SehnSucht - Erotischer Roman: Erotischer Roman (German Edition)
E-Mail von Leander.
Betreff: Septemberkolumne
Ich warte auf deinen Vorschlag. Du bist mit allem ein wenig spät dran in letzter Zeit.
Muriel fixierte ihren Blick auf den Bildschirm. Um keinen Preis wollte sie zu ihm in den Glaskasten schauen, denn dann würde er vielleicht erkennen, wie wütend sie war. Ihre impulsive erste Reaktion auf seine E-Mail formulierte sie gedanklich schnell um, hackte sie in die Tastatur, las sie noch einmal und kürzte sie um die zu emotionale Erläuterung.
AW: Septemberkolumne
Arbeitstitel: Bist du der Richtige für sie?
Thema: Welcher Typ Frau steht auf welchen Typ Mann
Die Antwort erfolgte in weniger als einer Minute. Offenbar wartete er wirklich.
AW: AW: Septemberkolumne
Langweilig!!!
Zweiter Versuch?
Muriel verkniff sich ein Knurren. Sie wollte nicht, dass Paula auf ihr Problem aufmerksam wurde und sie zu löchern begann. Ohnehin schielte die Frau schon dauernd über ihren Monitor.
Im Grunde hatte Muriel mit einer solchen Reaktion gerechnet. Genau genommen vermutete sie, dass Leander ihren Vorschlag ablehnte, um ihr seine abscheuliche Idee aufs Auge zu drücken.
Wieso schrieb er den Mist nicht einfach selbst, wenn er ihn unbedingt veröffentlich wollte? Muriel hämmerte ihre zweite Antwort ein.
AW: AW: AW: Septemberkolumne
Arbeitstitel: Feminismus
Thema: Klärung, Missverständnisse, Feminismus im Wandel
Nachdem sie die Nachricht abgesendet hatte, gab sie vor zu arbeiten. Tatsächlich konnte sie sich aber auf nichts anderes konzentrieren, als auf ihren Ärger und das Warten. Leanders Rückantwort dauerte diesmal länger, beinahe drei Minuten.
AW: AW: AW: AW: Septemberkolumne
Langweilig. Schon hundertmal diskutiert.
Arbeitstitel: 10 außergewöhnliche Heiratsanträge
Thema: siehe Titel!
Beim Lesen ihrer neuen Aufgabe, und dem Bewusstmachen derselben, meinte Muriel, der Puls würde ihr zum Hals herausspringen. Intuitiv legte sie eine Hand darüber, damit niemand das Pochen bemerkte.
Das musste ein Scherz sein!
Bedauerlicherweise scherzte Leander nie.
Da lohnte sich auch kein Blick in seinen Glaskasten, mit dem sie prüfen konnte, ob er nicht doch in sich hineingrinste. Denn bekanntlich grinste Leander auch nicht.
Was sollte dieses verflixte Thema?
Das Letzte, was ihre Blockade benötigte, war etwas dermaßen Uninspirierendes. Sicher gab es Männer, die ihren Frauen einen besonders individuellen Antrag machen wollten, aber ihre Tipps bezogen sie dann doch lieber von Experten oder Menschen, die sich in die Materie hineinversetzen konnten. Und wollten. Schon jetzt war Muriel sich sicher, dass ihre eigenen Empfehlungen vor Sarkasmus triefen und der Text als Lachnummer enden würde. Für die Rubrik Humor war sie allerdings gewiss nicht zuständig.
***
In der Mittagspause, die Muriel und Emma in einem Sushi-Restaurant verbrachten, hatte sich der Ärger noch nicht gelegt.
»Soll ich den Auftrag vielleicht ablehnen, damit er einen Grund hat, mich rauszuschmeißen?«, erboste sie sich weiter.
Emma zog die Stirn kraus und tupfte sich mit der Serviette über die Lippen, bevor sie antwortete. »Warum sollte er das tun? Du bist sein bestes Pferd im Stall. Die Leser lieben dich ... die meisten zumindest. Und ich denke, Leander mag deine Artikel ebenso.« Mit missbilligender Miene beobachtete sie, wie Muriel ein mit Reis und Lachs gefülltes Noriblatt auf die Inaris und die Nigiris schmiss. »Und jetzt hör auf, den Fisch zu quälen! Er ist schon tot.«
Zwar nahm Muriel ihre Stäbchen und aß, doch so lecker das Sushi auch war, es schmeckte ihr heute nicht.
»Meine Güte«, platzte es irgendwann aus Emma heraus. »Er will lediglich, dass du diesen Artikel schreibst ...«
»... er hat mir angedroht, dass ich ihn hassen werde.«
»Na und? Dann steh darüber! Tu so, als fändest du das Thema toll! Mach deinen verdammten Job!«
Muriel schob den Teller von sich. Die Stäbchen zwischen ihren Fingern zwirbelnd, starrte sie auf die Maserung der dunklen Tischplatte.
Emma hatte so recht. Sie benahm sich unprofessionell und zickig. Wie ein verwöhntes kleines Mädchen, das am liebsten pinkfarbene Schuhe trug und nun heulte, weil sie ein Paar grüne anziehen sollte.
Davon abgesehen, war es völlige Zeitverschwendung, sich über eine Aufgabe aufzuregen, die sie am Ende doch erledigen musste. Viel effektiver war es da doch, Stunden, wie die aktuelle in der Sushi-Bar, zu nutzen. Es waren öffentliche Orte wie dieser, an denen sie stets die besten Ideen hatte –
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