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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Teich der McNairs!
    Er war ja freiwillig mitgegangen und war auch bereit, morgen gleich bei Sonnenaufgang wieder loszuziehen. Die Mühen scheute er ja überhaupt nicht. Aber deswegen sollte es ihm auch keiner verübeln, wenn er den täglichen Ärger hinunterspülte.
    Bobby Lee hatte ihm leid getan. Der Junge mußte entsetzliche Ängste um seine Schwester ausstehen. Zum Schluß hatte er ihm gar nicht mehr ins Gesicht sehen können, so sehr war es von den Sorgen gezeichnet gewesen.
    Dwaynes Kehle fing schon wieder an zu brennen. Er brauchte mehr Whiskey. Konnte er nicht an etwas Schöneres denken? An den Gesang der Grillen zum Beispiel, der für einen angenehmen Kontrast zum Summen in seinen Ohren sorgte. Oder an das Gras, das sich so herrlich weich unter seinen Füßen anfühlte. Er überlegte, ob er die Nacht hier draußen verbringen und den Mond und die Sterne betrachten sollte.
    Von hinten trat Tucker an ihn heran. Dwayne reichte ihm seine Flasche, aber Tucker wollte nichts trinken.
    »Das Zeug bringt dich noch um.«
    »Kannst du dir einen schöneren Tod vorstellen?« erwiderte Dwayne lächelnd.
    »Du weißt doch, wie Delia sich deinetwegen sorgt.«
    »Ich trinke doch nicht, um ihr weh zu tun.«
    »Warum trinkst du nur?« seufzte Tucker. Er erwartete keine Antwort, denn er hatte Dwaynes Zustand gleich richtig eingeschätzt: Er war nüchtern genug, um ihn zu verstehen, aber zu angetrunken, um noch ein vernünftiges Gespräch zu führen.
    »›Die Trunkenheit ist eine Spielart des freiwilligen Wahnsinns‹«, fuhr Tucker fort. »Ich weiß nicht mehr, wo ich das mal gelesen habe, aber es klingt plausibel.«
    »Ich bin weder betrunken noch wahnsinnig. Aber ich hätte gegen beides nichts einzuwenden.«
    »Es wird immer schlimmer mit dir. Erst dachte ich, du trinkst nur, weil so vieles auf einmal über dich hereingebrochen ist.
    Erst Daddys, dann Mamas Tod. Und als ob das noch nicht gereicht hätte, kam auch noch die Sache mit Sissy dazu. Eine Zeitlang dachte ich, du würdest nur trinken, weil du es von Daddy geerbt hast. Aber da bin ich mir auch nicht mehr sicher.«
    Sichtlich gereizt riß Dwayne ihm die Flasche aus der Hand.
    »Du säufst ja auch nicht schlecht!«
    »Sicher, aber ich mache es nicht zu meinem Lebensinhalt.«
    »Jedem das Seine.« Dwayne nahm einen tiefen Schluck.
    »Von allem, was ich probiert habe, sind die Räusche noch das angenehmste. Da vergesse ich so schön, was für einen Mist ich gebaut habe.«
    »So ein Blödsinn!« rief Tucker wütend. Er hatte nie geahnt, wie sehr er unter der Trunksucht seines Bruders litt. Mit einem Schlag wurde ihm nun bewußt, daß er an Dwayne hing, daß ihn die Sorgen um ihn regelrecht zerfraßen. Sollte er denn zusehen, wie der Mensch, den er so bewundert, ja beneidet hatte, vor die Hunde ging? Er packte die Flasche und schleuderte sie ins Wasser. »Ich habe die Schnauze voll von dem Scheiß! Meinst du, ich habe Lust, dich Tag für Tag heimzutragen und dir bei deinem Selbstmord zuzusehen? Reicht es denn nicht, daß Daddy sich umgebracht hat? Steigt im Vollrausch in sein dämliches Flugzeug und macht eine Bruchlandung. Genausogut hätte er sich eine Pistole in den Mund stecken und abdrücken können!«
    Dwayne richtete sich mühsam auf. Er schwankte ein bißchen, aber er sah Tucker fest in die Augen. »Du hast kein Recht, so mit mir zu sprechen! Und über ihn ziehst du auch nicht her, verstanden?«
    Tucker packte seinen Bruder aufgebracht am Hemd. »Wer, wenn nicht ich, hat das Recht dazu? Ich habe euch beide geliebt, und ihr habt mir beide weh getan!«
    Unter Dwaynes linkem Auge zuckte es. »Ich bin nicht Daddy.«
    »Stimmt, das bist du nicht. Er war aber genauso ein Säufer wie du. Der einzige Unterschied ist, daß er gewalttätig geworden ist, und du nicht. Du bist bloß noch eine Jammerfigur!«
    »Und was bitteschön bist du?« brüllte Dwayne. »Ich bin der Älteste, und ich habe seine Wut immer als erster abgekriegt. Ich sollte das Scheißerbe der Longstreets übernehmen, ich mußte auf diese dämliche Schule gehen, und mir hat er die Verantwortung für die Felder aufgebürdet! Du hattest deine Ruhe, Tucker. Ich wollte nicht, aber mir hat er seinen Willen aufgezwungen. Jetzt ist er tot, und ich tue das, wozu ich Lust habe.«
    »Du tust doch überhaupt nichts! Du versinkst nur immer tiefer im Fusel! Du hast zwei Söhne wie er, aber er hat uns wenigstens aufgezogen.«
    Dwayne stürzte sich mit einem gräßlichen Schrei auf seinen Bruder. Im nächsten Augenblick

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