Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
war ein Glücksfall für mich. Und als ich einigermaßen wiederhergestellt war, ließ er mich in ein Krankenhaus in Philadelphia überführen. Meine Mutter erzählte überall herum, ich würde mich in einer Villa an der Riviera vom Streß erholen.«
    »Caroline, ich muß dir gestehen, deine Mutter wird mir immer unsympathischer.«
    »Das macht nichts. Dich würde sie genausowenig mögen.
    Trotzdem besuchte sie mich jeden zweiten Tag. Mein Vater kam jeden Abend, egal wie dringend seine anderen Termine waren.
    Die Tournee ging ohne mich weiter. Luis schickte mir aus jeder Stadt Blumen und romantische Briefe. Er hatte keine Ahnung, daß ich ihn mit der Flötistin gesehen hatte. Nach drei Monaten war ich soweit hergestellt, daß ich nach Hause gehen konnte. Ich war noch etwas wackelig auf den Beinen, aber ich fühlte mich stärker als je zuvor. Und ich hatte begriffen, daß ich mich immer wie ein Opfer hatte behandeln lassen. Dabei gehörten meine Talente und Gefühle mir ganz allein. Ich kann dir gar nicht sagen, was für eine gewaltige Erkenntnis das für mich bedeutete.
    Als dann die Anwälte wegen des Erbes meiner Großeltern an mich herantraten, stand alles weitere für mich fest. Vorher kam es noch zu einer gräßlichen Szene bei meiner Mutter. Ich schrie sie an, ich tobte und natürlich entschuldigte ich mich gleich wieder.
    Alte Gewohnheiten wird man eben nicht so schnell los. Aber ich bin hierhergefahren! Das heißt, nicht sofort. In Baltimore habe ich noch einen Zwischenstop eingelegt, weil Luis dort gerade gastierte. Vorher rief ich an, und er war der Charme in Person. Als ich in seiner Suite ankam, hatte er schon ein intimes Dinner herrichten lassen. Dieser Heuchler! Ich machte ihm eine gräßliche Szene. Ich warf sogar mein Champagnerglas an die Wand und stürmte davon. Er wollte mich wieder ins Zimmer zerren. Ein Mann von der Suite gegenüber hörte uns schreien. Er kam mir zu Hilfe und schickte Luis mit einem gewaltigen Kinnhaken zu Boden. Ich kannte den Mann gar nicht, aber ich gab ihm einen Kuß. Mitten auf den Mund. Und dann spazierte ich davon. Es war einfach herrlich! Ich fühlte mich so richtig frei!«
    Caroline ließ sich mit einem erleichterten Seufzer auf ihren Stuhl fallen. Ihre Kopfschmerzen waren auf einmal wie verflogen. Und den Knoten im Magen spürte sie auch nicht mehr. »Trotzdem erleide ich manchmal immer noch einen Rückfall. Wie vorhin beim Anruf meiner Mutter zum Beispiel.
    Man wirft seinen ganzen Ballast eben nicht auf einmal ab. Aber so wie früher werde ich nie wieder sein.«
    »Schön.« Tucker ergriff ihre Hand und küßte die Knöchel.
    »Ich mag dich so, wie du jetzt bist.«
    »Ich mich auch – größtenteils wenigstens. Der Bruch mit meiner Mutter kann vielleicht nie gekittet werden, aber dafür habe ich hier etwas anderes gefunden.«
    »Ruhe und Frieden?« fragte er lächelnd.
    »Richtig. Die Menschen haben keine Ahnung, wie sehr ein paar Morde einen beruhigen können. Aber noch etwas anderes habe ich hier gefunden: Wurzeln. Das mag blöd klingen, weil ich als Kind kaum hier sein durfte. Aber flache Wurzeln sind immer noch besser als gar keine.«
    »Im Delta gibt es keine flachen Wurzeln, Caroline. Selbst, wenn die Leute weggehen, ihre Wurzeln können sie nicht ausreißen.«
    »Meine Mutter schon.«
    »Auch sie nicht. In dir wachsen sie weiter… Nein, schau mich an.« Er hob ihr sanft das Kinn an, denn sie wollte seinem Blick ausweichen. »Caroline, du hast Entsetzliches durchgemacht. Ein Teil deiner selbst will sich dessen immer noch schämen, und du sperrst dich dagegen, daß ich oder sonst jemand Mitleid mit dir hat. Aber ich habe meine Gefühle noch nie unterdrückt und darum mußt du sie nehmen, wie sie kommen. Mich bedrückt, was du mir erzählt hast, aber egal, wie sehr deine Leute dich verletzt haben, wenn all diese Umstände dich hierher gebracht haben, dann kann ich es nicht übermäßig bedauern.«
    Sie lächelte. »Ich auch nicht.«
    Sie sah so zerbrechlich aus. Die zierliche Gestalt, die weiße Haut. Zerbrechlich aber nur, solange man ihr nicht in die Augen sah. Darin lagen eine Tiefe, eine Kraft, aus der zu schöpfen Caroline noch gar nicht richtig gelernt hatte. Und er wollte dabei sein, wenn sie ihr Potential, wenn sie sich selbst entfaltete.
    »Ich möchte dir einige bestimmte Dinge sagen, mir ist nur noch nicht klar, wie.«
    »Bitte erst, wenn ich einigermaßen zur Ruhe gekommen bin.
    Bis dahin möchte ich alles lieber so lassen, wie es im Moment ist,

Weitere Kostenlose Bücher