch ein bisschen Enttäuschung mitschwang.
    Bei ihrem Eintreten sahen Amy und David zu ihnen auf. Beide trugen Kopfhörer. David hörte gerade die Aufnahme vom Morgen, während Amy das Video ansah, das Sam am vorigen Tag in der Küche im Außenbereich

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