SehnSucht - Erotischer Roman: Erotischer Roman (German Edition)
der Ausdruck in seiner Miene, wenn er schlief. Mal war sie es gewesen, die ihn geweckt hatte, mal waren es die Sonnenstrahlen, welche durch das Dachfenster hereinfielen. Blinzelnd und noch halb schlummernd, hatte er sie an sich gezogen, um sie zu lieben.
Bei schlechtem Wetter hatten sie die Samstage und Sonntage im Bett verbracht und waren nur aufgestanden, um frischen Tee zu kochen oder die Makkaroni vom Vortag aufzuwärmen. Sie hatten beobachtet, wie der Regen gegen das Fenster platschte, hatten in ihren Büchern geschmökert und sich bestimmte Passagen vorgelesen.
Die silberne Zinkbadewanne im Bad, das schon vor dreißig Jahren nicht mehr dem Standard entsprochen hatte. Zehn Eimer kaltes Wasser und fünfzehn Eimer heißes Wasser ergaben die optimale Badetemperatur. Darauf drifteten einige Zentimeter Schaum, aus dem nur ihr Kopf und ihre Kniespitzen lugten. Er stand vorm Spiegel und rasierte sich. Sein Rasierer machte plätschernde Geräusche, wenn er ihn ausspülte. Die Klingen schabten leise über seine Haut. Er hielt inne und betrachtete sie, statt sich selbst, im Spiegel und wandte sich dann zu ihr um. Er warf den Rasierer auf den Rand des Waschbeckens und stieg, wie er war – in Jeans und Pullover – zu ihr in die Wanne. Als er saß, strich er über ihre Wange, nahm ihre Hand, hauchte einen Kuss darauf und fragte sie, ob sie ihn heiraten wollte.
***
Eine Träne kullerte über Muriels Wange. Sie wischte sie weg und bemerkte, dass ihre Hände schon wieder verkrampft waren. Ein altbekannter Schmerz hatte sich in ihrer Brust gesammelt und quetschte ihr Herz in seinen Klauen. Weiter und weiter trugen sie ihre Beine, bis sie auf dem Asphalt des Parkplatzes liefen. Muriel verlangsamte ihr Tempo und legte die letzten Meter bis zum Auto in einem lediglich schnelleren Gang zurück. Am Wagen angelangt, blieb sie stehen, stemmte die Hände in die Hüften, stützte sie dann auf die Knie und beugte sich vornüber. Ihr Kopf schwirrte. Sie kniff die Augen zusammen.
Es musste doch irgendwann aufhören, flehte sie im Stillen. Irgendwann musste es ihr gelingen, sich damit abzufinden. Es zu akzeptieren.
Zwei Jahre war es her, dass sie New Orleans verlassen hatte. Sie hatte verkauft, was zu verkaufen gewesen war, hatte das Übrige verschenkt und entsorgt. Sie hatte geglaubt, dass es helfen würde. Eine neue Stadt. Ein neuer Job. Neue Freunde. Eine neue Muriel mit einem neuen Leben. Ein Leben, das die alte Muriel aus weiter Ferne so manches Mal mit finsterer Miene betrachtete und sich fragte, wer diese Frau war, der sie den Rest von sich anvertraut hatte ...
***
Jeweils am dritten Sonntag eines Monats war Brunch-Time. Muriel traf sich mit Emma, Janis und Anne zu einem späten, ausgiebigen Frühstück.
Im Monat August war Anne die Gastgeberin, was optimal zum Sommerwetter passte, denn sie war die einzige, die ein Haus mit Garten bewohnte.
Annes Lebensgefährte öffnete Muriel und ließ sie wissen, dass die Frauen bereits im Garten waren. Darauf verschwand er in seinem Büro, um an irgendwelchen physikalischen Formeln zu tüfteln. Muriel mochte den Typen nicht sehr. Auch Emma und Janis hielten ihn für einen humorlosen Stoffel. Wenngleich er nicht sehr oft Thema war, wusste Anne in etwa, was sie alle von ihrem Partner dachten. Es war ihr herzlich egal, schließlich teilte sie auch nicht Emmas Vorliebe für Querdenker oder Janis‘ Interesse an Frauen und schon gar nicht Muriels Fuck-and-Go-Einstellung.
Die drei saßen am Picknicktisch auf der Terrasse, tranken Sekt und kicherten über etwas, das Janis gesagt hatte. Die erste Sektflasche war bereits geleert, hingegen schienen Kaffee und Tee noch unangerührt. Croissants und Bagels lugten aus einem Brotkorb. Daneben standen Schalen mit geschnittenem Obst und Gemüse, eine Platte mit verschiedenen Käsesorten, jede Menge Dips sowie der ganze süße Krempel, auf den Muriel immer verzichtete. Nicht, weil sie die Kalorien scheute, sondern weil sie lieber Herzhaftes aß – zu jeder Mahlzeit.
»Meine Güte«, stöhnte Janis und blinzelte sie gegen das Sonnenlicht an. »Es wird Zeit, dass du kommst. Ich bin schon halb betrunken.«
»Ach, gekommen ist Muriel gestern bestimmt zur Genüge und pünktlich«, warf Emma ein und sorgte mit dem Kommentar für mehr Gelächter. Selbst Muriel konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Sie zog den letzten freien Stuhl zurück, setzte sich, angelte Weintrauben aus der Schale und zupfte eine der prallen grünen Früchte ab. Während sie
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